§ 10 Pflegebericht der Bundesregierung
Änderungsantrag
Der nächste Pflegebericht, der gemäß des Gesetzeswortlauts alle vier Jahre erscheinen muss und somit turnusgemäß im Jahr 2015 vorgelegt werden müsste, wird auf das Jahr 2016 verschoben.
Bewertung
Die Regelung ist sinnvoll. Das PSG I ist erst zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten und hat zahlreiche leistungsrechtliche Änderungen mit sich gebracht. Beispielhaft seien die Möglichkeit zur Umwidmung des Betrags der häuslichen Pflegesachleistung nach §§ 36 und 123 SGB XI in Leistungen niedrigschwelliger Betreuungs- und Entlastungsangebote oder die bessere Kombinierbarkeit von Kurzzeit- und Verhinderungspflege genannt. Das Gesetz hat mit den niedrigschwelligen Entlastungsangeboten nach § 45c Absatz 3a SGB XI auch ganz neue Leistungsangebote eingeführt, die in der Praxis erst im Verlaufe des Jahres 2015 zur Verfügung stehen werden. Ein Pflegebericht soll die Auswirkungen von neuen gesetzlichen Regelungen erfassen und in ihrer Wirksamkeit beurteilen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme des PSG I ist in der Kürze der Zeit jedoch nicht möglich. Daher begrüßt die BAGFW die Verschiebung des nächsten Pflegeberichts ins Jahr 2016.
§ 17a: Vorbereitung der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs
Änderungsantrag
Um die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sicherzustellen, soll der Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des MDS die Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Begutachtungsverfahren) nach § 17 i.V. mit § 53a Satz 1 Nummer 2 SGB XI ändern. Er hat dabei die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesverbände der Pflegeberufe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesverbände privater Alten- und Pflegeheime sowie die Verbände der privaten ambulanten Dienste zu beteiligen. Die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken dabei beratend mit. Die geänderten Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit innerhalb von neun Monaten nach Inkrafttreten des Präventionsgesetzes zur Genehmigung vorzulegen.
Mit dem Begutachtungsverfahren, zu dem Richtlinien zu erlassen sind, ist nach § 17a Absatz 2 neu festzustellen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Bei der Abstufung der Pflegegrade sind Beeinträchtigungen und Fähigkeitsstörungen in den Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte zu berücksichtigen. Das Begutachtungsverfahren muss die Zuordnung des Pflegebedürftigen zu einem der fünf Pflegegrade ermöglichen. In das Begutachtungsverfahren sind auch die NBA-Module Außerhäusliche Aktivitäten (Modul 7) sowie Haushaltsführung (Modul 8) einzubeziehen.
Das BMG soll im Einvernehmen mit dem BMFSFJ und dem BMAS unter Beteiligung des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen unverzüglich nach Inkrafttreten des Präventionsgesetzes einen Zeitplan vorlegen, der Zielvorgaben für die Änderung der Richtlinie enthält. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen muss dem BMG auf Verlangen jederzeit Auskunft über den Bearbeitungsstand der Richtlinie sowie über mögliche Probleme und Lösungen erteilen.
Die Richtlinien können erst nach Inkrafttreten eines Gesetzes, das den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einführt, wirksam werden. Sie müssen vom BMG genehmigt werden. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von 2 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch das BMG beanstandet werden. Auch die Nichtbeanstandung kann mit Auflagen verbunden werden, zu deren Erfüllung das BMG eine angemessene Frist setzen muss. Bei Nichtbehebung von Beanstandungen oder bei nicht fristgemäßer Erreichung der Zielvorgaben des Zeitplans kann das BMG selbst die Richtlinien erlassen.
Die Richtlinien sind im Bundesanzeiger und die tragenden Gründe im Internet zu veröffentlichen. Sie sind für die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung verbindlich.
Bewertung
Der Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat in der Roadmap seines Abschlussberichtes eingeschätzt, dass die Erarbeitung und Fertigstellung der Begutachtungs-Richtlinien durch den GKV-Spitzenverband ca. neun Monate in Anspruch nehmen wird. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege erachtet es daher als sinnvoll, wenn mit der Erstellung der Richtlinien so rechtzeitig begonnen wird, dass Menschen, die nach Inkrafttreten des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs einen Antrag auf Begutachtung stellen, möglichst zügig nach dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA) begutachtet werden können. Nach Einschätzung der BAGFW ist ein Zeitraum von neun Monaten realistisch: So muss vor einer Bearbeitung der Richtlinien die Grundsatzentscheidung getroffen werden, ob die gegenwärtige Trennung der Pflegebedürftigkeits-Richtlinien (PfLRI) und der Begutachtungs-Richtlinien (BRi) beibehalten werden soll. Die Ergebnisse der Praktikabilitätsstudie zur Einführung des Neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind ins Manual zum NBA einzuarbeiten und in den Richtlinioen auszuformulieren. Auf der Grundlage des neuen Manuals ist ein neues Formulargutachten zu erstellen.
Die Beteiligung der genannten in § 17a Absatz 1 Satz 2 SGB XI neu genannten Körperschaften und Verbände entspricht dem bisherigen § 17 Absatz 1 Satz 2 SGB XI und der Verordnung nach § 118 SGB XI und ist sachgerecht. Wir begrüßen nachdrücklich, dass auch die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen beratend in das Beteiligungsverfahren einbezogen werden.
Der Gesetzestext benennt in § 17a Absatz 2 die acht Module des NBA zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, von denen die ersten sechs unmittelbar für die Begutachtung relevant sind. Aus Sicht der BAGFW ist zentral, dass auch die Module 7 (außerhäusliche Aktivitäten) und 8 (Haushaltsführung) in die Begutachtung einbezogen werden, um eine umfassende Beratung und Pflege- und Hilfeplanung zu ermöglichen.
Das Neue Begutachtungsassessment, das dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zugrunde liegt, misst den Grad der Beeinträchtigung der Selbständigkeit in den acht Modulen bzw. Bereichen, die der Gesetzestext auch alle aufzählt. In § 17a Absatz 2 Satz 2 SGB XI neu werden jedoch neben den Beeinträchtigungen in diesen acht Bereichen auch Fähigkeitsstörungen benannt. Das widerspricht der Philosophie des Neuen Begutachtungsassessments, das eben nicht mehr defizitorientiert, wie der bestehende Pflegebedürftigkeitsbegriff, das Ausmaß von körperlichen und/oder psychischen oder kognitiven Funktionseinbußen oder Fähigkeitsstörungen erfasst, sondern ressourcenorientiert, präventiv und rehabilitativ auf den Erhalt der Selbstständigkeit der bestehenden Fähigkeiten abzielt. Der Begriff „Fähigkeitsstörungen“ ist daher aus Satz 2 zu streichen.
Das Genehmigungsverfahren der Richtlinien nach § 17a Absatz 4 und 5 SGB XI neu ist § 94 SGB V nachgebildet und aus Sicht der BAGFW sachgerecht.
Lösungsvorschlag
§ 17a Absatz 2 Satz 2 SGB XI neu ist wie folgt zu fassen:
„Bei der Abstufung der Pflegegrade sind Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit in den Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte zu berücksichtigen.“