Positionierung der BAGFW: Soziale Innovationen in der Freien Wohlfahrtspflege

Die Freie Wohlfahrtspflege wirkt auf eine solidarische, gerechte, inklusive Gesell- schaft hin. Sie ist in diesem Sinne sozialpolitischer Anwalt und unterstützt Menschen in schwierigen Lebenslagen durch vielfältige Angebote. Sie kommt dieser Aufgabe in komplexen verbandlichen und unternehmerischen Strukturen nach. Etwa 100.000 Einrichtungen und Dienste mit ca. 1,5 Mio. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erbringen im unmittelbaren Kontakt mit den Nutzern und Nutzerinnen täglich ihre Dienst- leistungen. Gleichzeitig ermöglichen sie ca. 3 Mio. Freiwilligen, sich ehrenamtlich sozial zu engagieren.

Gliederung

 

 

 

1. Einleitung

 

2. Was sind Soziale Innovationen?

 

3. Innovationen in der Freien Wohlfahrtspflege

 

4. Instrumente zur Förderung von Innovation

 

 

4.1 Innovationsfreundliches Organisationsklima schaffen

 

4.2 Kooperationen fördern und Innovationen verbreiten

 

4.3 Innovationen über Projekte

 

 

5. Notwendige Rahmenbedingungen für Innovationen

 

6. Forderungen

 

1. Einleitung

 

Die Freie Wohlfahrtspflege wirkt auf eine solidarische, gerechte, inklusive Gesell- schaft hin. Sie ist in diesem Sinne sozialpolitischer Anwalt und unterstützt Menschen in schwierigen Lebenslagen durch vielfältige Angebote. Sie kommt dieser Aufgabe in komplexen verbandlichen und unternehmerischen Strukturen nach. Etwa 100.000

Einrichtungen und Dienste mit ca. 1,5 Mio. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erbrin- gen im unmittelbaren Kontakt mit den Nutzern und Nutzerinnen täglich ihre Dienst- leistungen. Gleichzeitig ermöglichen sie ca. 3 Mio. Freiwilligen, sich ehrenamtlich sozial zu engagieren.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege hat seit ihrer Entstehung für ungezählte „Innovateure“ die strukturellen Voraussetzungen geschaffen, um neue Ideen zur Lösung eines gesell- schaftlichen Problems zu entwickeln und umzusetzen. Das derzeitige Dienstleis- tungsspektrum der Freien Wohlfahrtspflege ist damit das Ergebnis vielfältigster Innovationen, die aus der praktischen Arbeit heraus entwickelt wurden und über Jahrzehnte in sie eingeflossen sind. Die Freie Wohlfahrtspflege blickt daher auf eine lange Tradition sozialer Innovationen zurück.

 

Zur stärkeren öffentlichen Wahrnehmung des Themas soziale Innovationen haben die jüngsten Initiativen der Bundesregierung und der Europäischen Union beigetra- gen. Sie zielen darauf ab, bessere Rahmenbedingungen für soziale Innovationen und soziales Unternehmertum zu schaffen. So wurde unter Federführung des BMFSFJ 2012 gemeinsam mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau ein Programm zur Förderung von Sozialunternehmen aufgelegt. Für 2013 plant die Bundesregierung eine Multi-Stakeholder-Konferenz zur Förderung von Sozialunternehmen und sozia-

len Innovationen. Auf EU-Ebene sind insbesondere zwei Initiativen zu benennen: Die

„Initiative für soziales Unternehmertum. Schaffung eines „Ökosystems“ zur Förde- rung der Sozialunternehmen als Schlüsselakteure der Sozialwirtschaft und sozialen Innovation“ sowie der Vorschlag für eine Verordnung über „Europäische Fonds für soziales Unternehmertum“. Die Europäische Kommission hat 2012 zudem eine Ex- pertengruppe ins Leben gerufen, die sich über einen Zeitraum von sechs Jahren zum Thema „soziales Unternehmertum“ beraten wird, in der auch die BAGFW vertreten

ist. Bedeutsam für die Freie Wohlfahrtspflege ist dabei, dass die auf EU-Ebene ver- wendeten Definitionen die Unternehmen der Wohlfahrtsverbände, entsprechend ih- rem eigenen Selbstverständnis, als Sozialunternehmen mit einschließen.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege begrüßt die verschiedenen Aktivitäten der Bundesregie- rung sowie der europäischen Institutionen und erkennt darin auch eine Anerkennung ihrer Rolle für die Lösung sozialer Herausforderungen und Problemlagen. Sie bietet daher ihre Mitarbeit an, die Rahmenbedingungen für soziale Innovationen zu verbes- sern und ist ihrerseits bestrebt, auch in ihren eigenen Strukturen eine innovations- freundliche Organisationskultur weiter zu verstärken.

 

 

2. Was sind Soziale Innovationen?

 

„Innovation“ steht für Veränderungen und Dynamik bei Produkten, Dienstleistungen, Prozessen oder Strukturen, die einen Nutzen für das Unternehmen bzw. seine Kun- den bringen und erfolgreich Anwendung finden bzw. im Markt eingeführt wurden.

 

Mit „Sozialen Innovationen“ sind neue Lösungen für gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen gemeint. Innovationen umfassen nach dem Verständnis der Freien Wohlfahrtspflege sowohl die Entwicklung neuer als auch die Weiterentwick- lung bestehender Konzepte. Sie beziehen sich auf die Bereitstellung von neuen oder verbesserten sozialen Dienstleistungen. Darin inbegriffen sind auch neue Kooperati- ons- und Vertragsformen sowie neue Verfahren, Prozesse und Organisationsstruktu- ren. Innovative Projekte und Dienste zeichnen sich durch Effizienz und Effektivität im Sinne pragmatischer und lösungsorientierter Ansätze aus.

 

Die entscheidende Frage zur Beurteilung der Qualität einer sozialen Innovation ist die Frage nach Ihrer Wirkung im Hinblick auf die bessere Bewältigung einer sozialen Herausforderung im Interesse der Betroffenen. Aber auch die Erfüllung weiterer Or- ganisationsziele wie zum Beispiel die Steigerung der Attraktivität eines Trägers als Arbeitgeber, eine stärkere Identifizierung der Mitarbeiterschaft mit den Organisati- onszielen oder mit ökologischen Aspekten sind mit sozialen Innovationen verbunden.

 

Gesellschaftliche Wandlungsprozesse, sich ändernde Rahmenbedingungen wie technischer oder medizinischer Fortschritt aber auch sich verschärfende Notlagen und zunehmende soziale Ungleichheit bewegen Menschen dazu, „aktiv zu werden“ – ganz unabhängig davon, ob man damit als Einrichtung oder Dienst einen Wettbe- werbsvorteil erzielt. Der Freien Wohlfahrtspflege ist dieser Aspekt besonders wichtig.

 

Innovationen sind kontextabhängig. Sie entwickeln sich dort am besten, wo die be- trieblichen, organisatorischen Voraussetzungen und die externen Rahmenbedingun- gen Innovationen durch entsprechende Anreize befördern und belohnen.

 

3. Innovationen in der Freien Wohlfahrtspflege

 

Der gesellschaftliche Wandel macht es notwendig, den Rahmen für soziale Arbeit kontinuierlich neu abzustecken. Die Freie Wohlfahrtspflege hat - ermöglicht durch das bürgerschaftliche Engagement ihrer Mitglieder und die Unterstützung hilfsberei- ter Bürgerinnen und Bürger - immer wieder Hilfe geleistet in Notsituationen, die noch nicht durch das soziale Netz abgesichert waren und damit dazu beigetragen, dass die Bedarfslagen von der staatlichen Sozialpolitik aufgegriffen wurden.

 

Ihre langjährigen Erfahrungen aus der praktischen Sozialarbeit vor Ort, ihr Wissen um die Bedürfnisse der Personen, die sich in Schwierigkeiten befinden und ihr an- waltschaftliches Engagement, haben die Freie Wohlfahrtspflege dazu bewogen, sich auf europäischer Ebene  dafür einzusetzen, in der Europa-2020-Strategie auch sozi- ale Zielsetzungen zu verankern. Über innovative Lösungsansätze leistet sie ihren Beitrag zur Erreichung etwa bildungs- und beschäftigungspolitischer Ziele sowie zur Verringerung der Armutsquote.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege legt großen Wert auf eine breite Partizipation aller Betei- ligten bei der Weiterentwicklung ihrer Angebote. Sie nutzt gezielt das Engagement der vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Nähe zu den hilfesuchenden Menschen, die als Nutzer und Nutzerinnen ihre Einrich- tungen und Dienste in Anspruch nehmen. Gerade die Betroffenen selbst, die auf die sozialen Dienstleistungen der Freien Wohlfahrtspflege zurückgreifen, geben z.B. im Rahmen von Klientenbefragungen oder Beiräten wertvolle Impulse für Innovationen.

 

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege unterstützen Prozesse der systemati- schen Förderung und Umsetzung von Innovationsaktivitäten etwa durch Qualifizie- rung, finanzielle Förderung, Fachberatung sowie die Ermöglichung von Austausch und Diskussion. Träger der einzelnen Verbände beteiligen sich zudem an vielen Mo- dellvorhaben von Bund, Ländern und Kommunen oder nutzen für ihre innovativen Projekte nationale und/oder europäische Förderprogramme.

 

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege nutzen ihre dezentralen Strukturen für eine gewinnbringende Vernetzung lokaler und regionaler Projekte und verfügen über geeignete Strukturen, gute Ideen überregional umzusetzen.

 

Die bisherigen Innovationsleistungen der Wohlfahrtsverbände sind umfangreich und vielfältig. Dazu gehören z.B. die Entwicklung von Angeboten im Bereich der ambu- lanten Pflege und die Absicherung der häuslichen Betreuung, die den Menschen ein längeres Verweilen in der gewünschten vertrauten Umgebung ermöglichen und die damit die Bedingungen auf dem Pflegemarkt radikal - innovativ – verändert haben. Auch die Hospizarbeit ist im Zusammenhang mit sozialen Innovationen zu nennen, ebenso wie die Etablierung der Straßensozialarbeit oder die Entwicklung von Ju- gendwohngruppen und anderen ambulanten Hilfen zur Erziehung im Bereich der Kinder und Jugendhilfe.

 

Neben dem individuellen Nutzen für die Betroffenen und dem Nutzen für das gesell- schaftliche Miteinander bringen soziale Innovationen auch wirtschaftliche Vorteile mit sich. Nutzen und Kosten einer sozialen Innovation lassen sich in diesem Zusammen- hang nicht allein an einer betriebswirtschaftlichen Rechnungslegung und dem Leis- tungsdokumentationssystem der betreffenden Einrichtung ablesen. Stattdessen ist zusätzlich auf eine volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung abzustellen. Neben dem Nutzen für die Betroffenen sollten auch der Nutzen für Gesellschaft und Gesamtwirt- schaft in die Bewertung sozialer Innovationen einberechnet werden. Die Wohlfahrts- verbände haben hierzu auch eine Handreichung für soziale Indikatoren veröffentlicht, die insbesondere bei der Wirkung gesellschaftlicher Teilhabe und der Verbesserung der eigenen Beschäftigungsfähigkeit im Kontext der künftigen EU-Strukturförderung hilfreich sein soll. Diese sozialen Indikatoren sollen in der neuen Förderperiode der Strukturfonds 2014 – 2020 in Partnerschaftsprogrammen zur aktiven Gestaltung des demographischen Wandels in den Betrieben erprobt werden.

 

4. Instrumente zur Förderung von Innovation

 

Das gemeinsame Ziel der Freien Wohlfahrtspflege ist es, die Breite und die Vielfalt sozialer Innovationen in ihren Reihen insgesamt weiter zu fördern und ihre diesbe- züglichen Bemühungen stärker als bisher zu systematisieren. Um dies zu erreichen, werden verschiedene Strategien verfolgt. Zum einen greifen die Verbände interne

 

sowie externe Impulse auf und arbeiten an ihren eigenen Strukturen, um das Klima für neue Ideen und Innovationen weiter zu verbessern. Sie setzen so wirksame An- reize für ein innovatives und unternehmerisches Verhalten. Zum anderen sind die Verbände untereinander und gemeinsam mit anderen Partnern daran interessiert, verstärkt neue Kooperationsformen und Netzwerke zu entwickeln und aktiv an der Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen für soziale Innovationen mitzu- wirken.

 

4.1 Innovationsfreundliches Organisationsklima schaffen

 

Damit Organisationen innovationsfreundlich sind, müssen sie Freiräume schaffen, konflikt- und netzwerkfähig sein und eine gewisse Bereitschaft zum Risiko haben. Eine innovationsfördernde Organisationskultur muss auf allen Ebenen gepflegt wer- den. Da die Impulse für die meisten Innovationen im direkten Kontakt mit den Leis- tungsempfängern und -empfängerinnen erfolgen, ist insbesondere auf Ebene der Träger sowie deren Diensten und Einrichtungen eine innovationsfreundliche Haltung erforderlich. Dabei kommt einer entsprechenden Personalentwicklung und den kor- respondierenden Fortbildungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle zu.

 

Zur Förderung eines innovationsfreundlichen Organisationsklimas sind ferner Struk- turen zu schaffen, die Innovationen wahrscheinlicher werden lassen. Aufbauen lässt sich auf bereits bestehenden Plattformen für best practice und Austauschmöglichkei- ten. Beispielhaft wird auf die Internetpräsenz des ESF-Programms „rückenwind“ für die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft (www.bagfw-esf.de) verwiesen, wo verbän- deübergreifend ein Monitoringsystem für 132 Projekte realisiert wird, auf das alle In- teressierte zugreifen können.

 

4.2Kooperationen fördern und Innovationen verbreiten

 

Die Freie Wohlfahrtspflege pflegt eine enge Zusammenarbeit untereinander und mit anderen Organisationen, um gemeinsam die Entwicklung sozialer Innovationen zu befördern. Kooperationspartner und Kooperationspartnerinnen sind neben den politi- schen Akteuren, weitere Sozialverbände, Verbraucher- und Selbsthilfeorganisationen aber auch Fachverbände und Unternehmen der Sozialwirtschaft.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege begrüßt ausdrücklich eine kooperative Zusammenarbeit mit anderen geeigneten (Sozial-)Unternehmern, um mit diesen gemeinsam soziale Innovationen zu entwickeln, zu bewerten und zu verbreiten. Die Freie Wohlfahrts- pflege kann durch ihr Know-how und ihre umfassende Infrastruktur nicht nur eigene, sondern auch die Ideen externer Sozialunternehmer/-innen unterstützen und zu ihrer Verbreitung beitragen.

 

In der Freien Wohlfahrtspflege werden Kongresse und Messen verstärkt für die Ver- breitung von Innovationen benutzt. Darüber hinaus haben sich im Technologiebe- reich und in universitären Strukturen sog. „Transferzentren“ als Vermittler von Innovationen bewährt. Dabei geht es sowohl um den Transfer von vorhandenen In- novationen in die Sozial- und Gesundheitswirtschaft als auch um die Entwicklung von Produkt- und Prozessinnovationen. Eine entsprechende Struktur sollte sowohl wohl- fahrtsintern – denn auch hier ist die Weitergabe von Neuerungen noch ausbaufähig -,

 

als auch extern mit Kooperationspartnern aus Wirtschaft und Wissenschaft aufgebaut werden.

 

Der sparsame Umgang mit knappen Ressourcen innerhalb der gesamten Wohl- fahrtspflege erfordert einen engen Austausch über innovative Entwicklungen, damit

„das Rad nicht mehrfach erfunden werden muss.“ Solche Vermittlungsaktivitäten sind primär Aufgabe der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege. Ihr flächendeckendes

Netz sozialer Angebote sowie ihre Fortbildungsangebote und Informationsveranstal- tungen tragen zur bundesweiten Verbreitung sozialer Innovationen wesentlich bei.

 

4.3 Innovationen über Projekte

 

Um den Innovationsgrad einer neuen Aufgabe hinsichtlich fach- und organisations- übergreifender Fragestellungen zu erhöhen, bietet sich Projektarbeit an, bei der unter alternativen Organisationsbedingungen neue Ideen erarbeitet werden können. Dabei müssen und können in überschaubarem Maße auch Risiken eingegangen werden, wie dies der reguläre Betrieb nicht erlaubt. Förderlich sind dabei u.U. auch „Jahres- kampagnen“ als Rahmen für themenbezogene Innovationen zu einem bestimmten sozialpolitischen Thema.

 

5. Notwendige Rahmenbedingungen für Innovationen

 

Für die nachhaltige Förderung sozialer Innovationen müssen über die verbandsinter- nen Veränderungen hinaus auch die entsprechenden externen Rahmenbedingungen verbessert werden. Reformbedarf sieht die Freie Wohlfahrtspflege im Zuwendungs-, Beihilfen- und Steuerrecht, die in ihrer derzeitigen Form teilweise innovationshem- mend wirken.

 

Triebfeder sozialer Innovationen der Freien Wohlfahrtspflege ist neben ihrer sozial- anwaltschaftlichen Rolle der Wettbewerb. Hohe Verantwortung für ein innovations- freundliches Klima trägt hier die staatliche Rahmensetzung. Innovationsförderlich ist ein offen gestaltetes sozialrechtliches Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsträgern, Leistungserbringern und Nutzern, das den Nutzern Wunsch- und Wahlrechte sichert, eine flexible Leistungserbringung seitens der Träger ermöglicht und damit Spielräu- me für Innovation schafft. Auch Persönliche Budgets können Innovationspotentiale fördern.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege setzt sich für einen Wettbewerb ein, der maßgeblich über die Qualität der angebotenen Leistungen und nicht nur über den Preis ausgetragen wird, da ein reiner Preiswettbewerb innovationsschädigend ist.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege wird weitere Instrumente dafür entwickeln, dass beson- ders innovative Projekte und Konzepte noch sichtbarer gemacht werden.

 

Große Bedeutung hat für die Freie Wohlfahrtspflege aber auch die Überführung in- novativer Verfahren und Angebote aus der Projektfinanzierung in die Regelfinanzie- rung. Die Hürden für die Anschlussfinanzierung und Weiterführung gelungener, innovativer Projekte sind abzubauen und Kriterien bzw. nachhaltige Lösungen der Überführung innovativer Projekte in eine Regelarbeit zu entwickeln. Bund, Länder

 

und Gemeinden sind gefordert, für positiv bewertete Projekte eine Regelfinanzierung sicherzustellen.

 

Da das Ergebnis innovativer Projektvorhaben zwangsläufig offen ist, sind zu detail- lierte Anforderungen an die für die Antragstellung erforderliche Projektbeschreibung und hier insbesondere an das zu erwartende Projektergebnis und die Sicherung der Anschlussfinanzierung nicht hilfreich. Darüber hinaus benötigen sozialwirtschaftliche Organisationen ein gewisses Maß an Eigenmitteln, um finanzielle Rücklagen für die Entwicklung von Innovationen zu bilden. Dies ist häufig kaum möglich. Der Zugang zu öffentlichen Projektmitteln muss daher vereinfacht werden. Bei der Verhandlung von Leistungsentgelten mit den Kostenträgern ist zudem ein Risikoausgleich bzw. Wagniszuschlag zu berücksichtigen.

 

Im Fokus sind aber auch die Lösung sozialrechtlicher Schnittstellenprobleme und die Schließung von Regelungslücken, das Fördern neuer Kooperationsformen und (regi- onaler) Netzwerke sowie alle Bestrebungen zum Abbau von Bürokratie. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert und unterstützt entsprechende politische Reformvorhaben.

 

Die Freie Wohlfahrtspflege hält zudem weitere Forschungsanstrengungen für not- wendig sowohl hinsichtlich der innovationsfördernden betrieblichen und politischen Rahmenbedingungen, als auch hinsichtlich der wichtigen Frage einer angemessenen Wirkungsmessung sozialer Innovationen. Einzelne Verbände beteiligen sich derzeit an einem Forschungsvorhaben zur Analyse innovationsfördernder und –hemmender Organisationsprozesse.

 

6. Forderungen

 

Innovation in der sozialen Arbeit ist ein kontinuierlicher Prozess, um der Herausforde- rung der sich ständig verändernden Lebensbedingungen von Menschen gerecht zu werden. Die Freie Wohlfahrtspflege mit ihrer langjährigen Erfahrung als sozialer In- novateur und ihrem flächendeckenden Netz sozialer Angebote bringt ihr Know How gerne in einen bundesweiten Diskurs zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für soziale Innovationen ein. Gleiches gilt für entsprechende Bestrebungen auf europäi- scher Ebene.

 

Bereits jetzt lassen sich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - folgende Anforderun- gen an förderliche Rahmenbedingungen für soziale Innovationen zusammenfassen:

 

-     Eine wie von der EU-Kommission vorgeschlagene weitgefasste Beschreibung der Begriffe „soziale Innovationen“ und „soziales Unternehmertum“, die der Vielfalt an Formen und Akteuren gerecht wird;

 

-     ein transparenter Diskussionsprozess auf nationaler und europäischer Ebene zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für soziale Innovationen unter Be- teiligung erfahrener Dienstleister des Dritten Sektors;

 

-     die Einrichtung einer ständigen Arbeitsgruppe besetzt aus Vertreterinnen und Vertretern des BMFSFJ, der Freien Wohlfahrtspflege sowie weiterer Akteure, um gemeinsam Kriterien für eine nachhaltige Nutzung von erfolgreichen Inno- vationen zu generieren und diese in den Politikprozess einzubringen;

 

 

-     eine gesamtwirtschaftliche und -gesellschaftliche Betrachtung und Bewertung sozialer Innovationen;

 

-     verbesserte nationale Rahmenbedingungen der Förderung, d.h.

·    größere Akzeptanz gegenüber gewissen Risiken, da das Ergebnis in- novativer Projektvorhaben zwangsläufig offen ist,

·    bessere Bedingungen für die Überführung innovativer Verfahren und

Angebote aus der Projektfinanzierung in die Regelfinanzierung;

 

-     passgenaue europäische Förderinstrumente;

 

-     bessere Anerkennung eines offen gestalteten sozialrechtlichen Dreiecksver- hältnisses auf europäischer Ebene, das dem Nutzer Wahlrechte sichert, eine flexible Leistungserbringung seitens der Träger ermöglicht und damit Spiel- räume für Innovation schafft;

 

-     eine verstärkte Investition in die Wirkungsorientierung und die Stärkung des

Bewusstseins für dieses Thema.