Volltext
Das Wettbewerbsregister speichert und liefert Informationen darüber, ob bestimmte Unternehmen als Bieter vom Vergabeverfahren zwingend auszuschließen sind
(§ 123 GWB) bzw. ausgeschlossen werden können (§ 124 GWB). Gegenstand der Informationen sind Hinweise auf einschlägige Vorstrafen oder Bußgeldbescheide. Der Zugang zu diesen sensiblen Informationen ist entsprechend registrierten öffentlichen Auftraggebern und deren mit der Abfrage speziell betrauten Mitarbeiter*innen vorbehalten.
Das Wettbewerbsregister nunmehr in Betrieb.
Das bedeutet:
- künftige Nutzer sind aufgefordert, sich beim Bundeskartellamt zu registrieren. Zu diesen Nutzern gehören auch solche Mitglieder der BAGFW, die wegen einer überwiegenden Finanzierung aus öffentlichen Fördermitteln nach § 99 Nr. 2 oder 4 GWB öffentliche Auftraggeber sind und deshalb Vergaberecht anzuwenden haben (s. hierzu nachstehend unter 1).
Ob die Voraussetzungen für die Auftraggebereigenschaft nach § 99 Nr. 2a oder 4 GWB erfüllt sind, ist jeweils vor Ort und in Bezug auf die Finanzierungsverhältnisse des jeweiligen Auftraggebers feststellen. Mitglieder der BAGFW und deren Mitgliedseinrichtungen, bei denen dies nicht der Fall ist und die allein nach den ANBest-P oder ANBEst-I zur Anwendung von Vergaberecht verpflichtet sind, erhalten keinen Zugang zum Wettbewerbsregister und brauchen sich deshalb nicht registrieren zu lassen.
- Die gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung des Wettbewerbsregisters für Abfragen nach § 6 Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) tritt mit dem 1. Juni 2022 in Kraft (s. hierzu nachstehend unter 2).
Registrierungsverfahren
Die Registrierung von Auftraggebern beginnt mit dem Registrierungsantrag (abzurufen hier). Die Antragstellung erfolgt über ein sog. elektronisches Behördenpostfach (beBPo), d.h. einen sicheren Übermittlungsweg zur elektronischen Kommunikation mit Behörden. Da Mitgliedseinrichtungen der BAGFW aufgrund ihrer privatrechtlicher Organisationsform kein eigenes beBPo haben, können sie ihre Antrag über das beBPo derjenigen Stelle versenden, von der sich die Auftraggebereigenschaft (§ 99 GWB) ableitet. Weitere Informationen zum Registrierungsprozesses enthält der Registrierungsleitfaden für das Wettbewerbsregister.
Im Registrierungsantrag hat der Antragsteller bis zu drei sog. Identitätsadministratoren zu benennen. Diese verwalten in späteren Vergabeverfahren die anfallenden Abfragen beim Wettbewerbsregister (s. dazu unten). Um diese Aufgaben wahrnehmen zu können, sind folgende weitere Schritte erforderlich:
- Registrierung im sog. Identitätsmanagementsystem SAFE (Secure Access to Federated e-Justice/e-Government), das die Justiz und die öffentliche Verwaltung für die Authentisierung von Nutzern verwendet;
- Erwerb eines personengebundenen Software-Zertifikats für die Anmeldung beim SAFE-Portal.
Detaillierte Informationen zur Nutzerfreigabe und -verwaltung geben die folgenden Leitfäden:
Abfragepflicht und –möglichkeit
Ab einem Auftragswert von in der Regel 30.000 € (ohne Umsatzsteuer)[i] verpflichtet
§ 6 Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) öffentliche Auftraggeber, sich vor der Zuschlagserteilung durch Abfrage beim Wettbewerbsregister über die Unbedenklichkeit und Zuverlässigkeit des ausgewählten Bieters zu vergewissern. Bleibt der Auftragswert unter dieser Wertgrenzen, liegt es in ihrem Ermessen, die Abfrage zu stellen. Ebenfalls erlaubt § 6 WRegG ihnen, im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs (also im Rahmen einer beschränkten Vergabe, eines Verhandlungsverfahrens, eines Wettbewerblichen Dialogs oder vor der Begründung einer Innovationspartnerschaft) Informationen des Wettbewerbsregisters über die Unternehmen einholen, die sie zur Abgabe eines Angebotes einladen möchten.
Die Abfrage beim Register ist demnach immer bezogen auf bestimmte Unternehmen zu stellen, die den Zuschlag bekommen oder jedenfalls als geeignete Bieter zu einer weiteren Verfahrensstufe zugelassen werden sollen.
Derzeit unterliegen die von Zuwendungsempfängern durchgeführten Vergabeverfahren einer strengen Kontrolle. Es ist anzunehmen, dass auch die Einhaltung der Abfragepflicht aus § 6 WRegG, sobald sie in Kraft getreten ist, überprüft und Verstöße dagegen geahndet werden.
Hintergrund: Ausschluss unzuverlässiger Unternehmen vom Wettbewerb
§ 123 und § 124 GWB regeln den Ausschluss vom Vergabeverfahren. Zum Ausschluss kommt es, wenn ein Unternehmen Personen für sich handeln lässt, die wegen Wirtschaftsdelikten einschlägig vorbestraft sind, wenn gegen ein Unternehmen selbst wegen einschlägiger Ordnungswidrigkeiten ein Bußgeld verhängt worden ist oder wenn sich ein Unternehmen in anderer schwerwiegender Weise als unzuverlässig erwiesen hat; diese Ausschlussregelungen kommen über § 31 UVgO auch für Unterschwellen-Vergabeverfahren zur Anwendung.
Um (öffentlichen) Auftraggebern die für einen solchen Ausschluss erforderlichen Informationen zu verschaffen, ist beim Bundeskartellamt das sog. Wettbewerbsregister errichtet worden. Diese elektronische Datenbank speichert Informationen über einschlägige rechtskräftige Verurteilungen und Bußgeldbescheide und erteilt anfragenden Auftraggebern Auskunft über vorliegende Einträge zu betroffenen Unternehmen.
Für die Abfrage dieser Informationen ist ein elektronisches Verfahren vorgesehen. Sobald dieses freigeschaltet ist, treten nacheinander zunächst die Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden und der mit der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten betrauten Behörden zur Mitteilung einschlägiger Verurteilungen und Bußgeldbescheide an das Wettbewerbsregister und ein halbes Jahr später auch die Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber zu Abfragen in Kraft.
Umfang der Informationen aus dem Wettbewerbsregister
Auf die Anfrage hin übermittelt das Bundeskartellamt dem Auftraggeber entweder die bezüglich der benannten Unternehmen gespeicherten Daten oder teilt mit, dass keine Eintragungen vorliegen.
Eine Mitteilung über einen Eintrag im Wettbewerbsregister führt allerdings selbst bei Vorliegen von zwingenden Ausschlussgründen nach § 123 GWB nicht automatisch zum Ausschluss des betroffenen Unternehmens. § 6 Abs. 5 S. 1 WRegG weist die Verantwortung für diese Entscheidung ausdrücklich und ausschließlich den jeweiligen Auftraggebern zu.[ii]
Soweit Auftraggeber für diese zu treffende Vergabeentscheidung ergänzende Informationen für erforderlich halten, erlaubt ihnen § 6 Abs. 6 WRegG, weitere Fragen bei den Strafverfolgungsbehörden oder den zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufenen Behörden zu stellen, die dem Bundeskartellamt die Hinweise gegeben haben. Eine solche Anfrage kann insbesondere erforderlich sein, wenn die Informationen des Wettbewerbsregisters auf einen fakultative Ausschlussgrund nach § 124 GWB hinweisen und der Auftraggeber für seine Abwägungsentscheidung weitere Informationen braucht.
Schutz der Vertraulichkeit der Informationen
Informationen über bestehende Vorstrafen oder die Verhängung von Bußgeldern sind hoch sensibel. Entsprechend unterstreicht § 6 WRegG die besondere Vertraulichkeit dieser Daten.[iii]
Ein weiteres Element zum Schutz dieser Daten und zur Umsetzung des datenschutzrechtlichen Erforderlichkeitsgrundsatzes ist die Verpflichtung der Auftraggeber zur Löschung der Daten nach Ablauf der rechtlich vorgesehenen Aufbewahrungsfristen. Eine solche ergibt sich z.B. aus § 8 Absatz 4 der Vergabeverordnung (VgV)[iv].
[i] Bei der Erteilung von Konzessionen nur soweit diese den europarechtlichen Schwellenwert erreichen
[ii] S. hierzu ausdrücklich auch die Begründung zu § 6 WRegG in BT Drs. 18/12051 S. 31
[iii] Damit sind diese Informationen gem. § 3 Nr. 4 Informationsfreiheitsgesetz nicht über den allgemeinen Informationsanspruch abrufbar.
[iv] Nach § 8 Abs. 4 VgV sind u.a. die Vergabedokumentation und der Vergabevermerk, die ein positives Abfrageergebnis und die auf dieser Grundlage getroffene Vergabeentscheidung dokumentieren müssen, bis zum Ende der Laufzeit des Vertrags oder der Rahmenvereinbarung, mindestens jedoch für drei Jahre ab dem Tag des Zuschlags, aufzubewahren.