Stellungnahme der BAGFW zu dem Referentenentwurf einer Siebten Verordnung zur Änderung der Aufenthaltsverordnung vom 10. Februar 2011 (so genannte eAT-Verordnung zur Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige)

Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) vertretenen Wohlfahrtsverbände bedanken sich für die Gelegenheit, zu dem vorliegenden Referentenentwurf zur Änderung der Aufenthaltsverordnung Stellung nehmen zu können.

Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) vertretenen Wohlfahrtsverbände bedanken sich für die Gelegenheit, zu dem vorliegenden Referentenentwurf zur Änderung der Aufenthaltsverordnung Stellung nehmen zu können. Im Hinblick auf die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit zur Stellungnahme und die Tatsache, dass bereits die der Änderung der Aufenthaltsverordnung zu Grunde liegenden Verordnungen Nr. 380/2008 (EG) und Nr. 1030/2002 (EG) zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels weit reichende Vorgaben für die geplante Neugestaltung der Aufenthaltsverordnung beinhalten, beschränkt sich die vorliegende Stellungnahme auf den Aspekt der erheblichen Steigerung der Gebühren für die Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltstitel.

 

Aus der täglichen Praxis der Beratung und Betreuung von Migranten wissen die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände, dass bereits die aktuelle Höhe der Gebühren gerade für Familien mit Kindern und Niedrigverdiener eine erhebliche Belastung darstellt. Im Hinblick auf die Tatsache, dass viele Migranten im stetig zunehmenden Niedriglohnsektor arbeiten, reicht die Möglichkeit der Befreiung und Ermäßigung nach § 53 Abs. 1 AufenthVO nicht aus, um soziale Härten zu vermeiden. Dieser Tatsache sollte bereits jetzt durch eine großzügige Anwendung der Möglichkeit der Gebührenbefreiung bzw. -reduzierung nach § 53 Abs. 2 AufenthVO Rechnung getragen werden, die z.B. im Rahmen einer Weisung zu § 53 AufenthVO unterstützt werden könnte.

 

Auch ist nicht ersichtlich, warum die Gebührenerhöhung erheblich drastischer ausfällt als diejenige für den elektronischen Personalausweis und die elektronische (Dauer-) Aufenthaltskarte für EU-Bürger. Die Kosten für die technische Herstellung und Ausgestaltung sowie der im Rahmen der Ausstellung anfallende Verwaltungsaufwand sind ohne Zweifel vergleichbar. Wenn somit eine Gebührenerhöhung unvermeidlich ist, so darf diese jedenfalls nicht höher als für die zuvor genannten Dokumente ausfallen und somit 20,80 Euro nicht überschreiten.

 

 

Im Hinblick auf türkische Staatsangehörige im Anwendungsbereich des Assoziationsbeschlusses zwischen der EU und der Türkei, für die die so genannte Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation greift, dürfte die geplante Gebührenerhöhung darüber hinaus gegen Europarecht verstoßen. Der Europäische Gerichtshof hat in der Entscheidung „Sahin“ bezüglich einer vergleichbaren niederländischen Regelung festgestellt, dass Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 in dem Sinn auszulegen ist, dass er ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses für den betreffenden Mitgliedstaat der Einführung einer innerstaatlichen Regelung entgegensteht, die die Erteilung oder die Verlängerung der Gültigkeit einer Aufenthaltserlaubnis von der Entrichtung von Gebühren abhängig macht, wenn die Höhe dieser Gebühren, die türkischen Staatsangehörigen auferlegt werden, im Vergleich zu den von Gemeinschaftsangehörigen verlangten unverhältnismäßig ist (EuGH, Urteil vom 17.09.2009, C-242/06, Rnr. 76). Dies gilt auch im Hinblick auf die deutsche Rechtslage: während zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Assoziationsabkommens im Jahr 1980 die Gebühren (auch) für türkische Staatsangehörige nach der Ausländergebührenverordnung (vgl. § 2 Absatz 1 AuslGebV) vom 20. Dezember 1977 (BGBl. I S. 2840) z.B. für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis von bis zu einem Jahr Gültigkeit 30 DM (= 15,34 Euro), für mehr als ein Jahr 40 DM (= 20,45 Euro) und für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht 50 DM (= 25,56 Euro) betrugen (Bundestagsdrucksache 17/413), sieht der neue Verordnungsentwurf in §§ 44, 45 AufentVO hierfür Gebühren in Höhe von 100 Euro (bis zu einem Jahr), 110 Euro (mehr als ein Jahr) und 135 Euro (für eine Niederlassungserlaubnis) vor. Für EU-Bürger sieht der Verordnungsentwurf hingegen lediglich eine Gebühr in Höhe von 28,80 Euro für die Erteilung einer Aufenthaltskarte vor. Die Höhe der Gebühren, die türkischen Staatsangehörigen in Deutschland auferlegt wird, ist vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH ebenso unverhältnismäßig, wenn man sie mit den Gebühren für EU-Bürger vergleicht, wie in dem der Entscheidung zugrunde liegenden niederländischen Fall und verstößt aus diesem Grund gegen bestehendes Europarecht.

 

Die geplante Erhöhung der Gebühren um 50 Euro ist aus Sicht der in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände aber auch im Hinblick auf die sonstigen von der Regelung Betroffenen unverhältnismäßig und wälzt den Anstieg der Sach- und Verwaltungskosten allein auf die Betroffenen ab, die die Kostenerhöhung in keiner Weise zu vertreten haben.

 

Die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände sprechen sich aus diesem Grund gegen die geplante Erhöhung der Gebühren für den elektronischen Aufenthaltstitel um 50 Euro aus und regen darüber hinaus an, großzügige Möglichkeiten für eine Befreiung oder Reduzierung der Gebühren für sozial benachteiligte Personen und Familien zu schaffen.