Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammengeschlossenen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtsverbände bedanken sich für die Gelegenheit, in der Anhörung des Ausschusses für Soziales und Arbeit im Deutschen Bundestag zum „Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zum Antrag „Menschenwürdiges Existenzminimum für alle – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen“ der Fraktion DIE LINKE Stellung nehmen zu können und begrüßen diese Initiativen zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes ausdrücklich.
BAGFW setzt sich für eine Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes ein
Seit der Verabschiedung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) im Jahr 1993 haben die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände immer wieder wesentliche Kernpunkte des Gesetzes kritisiert und sich insgesamt für eine Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes ausgesprochen. Die BAGFW hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes geäußert[1] und deutlich gemacht, warum das AsylbLG die soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung von Asylsuchenden und sonstigen Leistungsberechtigten fördert. Zentrale Kritikpunkte waren und sind dabei die Höhe der Leistungen, die Einbeziehung immer weiterer Personenkreise in das AsylblG, die Verlängerung des Zeitrahmens von einem auf vier Jahre, in denen die betroffenen Personen lediglich abgesenkte Leistungen erhalten, sowie das Sachleistungsprinzip. Die BAGFW knüpft ihre Einschätzungen an die Erfahrungen der Verbände aus der Beratung und Betreuung von Flüchtlingen.
Im Folgenden werden die aus Sicht der BAGFW wichtigsten Kritikpunkte am AsylbLG angesprochen und ergänzend auf ausführlichere Stellungnahmen der BAGFW oder der in ihr zusammengeschlossenen Verbände verwiesen.
1. Das Asylbewerberleistungsgesetz verstößt gegen das Grundgesetz
Die seit vielen Jahren währende Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit des AsylbLG hat durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.02.2010 über die Regelsätze nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) und der Definition eines sozio-kulturellen Existenzminimums neuen Aufwind bekommen. Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht einen aus Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz (GG) abgeleiteten Anspruch für Hilfebedürftige auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dargelegt. Dieses Grundrecht soll neben der physischen Existenz auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sichern. Den Gesetzgeber trifft die Pflicht, dieses Grundrecht zu konkretisieren und fortlaufend zu aktualisieren.
Das vom Bundesverfassungsgericht statuierte Grundrecht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums gilt für alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Aufenthaltsstatus. Denn Grundlage dieses Anspruchs ist Artikel 1 Absatz 1 GG, "die Würde des Menschen ist unantastbar". Art.1 GG hat als Menschenrecht universale Geltung.
Das AsylbLG gewährt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und ist in diesem Punkt mit dem SGB II vergleichbar. Daher lassen sich die folgenden Grundsätze des Urteils auf das AsylbLG übertragen: Der Leistungsanspruch muss gesetzlich festgelegt und darf nicht evident zu niedrig sein. Die im Gesetzgebungsverfahren eingesetzten Methoden zur Bedarfsberechnung und Berechnungsschritte müssen sachgerecht sein und sind nachvollziehbar offen zu legen und es muss ein entsprechendes Verfahren zur regelmäßigen Anpassung der Leistungen geben. Auch sind die Bedarfe von Kindern in den Regelleistungen eigenständig zu berücksichtigen. All diese Kriterien erfüllen die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht, so dass dieses zumindest in seiner jetzigen Form gegen Art. 1 i.V.m. Art. 20 GG verstößt. Denn die Regelsätze des Asylbewerberleistungsgesetzes waren von Anfang an nur geschätzt und nie am tatsächlichen Bedarf der Leistungsberechtigten orientiert. Die Reduzierung gegenüber den allgemeinen Sozialleistungen sollte vielmehr ausschließlich dem Abbau von Zuwanderungsanreizen dienen. Darüber hinaus wurden sie seit Inkrafttreten des Gesetzes entgegen einer entsprechenden Vorgabe in § 3 Absatz 3 AsylbLG nicht mehr angepasst, obwohl die allgemeine Preissteigerungsrate seit 1993 über 20% beträgt.
Die Ungleichbehandlung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II/XII und dem AsylbLG dürfte außerdem auch im Sinne des Grundgesetzes nicht zu rechtfertigen sein. Denn bestimmte Gruppen von Ausländer/innen hier ungleich zu behandeln, ist zwar grundsätzlich zulässig, unterliegt aber engen Grenzen, wobei sachfremde Erwägungen keine Rolle spielen dürfen. Der Ausschluss bestimmter Ausländergruppen von bestimmten sozialen Leistungen, um damit Zuwanderungsanreize abzubauen, ist aber eine solche sachfremde Erwägung. Dass die Höhe sozialer Leistungen Einfluss auf das Zuwanderungsverhalten hat, ist durch nichts belegt. Ein Absenken sozialer Leistungen mit dieser Begründung ist somit ungeeignet, den Regelungszweck zu erreichen und benachteiligt Ausländer/innen, die bereits legal in Deutschland leben, unangemessen. Auch die Begründung, ein Verzicht auf Leistungen zur Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben sei für den kurzen Zeitraum des Asylverfahrens zumutbar, trägt nicht. Zum einen kann bei einer Bezugsdauer von 4 Jahren nicht von einem kurzen Zeitraum die Rede sein. Zum anderen verfügen die Betroffenen teilweise über Aufenthaltstitel, die eine Aufenthaltsverfestigung vorsehen. Diese Personen werden gegenüber anderen Ausländer/innen mit befristeten Aufenthaltstiteln somit ohne Rechtfertigung benachteiligt.
Auf die ausführliche Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes zu diesem Thema an das Bundesverfassungsgericht, welchem sich die BAGFW voll inhaltlich anschließt, wird an dieser Stelle verwiesen.[2]
2. Die eingeschränkte Gesundheitsversorgung des AsylbLG verstößt gegen Europa- und Menschenrechte
Die Vorgaben der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten wurden mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union nicht hinreichend umgesetzt. Zum einen ist die Reduzierung der medizinischen Versorgung in § 4 AsylbLG auf „akute Erkrankungen sowie Schmerzzustände“ sowie Schwangerschaftsvorsorge und Geburtshilfe zumindest im Hinblick auf besonders bedürftige Personen, Minderjährige und Opfer von Folter und Gewalt nicht zulässig (Art. 15 Absatz 2, Art. 18 Abs. 2, Art. 20 der Richtlinie). Zum anderen verstoßen die Regelungen auch gegen das in mehreren menschenrechtlichen Übereinkommen anerkannte Recht auf Gesundheit. Genannt sei hier nur der Internationale Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, an den die Bundesrepublik Deutschland seit 1976 (BGBl. 1973 II, 1569) vertraglich gebunden ist. Das Recht auf Gesundheit eröffnet den Zugang zur gesellschaftlichen Infrastruktur der Gesundheitsversorgung. Dieser Schutz ist nicht auf Notfallbehandlungen beschränkt, sondern umfasst auch prophylaktische, diagnostische und therapeutische Maßnahmen gesundheitlicher Versorgung.[3]
Folge der Beschränkung der medizinischen Versorgung sind Fälle wie der eines kriegsverletzten Mannes aus dem Irak, der unter der Geltung des AsylbLG vier Jahre lang nicht die – scheinbar kostenaufwändigere – Operation an der Hüfte erhielt, da sich die Schmerzen mit Schmerzmitteln lindern ließen. Als dann die medizinische Versorgung über die Krankenversicherung möglich war, konnte der Mann nur mit viel höheren Kosten operiert werden, weil der Hüftschaden bereits vorangeschritten war. In einem anderen Fall wurde die von Kieferorthopäden als notwendige erachtete kieferorthopädische Behandlung eines 13-jährigen Mädchens nicht genehmigt, da es sich nicht um eine akute Erkrankung oder einen Schmerzustand handelte. Vier Jahre später ist die Fehlstellung verstärkt, das Gebiss fester, die Behandlung schmerzhafter, länger und teurer.
Ob eine medizinische Behandlung erforderlich ist oder nicht, sollen die Mitarbeitenden der Sozialämter entscheiden, ohne dass sie entsprechende medizinische Kenntnisse haben. In der Praxis leiten sie die Frage häufig an die Gesundheitsämter weiter. Dadurch wird das Verfahren wieder verlängert und die Behandlung weiter verzögert. Es kommt auch immer wieder zu Problemen bei der Übernahme von Fahrtkosten und der Kosten für Dolmetscher. Diese werden nämlich nicht von allen Sozialämtern als notwendige Leistungen zur Besserung der Krankheit angesehen.
3. Das Sachleistungsprinzip ist diskriminierend, integrationsfeindlich und verstößt gegen die Menschenwürde
Es ist gerade das Sachleistungsprinzip, das sich im Lebensalltag Asylsuchender in Deutschland als integrationsfeindlich, weil stigmatisierend und als ihren Sonderstatus verfestigend erwiesen hat. Die Betroffenen sind in ihrer persönlichen Lebensgestaltung stark eingeschränkt. Die dauerhafte Versorgung mit Sachleistungen beeinträchtigt die Lebensplanung und das Selbstbestimmungsrecht von Anspruchsberechtigten in erheblichem Maße. Das Sachleistungsprinzip verletzt die Würde von Menschen, schränkt die persönliche Freiheit der Betroffenen unverhältnismäßig ein und stellt damit aus Sicht der BAGFW einen Eingriff in elementare Grundrechte dar. Die Gewährung gekürzter Leistungen gemäß AsylbLG sowie insbesondere die Gewährung von Sachleistungen verschärfen die ohnehin schwierige psychosoziale Lage der Betroffenen, da diese über Nahrung und Bekleidung als wesentliche Aspekte von Menschenwürde im Alltag faktisch nicht selbst entscheiden können. Bei der Umsetzung des Sachleistungsprinzips gibt es trotz großer regionaler Unterschiede zentrale, grundsätzliche Probleme, die uns aus vielen Regionen Deutschlands bekannt sind. Hierbei sind die verschiedenen Formen des Sachleistungsprinzips, nämlich die Unterbringung in Sammelunterkünften, Wertgutscheine bzw. Ausgabe von Naturalien (Essenspakete) etc. zu unterscheiden. Bei Lebensmitteln / Essenspaketen führen mangelnde Qualität, Frische und Vielfalt der gewährten Nahrungsmittel zu Beschwerden. Teilweise erhalten die Anspruchsberechtigten Nahrungsmittel, deren Verfallsdatum unmittelbar bevorsteht oder bereits abgelaufen ist. Auf Unverträglichkeiten und kulturelle Besonderheiten wird oftmals keine Rücksicht genommen und des Öfteren auch für Muslime Schweine- statt z.B. Lammfleisch geliefert. Viele Probleme werden durch die Lage und Art der Unterbringung noch verschärft. So haben die Betroffenen oftmals Probleme, für die Essens- oder Kleidungsgutscheine vor Ort die passende Ware zu erhalten und müssen nicht erstattete Fahrtkosten in Kauf nehmen, um einkaufen zu können. Der Einkauf selbst ist für viele entwürdigend und stigmatisierend, da die Gutscheine oftmals nicht anerkannt werden, Rückgeld nicht oder nur bis max. 10 % des Einkaufswertes erstattet wird und der Käufer somit oft im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht.
Auf die ausführliche Stellungnahme der BAGFW zum Sachleistungsprinzip, die wir ebenfalls beifügen, wird an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen.[4]
4. Höhe und Dauer des Bezugs von reduzierten Leistungen fördern Armut und verhindern Integration
Die im AsylbLG enthaltenen Regelsätze gelten seit ihrer Einführung im Jahre 1993 unverändert. Eine Anpassung an die im selben Zeitraum um etwa 20% gestiegenen Lebenshaltungskosten hat nicht stattgefunden. Die Regelsätze liegen mittlerweile um 36% unter dem in SGB II und SGB XII festgesetzten Existenzminimum. Kinder im Alter von 6 Jahren haben mit 132,93 Euro lediglich einen Anspruch auf 53% des Regelsatzes eines gleichaltrigen Kindes nach dem SGB II (251,00 €). Von den zusätzlichen Leistungen des ab Januar 2011 geltenden „Bildungspakets“ in Form von Zuschüssen zu Schulessen, Sportvereinen, Musikschulen oder Nachhilfe-Institute als besonderer kinderspezifischer Bedarf sind die Kinder unter dem Asylbewerberleistungsgesetz vollkommen ausgeschlossen.
Die Bundesregierung hat diesen niedrigen Leistungssatz damit gerechtfertigt, die Anspruchsberechtigten hätten aufgrund ihrer unklaren Aufenthaltsperspektive keinen sozialen Integrationsbedarf. Seinerzeit sollte das Leistungsrecht auf die Bedürfnisse eines in der Regel nur kurzen vorübergehenden Aufenthalts abstellen, beschränkt auf die Dauer der Durchführung des Asylverfahrens. Tatsächlich beträgt die durchschnittliche Bezugsdauer von Leistungen nach dem AsylblG mittlerweile ca. drei Jahre. Betroffen sind keineswegs nur Personen während der Dauer des Asylverfahrens, sondern auch Bürgerkriegsflüchtlinge nach § 23 Absatz 1 AufenthG, Menschen mit einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 24 und § 25 Absatz 4 Satz 1, 4a und 5 AufenthG oder einer Duldung nach § 60a AufenthG und ihre jeweiligen Angehörigen. Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis aus den zuvor genannten Gründen können nach sieben Jahren eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Aber auch bei Asylsuchenden und Geduldeten ist die Annahme eines kurzfristigen Aufenthalts meist unzutreffend, im Jahr 2009 lebten 63,6 % der Geduldeten bereits seit mehr als sechs Jahren in Deutschland. Für die meisten Personen handelt es sich also nicht um einen vorübergehenden, kurzen und absehbaren Zeitraum, sondern um einen Zustand von erheblicher Dauer – mindestens vier Jahre – in dem sie niedrigere Leistungen als andere Sozialhilfeempfänger erhalten. Im November 2008 hat das Bundessozialgericht den Fall einer Kosovarin mit ihrer Tochter entschieden, die 1992 nach Deutschland eingereist ist und seitdem nur Leistungen nach dem AsylbLG erhalten hat[5].
Die hier beschriebene äußerst prekäre Lage von Leistungsempfängern nach dem AsylbLG, verbunden mit dem sehr eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und der ausländerrechtlichen Residenzpflicht hat für die Integration der Betroffenen und ihrer Familien verheerende Folgen. In Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG lebende Menschen sind somit nicht nur durch materielle Armut von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgegrenzt, sondern zusätzlich durch die immanenten Begleiterscheinungen und Risiken von Armut mit psychischen, gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen betroffen. Die Bundesregierung selbst schreibt im 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vom Juli 2008 "Dauerhafte Abhängigkeit von staatlicher Fürsorge führt zur Verfestigung von Armut – teilweise über Generationen hinweg – und muss vermieden werden." (ebenda S.2). Fatalerweise gilt dies Ziel aber nicht für den Personenkreis des §1 AsylbLG, da im AsylbLG keine Leistungen zur Arbeitsmarktintegration / Eingliederungshilfen vorgesehen sind und die Maßnahmen des SGB XII ausgeschlossen sind, obwohl es sich keineswegs um kurzfristige Bezugszeiten handelt. Die gesamten Erscheinungen und Folgen des AsylbLG konterkarieren somit die politischen Ziele der Armutsbekämpfung und Inklusion der Gesellschaft. Das kann nicht im Sinne der sonst proklamierten und engagierten Integrationspolitik der Bundesregierung sein.
Besonders betroffen sind auch hier Kinder und Jugendliche. Häufig sprechen sie nach wenigen Jahren perfekt die deutsche Sprache, werden aber dadurch in der Schule ausgegrenzt, dass sie an schulischen Unternehmungen außerhalb des Unterrichts (Kino, Theater, Museum etc.) nicht teilnehmen können. Das den Familien zustehende Bargeld reicht dafür nicht aus. Aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel sind manchmal die Schulmaterialien nicht vollständig und die Kleidung ist sichtlich abgetragen. Eine Freizeitgestaltung mit anderen Kindern ist fast völlig ausgeschlossen, da auch diese immer mit Kosten – und seien es nur die Fahrtkosten – verbunden ist. Die Kinder geraten unverschuldet in psychisch belastende Situationen.
Fazit:
Die Bundesregierung hat mittlerweile selbst eingeräumt, dass die Festsetzung der Leistungssätze im AsylblG nicht den Anforderungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 entspricht. Mit anderen Worten: Das AsylbLG in seiner jetzigen Fassung ist verfassungswidrig. Im Hinblick auf die weit reichenden Folgen, die die eingeschränkten Leistungen, das Sachleistungsprinzip und die unzureichende Gesundheitsfürsorge im Zusammenspiel mit ausländerrechtlicher Residenzpflicht und sehr eingeschränktem Arbeitsmarktzugang für die Betroffene hat, sprechen sich die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände der Freien Wohlfahrtspflege nachdrücklich für eine vollständige Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes aus. Allein die Anpassung der Regelsätze reicht nicht aus, um langfristige gesundheitliche, psychische und soziale Nachteile von den Betroffenen abzuwenden.
[1] Zuletzt mit der Stellungnahme der BAGFW v. 28.04.2009 zur Bundestagsanhörung am 4. Mai 2009 (BT-Dr. 16/10837).
[2] Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes e.V. als sachkundiger Dritter nach § 27 a BVerfGG in dem Verfahren 1 BvL 10/10 vom 29. November 2010.
[3] Deutsches Institut für Menschenrechte: Frauen, Männer und Kinder ohne Papiere in Deutschland – ihr Recht auf Gesundheit, 2008, S. 12, 19f m.w.N.
[4] Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) zum Sachleistungsprinzip im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) v. 15.12.2010.
[5] Über die Fragen der Anspruchseinschränkung gem. § 1a und der Verlängerung des Leistungsbezuges nach AsylblG gem. § 2 Abs. 1 des Gesetzes muss das Sozialamt über Sachverhalte Entscheidungen fällen, die eigentlich in das Ressort der Ausländerbehörden fallen (Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung, Dauer des Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst).