Stellungnahme der BAGFW - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes und anderer Gesetze (Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetz)

Der Unterhaltsvorschuss kann armutsverhindernd wirken und den Bezug von Leistungen nach dem SGB II vermeiden. Insofern begrüßen wir das Ziel der geplanten Neuregelungen, einen noch größeren Teil der barunterhaltspflichtigen Eltern zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten anzuhalten und damit auch die Position der Unterhaltsberechtigten zu sichern

Gesamtbewertung der BAGFW:

 

Der Unterhaltsvorschuss kann armutsverhindernd wirken und den Bezug von Leistungen nach dem SGB II vermeiden. Insofern begrüßen wir das Ziel der geplanten Neuregelungen, einen noch größeren Teil der barunterhaltspflichtigen Eltern zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten anzuhalten und damit auch die Position der Unterhaltsberechtigten zu sichern. Auch wenn der Abbau bürokratischer Hindernisse sicherlich eine Entlastung bewirken kann, vermag dieser Ansatz keine ausreichende Abhilfe der finanziellen Notlage vieler Alleinerziehender und ihrer Kinder zu leisten. Um die Wirkung des Unterhaltsvorschusses für unterhaltsberechtige Kinder zu erhöhen, sollte nach Ansicht der BAGFW eine deutliche Anhebung der Altersgrenze für den Leistungsbezug unter Beibehaltung oder Ausweitung der grundsätzlichen Bezugszeiten erfolgen. Unter keinen Umständen darf das Regelungsvorhaben die ohnedies problematische Lage der hauptbetreuenden Elternteile und ihren Kindern zusätzlich verschlechtern.

 

Grundsätzlich weist die BAGFW in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich seit der Einführung des UVG die gesamtgesellschaftliche Situation grundlegend geändert hat. Sie hält es deshalb für erforderlich, ein in sich stimmiges Konzept der Familienförderung bestehend aus Transferleistungen und sozialer Infrastruktur zu entwickeln.

 

Im Einzelnen nimmt die BAGFW zum Referentenentwurf wie folgt Stellung:

 

Artikel 1, 1. § 2 b) Abs. 3 aa):

 

In diesem Punkt lehnt die BAGFW den vorliegenden Entwurf ab. Erstens ist nicht zu erkennen, wie der vorliegende Änderungsentwurf das Regelungsziel fördern und Klarheit darüber schaffen kann, welche Leistungen als Unterhalt zählen. Die Formulierung „andere zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs bestimmte und diesen ganz oder teilweise deckende Leistungen“ führt zu keiner Klarstellung, sondern zu einer Grauzone zwischen Mindest-, Mehr- und Sonderbedarf.

 


Zweitens verweist die BAGFW bezüglich Nummer 1. des §2 bb), Abs. 3 (Zahlungen an Dritte) auf die bestehende Rechtsprechung zum Mehrbedarf: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat explizit herausgearbeitet, dass Zahlungen an Kinderbetreuungseinrichtungen nicht zum Mindestbedarf zählen, sondern dass es sich um Mehrbedarf handelt: „Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten“ (XII ZR 65/07).

 

Die BAGFW weist nachdrücklich darauf hin, dass mit Blick auf Verbindlichkeit und Verlässlichkeit ein wesentlicher Unterschied zwischen titulierten Unterhaltsansprüchen und Leistungen an Dritte besteht, auch wenn diese regelmäßig erfolgen. Die Bewertung solcher Leistungen an Dritte als Unterhalt würde eine systemfremde Öffnung zu Sachleistungen bewirken. Vor allem aber könnten diese Sachleistungen in Umgangs- und Sorgerechtskonflikten zum Druckmittel zwischen den beiden Elternteilen werden, wenn der Barunterhaltsverpflichtete nur für solche Leistungen aufzukommen bereit ist, die die Erziehung des Kindes in dem von ihm gewünschten Sinn fördern. Zum Beispiel der Barunterhaltspflichtige finanziert den Besuch einer Kindertageseinrichtung mit musischem Schwerpunkt, nicht aber den Besuch einer Kindertageseinrichtung, die in der Nähe der Arbeit des betreuenden Elternteils liegt. Im Sinne Alleinerziehender und ihrer Kinder sieht es die BAGFW als unerlässlich an, dass der Gesetzgeber nicht hinter den Anspruch eines titulierten, dynamisierten Unterhaltsanspruches zurücktritt. Der Mindestunterhalt muss durch direkte Zahlungen gesichert sein.

 

Artikel 1, 2. § 3 a):

 

Für Problematisch hält die BAGFW die Klarstellung in § 3, wonach es für den Verbrauch der Vorschussleistung allein auf den tatsächlichen Zufluss der Mittel ankommen soll. Diese Klarstellung mag zwar eine bürokratische Vereinfachung darstellen. Sie geht aber eindeutig zulasten der Betroffenen. Denn sie berücksichtigt nicht, ob im Verlauf des Bezugszeitraums einzelne Vorschussleistungen wieder zurückabgewickelt werden mussten und damit den Leistungsberechtigten nur vorübergehend zugeflossen sind. Eine solche Regelung scheint  nur dann angemessen, wenn die rechtsgrundlose Zuschussleistung auf die bewilligende Behörde und nicht die Antragstellerin zurückzuführen ist.

 

Insofern sollte man in einer zielgerichteten und sorgfältigen Beratung auf eine richtige Antragstellung hinwirken. Gem. § 18 SGB VIII haben Eltern ausdrücklich Anspruch auf eine Beratung, die auch diese Fragen abdeckt. Aus Sicht der BAGFW ist darauf hinzuwirken, dass Eltern über ihren Beratungsanspruch nach § 18 SGB VIII Kenntnis erhalten und ihn damit auch in Anspruch nehmen können.

 

Artikel 1, 3. § 4:

 

Auch wenn das Unterhaltsvorschussgesetz von seiner Zielrichtung her, an die prekäre Lage der Alleinerziehenden anknüpft, ist der Anspruch auf die Unterhaltsleistung als Anspruch des Kindes ausgestaltet.

 

 

 

 

Insofern fehlt es an einer Abwägung, wie sich die vorgesehene Verfahrensvereinfachung insbesondere auch auf die Kinder auswirkt und ob die mit dem reduzierten Darlegungsaufwand erreichte Verfahrensvereinfachung den Wegfall der finanziellen Absicherung in einer extrem belastenden Lebenslage zu kompensieren vermag.

 

Artikel 1, 4. § 6 ff.:

 

Die in den §§ 6, 7 und 10 vorgesehenen Regelungen, die darauf abzielen, eine Anspruchsprüfung und Bewilligung zu erleichtern, werden von der BAGFW unterstützt. Sie tragen dazu bei, dass Kinder, bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen, die ihnen zustehenden Unterhaltsleistungen schneller erhalten können.

 

Artikel 1 § 12 neu:

 

Die Absicht wird begrüßt, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 einen Bericht vorlegt.