Erreicht werden soll mit dem Elterngeld Plus, dem Partnerschafts- bonus, der Flexibilisierung der Elternzeit und der Klarstellung und Erweiterung der Rege- lungen für Familien mit Mehrlingen, dass Eltern ihre Vorstellungen von einer partner- schaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser umsetzen können. Notwendig geworden sind diese Regelungen insbesondere, weil sich die Bedürfnisse von Müttern und Vätern in Bezug auf die Verteilung von Aufgaben in Familie, Haushalt und Beruf ver- ändert haben. Darüber hinaus wird mit diesem Gesetz dem verfassungsrechtlichen Auf- trag entsprochen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen. Angesichts der besonderen Herausforderungen, die Alleiner- ziehende zu bewältigen haben, sollen diese Familien entsprechend gefördert werden.
Zusammenfassende Bewertung:
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) begrüßt die Ziele des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partner- schaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Den Referentenentwurf sieht die BAGFW als einen ersten Schritt in die Richtung, Ver- einbarkeit von Familie und Beruf entlang der Bedürfnisse von Kindern und Eltern zu un- terstützen. Gleichwohl erfordern einzelne Regelungen (§ 2 Absatz 3, Satz 3 neu), dass Eltern bei der Antragstellung eine umfassende Beratung erhalten um sicherzustellen, dass Anspruchsberechtigte die jeweiligen an ihre Einkommensverhältnisse angepassten Elterngeld(Plus)beträge erhalten.
Nicht zuletzt kann dieses Gesetz auch ein erster Schritt in Richtung Familienarbeitszeit sein und einen Beitrag zu einer familienfreundlicheren Arbeitswelt leisten. Allerdings sieht die BAGFW darüber hinaus die Notwendigkeit, weitere flexible Gestaltungsmöglichkeiten für den Familienalltag zu schaffen. Hier sind einerseits Modelle notwendig, die eine dau- erhaft (d.h. weit über das zweite bzw. achte Lebensjahr des Kindes hinaus) geschlech- tergerechte Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit unterstützen und dabei auch die Situation pflegender Angehöriger berücksichtigen. Andererseits gehören aus Sicht der BAGFW zur Zeitsouveränität von Familien auch Regelungen, die nicht nur Entscheidun- gen der Familien über die Dauer der Arbeitszeit, sondern auch über die Lage sowie über den Arbeitsort ermöglichen. Zudem brauchen Eltern vor allem in der Zeit der Familien- gründung mehr Beschäftigungssicherheit.
Kritisch anzumerken ist, dass die finanzielle Situation der Familien mit einem geringen oder gar keinem Erwerbseinkommen durch das Elterngeld Plus nicht verbessert wird. Die Vorteile, die besser Verdienende durch die Ausgestaltung des Elterngeldes als Lohner- satzleistung haben, werden durch das Elterngeld Plus perpetuiert. Die Anrechnung von Elterngeld und Elterngeld Plus auf SGB II-Leistungen, Sozialhilfe und Kinderzuschlag bewirkt zudem, dass Familien im Sozialleistungsbezug von diesen steuerfinanzierten Leistungen der Familienförderung nicht profitieren können. Die BAGFW sieht an dieser Stelle nach wie vor Handlungsbedarf.
Im Einzelnen wird zu folgenden Punkten Stellung genommen:
1. Elterngeld Plus
Mit dem Elterngeld Plus wird ein früherer Wiedereinstieg in eine Teilzeittätigkeit während der Elternzeit von Müttern und Vätern unterstützt. Die Aufhebung der bisherigen Rege- lung, nach der Eltern bei gleichzeitiger Teilzeit und Elterngeldbezug einen doppelten An- spruchsverbrauch bei insgesamt geringerem Leistungsumfang hinnehmen mussten, wird von der BAGFW ausdrücklich begrüßt. Gleichzeitig weist die BAGFW darauf hin, dass
mit der Inanspruchnahme dieser Leistung ein zusätzlicher Bedarf an einer Betreuungs- infrastruktur für Kinder entsteht, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
2. Partnerschaftsbonus
Die Einführung des Partnerschaftsbonus wird ausdrücklich begrüßt und entspricht einer Forderung, wie sie im Rahmen der Stellungnahme zum Monitoring der Bundesregierung zum BEEG bereits 2009 von der BAGFW erhoben wurde. Dieser Bonus ist in der Kombi- nation mit dem Elterngeld Plus nach Ansicht der BAGFW geeignet, Familien durch die Möglichkeit einer gleichzeitigen Reduzierung der Arbeitszeit nach der Geburt des Kindes mehr Gestaltungsspielraum zu eröffnen sowie eine geschlechtergerechte Aufteilung der Erziehungsarbeit zu fördern. Allerdings sollte der vorgesehene Korridor von nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Stunden Erwerbsarbeit für jeden Elternteil flexibler und wei- ter zu gestalten sein, zum Beispiel nicht weniger als 15 und nicht mehr als bis 30 Stun- den, um einen gleitenden beruflichen Wiedereinstieg zu fördern.
3. Flexibilisierung der Elternzeit
Die BAGFW begrüßt die mit der geplanten Reform verbundene Erhöhung der Flexibilität für Eltern bezogen auf 24 Monate der Elternzeit. Insbesondere die Möglichkeiten der Ein- teilung der Elternzeit für jeden Elternteil in drei Abschnitte gemäß § 16 Abs. 1 Satz 6 und zwar bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes gemäß § 15 Abs. 7 Nr. 5 sind aus Sicht der BAGFW wichtige Beiträge für die Zeitsouveränität der Mütter und Väter. Als besonders wirksam wird bewertet, dass bei der geplanten Regelung eine Zustimmung
des Arbeitgebers nicht notwendig sein wird und der Kündigungsschutz gegeben ist. Da- mit erfolgt aus Sicht der BAGFW eine klare familienpolitische Prioritätensetzung.
4. Elterngeldbezug bei Mehrlingen
Bezüglich der Ansprüche auf Elterngeldbezug für Eltern mit Mehrlingen hat es mit dem Referentenentwurf des Gesetzes eine notwendig gewordene Klarstellung gegeben. Dass darüber hinaus Eltern von Mehrlingen zwei zusätzliche Partnermonate in Anspruch neh- men können, ist zu begrüßen und entspricht auch aus Sicht der BAGFW tendenziell den zusätzlichen Herausforderungen, die Mehrlingseltern zu bewältigen haben.
5. Regelungen für Alleinerziehende
Auch wenn nach der im Referentenentwurf vorgeschlagenen Regelung Alleinerziehende das Elterngeld Plus bis zu 28 Monate in Anspruch nehmen können, muss in diesem Zu- sammenhang auf die aktuelle Bertelsmann-Studie zu rechtlichen Rahmenbedingungen und finanzieller Lage von Alleinerziehenden (Lenze 2014) hingewiesen werden. Sie lässt den Schluss zu, dass vermutlich nur ein geringer Teil von Alleinerziehenden von diesen Regelungen profitieren wird, da rund 40 Prozent der Alleinerziehenden auf staatliche Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Hingegen sind davon „nur“ 7 Prozent der Paarfamilien betroffen (Lenze 2014, S. 10). Die schlechten Rahmenbedingungen, unter denen Alleinerziehende ihren Familienalltag bewältigen müssen (a.a.O.), werden mit
dem Referentenentwurf daher kaum verbessert. Für Alleinerziehende müssen vielmehr passgenauere und weit darüber hinaus gehende, d.h. umfassende Lösungen konzipiert werden.
Die Konstellationen, in denen auch getrennt lebende Eltern - wie vom Gesetz ausdrück- lich gefordert (siehe Neufassung § 1626 a BGB) - das gemeinsame Sorgerecht für ein Kind haben, werden immer häufiger. Hier müssen Regelungen gefunden werden, die - ausgehend vom Vorrang des Wohls des Kindes - Gestaltungsspielräume ermöglichen. Dies gilt sowohl für das Elterngeld als auch für das Elterngeld Plus.
6. Inkrafttreten
Die BAGFW schlägt aufgrund der Gebotenheit der Regelungen vor, für das Inkrafttreten des Gesetzes einen Termin deutlich vor dem 01.07.2015 festzulegen.