Beitrag der BAGFW zur Konsultation der Europäischen Finanzaufsichtsbehörde – ESMA on the implementing measures of the Regulations on European Social Entrepreneurship Funds and European Venture Capital Funds

Die EU-Finanzaufsichtsbehörde ESMA wurde beauftragt, die Grundlagen für die von der Kommission nach der Verordnung für Europäische Fonds für Soziales Unternehmertum (EUSEF) zu erlassenden delegierten Rechtsakte zu erarbeiten. Ziel der Konsultation ist es, nähere Festlegungen im Hinblick auf die Beschreibung der Arten von Portfoliounternehmen, den Umgang von Fonds-Verwaltern mit Interessenkonflikten, den Methoden zur Wirkungsorientierung sowie Informationen an Investoren zu treffen.

Die EU-Finanzaufsichtsbehörde ESMA wurde beauftragt, die Grundlagen für die von der Kommission nach der Verordnung für Europäische Fonds für Soziales Unternehmertum (EUSEF) zu erlassenden delegierten Rechtsakte zu erarbeiten. Ziel der Konsultation ist es, nähere Festlegungen im Hinblick auf die Beschreibung der Arten von Portfoliounternehmen, den Umgang von Fonds-Verwaltern mit Interessenkonflikten, den Methoden zur Wirkungsorientierung sowie Informationen an Investoren zu treffen.

 

Im Folgenden geht die BAGFW auf einige für sie relevante Fragestellungen ein.

 

 

1 - Level 2 advice on the types of goods and services or methods of production for goods and services embodying a social objective

 

Q 1: Do you agree with the identified policy options set out in the cost benefit analysis (Annex III)? Could you identify any other options?

 

Die hier zu bewertenden Politikoptionen dienen dazu, die Qualifikation eines Unternehmens als Sozialunternehmen beschreiben zu können. Anhand der Beschreibung soll ein Unternehmen als qualifiziertes Unternehmen in den EuSEF aufgenommen werden können. Es obliegt den Teilnehmern an der Konsultation sich zwischen den folgenden Optionen (Annex III, Ziffer 7) zu entscheiden:

(1) Beschreibung des Sozialunternehmens anhand einer abschließenden Liste von Waren und Dienstleistungen, die von dem Sozialunternehmen produziert und erbracht werden und entsprechende Herstellungsmethoden.

(2) Beschreibung des Sozialunternehmens anhand einer entsprechenden offenen Liste.

(3) Das soziale Ziel des Sozialunternehmens wird mittels hoch angesiedelter abstrakter Prinzipien ermittelt, die ich in der Warenproduktion oder der Erbringung der Dienstleistung wiederspiegeln müssen.

 

Die in Frage 1 zugrunde zu legende Kosten-Nutzen-Analyse gemäß Annex III des Konsultationspapiers bezieht die Größe und den Umfang des gegenwärtig auszumachenden Geschäfts mit Fonds für Sozialunternehmen ein. Danach handelt es sich bislang noch um ein kleineres Nischengeschäft.

 

Die Policy Optionen bzgl. der Qualifikation als Sozialunternehmen können entsprechend der Optionen 1 und 2 eine Liste umfassen, die die Produkte und Dienstleistungen bzw. die Produktion oder die finanzielle Unterstützung des Unternehmens näher beschreiben.

 

Die BAGFW spricht sich insoweit für eine nicht abschließende Liste aus, um die nötige Flexibilität bei der Erbringung von Sozialdienstleistungen ganz allgemein und bei der Einbeziehung des betreffenden Sozialunternehmens in einen EuSEF zu wahren. Denn nur eine offene Liste wird auch der Gestaltungshoheit der Mitgliedstaaten bei der Definition der sozialen Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gerecht. Im Übrigen sind neue und innovative Sozialunternehmen besser durch einen EuSEF aufzunehmen, wenn hier eine offene Liste zur Beschreibung der Sozialunternehmen gewählt wird. Vor dem Hintergrund der Flexibilität spricht sich die BAGFW zusätzlich zu Option 2 auch für die Berücksichtigung von Option 3 aus. Denn hoch angesiedelte und abstrakte Prinzipien können eine gut denkbare Lösung sein, um einen weiten Rahmen für soziale Ziele zu umreißen. Allerdings darf hier keine Willkür in der Beschreibung dessen entstehen, was sozial ist. Die Prinzipien zur Beschreibung des sozialen Zwecks dürfen nur in Ergänzung zur offenen Liste entsprechend Option 2 herangezogen werden. Sie dürfen nicht dem EuSEF als alleiniges Kriterium überlassen werden.

 

Die BAGFW schlägt vor, die offene Liste entsprechend der Option 2 folgendermaßen auszufüllen. Dieser Vorschlag enthält eine nicht abschließende Liste mit Sozialdienstleistungen, die aus Sicht der BAGFW von gemeinnützig tätigen Sozialunternehmen erbracht werden:

 

-       Angebote für Kinder und Jugendliche und ihre Familien, wie Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege, Horte, Familienzentren, Schul- und Jugendsozialarbeit, Jugendberufshilfe, Freizeitangebote, offene Kinder- und Jugendarbeit, Kinder- und Jugendberatungsangebote, Bildungs-, Beratungs- und Hilfeangebote für alle Familienformen wie Erziehungs-, Ehe- und Schwangerschaftsberatung und die verschiedenen Leistungen der Hilfen zur Erziehung, Interventionsstellen, Familienpflege, Frauenhäuser, Familienbildungsangebote, Familienerholungsangebote, familienentlastende Dienste und Mehrgenerationenhäuser;

-       Hilfen für alte Menschen wie Seniorentreffs, Mahlzeiten- und Besuchsdienste, voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen , ambulante Pflegedienste und Wohngemeinschaften sowie Seniorenfreizeit- und Tagesstätten, Einrichtungen des Betreuten Wohnens für ältere Menschen;

-       Angebote, Einrichtungen und Dienste für Menschen mit Behinderung wie Kindertageseinrichtungen, Schulen, Sozialpädiatrischen Zentren, Frühförderstellen, Berufsförderungswerke, Berufsbildungswerke, anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen, betreute Wohnmöglichkeiten, Tagesstätten, Tageseinrichtungen, Förderzentren, psychosoziale Beratungsstellen, Assistenz- und Unterstützungsangebote durch Integrationsfachdienste, mobile sonderpädagogische Teilhabe und Assistenzdienste, familienunterstützende Dienste, familienentlastende Dienste, Freizeit- und Bildungsangebote;

-       Angebote und Dienstleistungen im Gesundheitsbereich wie Krankenhäuser, Tageskliniken, ambulante Pflegedienste und Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Mutter-Kind-Kureinrichtungen, ambulante und stationäre Einrichtungen und Angebote der medizinischen Rehabilitation, Kurberatungsstellen, Krebsberatungsstellen, Präventions- und Nachsorgeangebote, Suchtberatungsstellen, ambulante und stationäre Einrichtungen der Suchthilfe;

-       Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund wie Gemeinwesen orientierte Projekte (z.B. zur Schaffung einer Willkommens- und Anerkennungskultur), spezifische Migrationsfachdienste (z.B. Migrationsberatung für Erwachsene, Jugendmigrationsdienste, Flüchtlingsberatungsstellen) und andere zielgruppenspezifische Flüchtlingsprojekte, (z. B. Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge, Frauentreffpunkte) und andere handlungsfeldbezogene Integrationsprojekte (IQ Fachstellen etc.), Ausländersozialberatung, Aussiedlerberatung;

-       allgemeine Auskunfts- und Sozialberatungsstellen und ambulante Dienste, Nachbarschaftszentren, Suppenküchen und Mobile Soziale Dienste (MSHD);

-       Hilfe für Menschen in sozialen Notlagen wie Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, Angebote für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten, Wohnungslosenunterkünfte , Schuldner-Beratung, Bahnhofsmission, Telefonseelsorge;

-       Angebote und Dienste der Straffälligenhilfe;

-       allgemeine Auskunfts- und Sozialberatungsstellen und ambulante Dienste, Nachbarschaftszentren, Suppenküchen und Mobile Soziale Dienste (MSHD);

-       Hilfe für Menschen in sozialen Notlagen wie Obdachlosenunterkünfte, Schuldner-Beratung, Bahnhofsmission, Telefonseelsorge;

-       Kontakt-, Informations- und Beratungsstellen für Selbsthilfegruppen und Gruppen bürgerschaftlichen Engagements (Freiwilligenzentren und -agenturen);

-       Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten für Sozial-, Gesundheits- und Pflegeberufe;

-       Schulische und außerschulische Angebote der Bildung einschließlich der frühen Bildung, etwa in Kindertagesstätten, der Allgemein- und Hochschulbildung einschließlich der Arbeit der Studentenwerke sowie der Fort- und Weiterbildung, wie insbesondere Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote für soziale und pflegerische Berufe.

 

Die BAGFW sieht die möglicherweise und bis zu einem gewissen Grad bestehende Rechtsunsicherheit, die mit einer nicht abschließenden Liste verbunden wäre. Diese ist aber vor dem Hintergrund einer Kombinationslösung, namentlich von Option 2 und 3, hinzunehmen. Denn die Öffnung für potentielle weitere Sozialunternehmen, die erst durch die Wahrnehmung und Erfüllung eines neuen sozialen Bedarfs entstanden sind, ist ein nicht verzichtbarer Aspekt. Zudem spricht sich die BAGFW für die Hinzunahme von abstrakten Prinzipien aus, die der Liste einen Rahmen geben, der den sozialen Charakter der Unternehmen deutlich macht. Für einzelne Sozialdienstleistungen würde das bedeuten, dass sie sich im EuSEF finden können, auch wenn sie nicht explizit in der Liste erwähnt sind. Dieses Ergebnis ist aus den genannten Gründen wünschenswert.

 

Folgende Werte und Prinzipien zur Feststellung eines sozialen Ziels innerhalb eines Unternehmens schlägt die BAGFW für einen solchen Rahmen nach Option 3 vor. Sie betont, dass die Organisationsform der Sozialunternehmen in Verbänden eine spezifisch deutsche Struktur ist und will damit keine Vorgaben für andere Strukturen in anderen Mitgliedstaaten machen:

  • Vielzahl und Vielfalt

Das Zusammenwirken öffentlicher, gemeinnütziger und gewerblicher Dienstleister ermöglicht es, eine ausreichende Zahl an Dienstleistungen bereitzustellen. Die Vielzahl und Vielfalt von Dienstleistungen gemeinnütziger Anbieter ist geprägt durch ihre unterschiedlichen humanitären, weltanschaulichen und religiösen Wertorientierungen. Ihr großes Spektrum bietet einen breiten Zugang zu Hilfeangeboten, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der darauf angewiesenen Bürgerinnen und Bürger entsprechen.

  • Mobilisierung der Zivilgesellschaft

Die sozialen Dienste der Wohlfahrtsverbände beziehen den gesamten Sozialraum im Umfeld kranker, behinderter oder ansonsten förderungsbedürftiger Menschen ein. Zu diesem Zweck versuchen sie, ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement als wichtige Bestandteile des gemeinschaftlichen Lebens in einer sozialen Gesellschaft zu wecken. Dieses Engagement nutzen sie, um in Gesellschaft und Staat für ein von sozialer Kultur geprägtes Gemeinwesen zu werben.

  • Schaffung sozialer Bindungen und Vernetzungen

Die Prinzipien von Subsidiarität und Solidarität werden in unterschiedlichen Ansätzen wie Selbsthilfegruppen, Nachbarschaftshilfen, Laienhilfe, ehrenamtlicher Hilfe und bürger-schaftlichem Engagement sichtbar umgesetzt. Das stärkt die Motivation sozialen Engagements und trägt zur besseren Qualität sozialer Dienste bei.

  • Partizipation

Die Partizipation der Hilfesuchenden ist durch zwei Elemente gekennzeichnet:

-               durch von ihnen in Selbsthilfe erbrachte Leistungen und

-               durch ihre Mitwirkung an der Gestaltung der Dienste.

Die Partizipationsmöglichkeiten hängen vom jeweiligen Dienstleistungsangebot ab, das flexibel sein muss, um entsprechend an die Bedürfnisse angepasst werden zu können.

  • Innovationsfunktion

Eine wichtige Aufgabe der Verbände und ihrer Dienste ist es, frühzeitig neue Problemlagen zu erkennen und innovative Lösungs- und Hilfeansätze zu entwickeln. Beispiele sind ganzheitliche, die gesamte soziale und wirtschaftliche Situation des Schuldners in Blick nehmende Angebote bei Überschuldung oder die Arbeit in Hospizen, bei der die Beachtung der existenziellen Situation des Todkranken unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit ist.

  • Anwaltschaft

Als wesentliches Merkmal von Gemeinwohlorientierung und Wertgebundenheit nehmen die Wohlfahrtsverbände und ihre Einrichtungen eine sozialanwaltliche Rolle wahr.

Durch ihr Eintreten für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger insbesondere gegen ungerechtfertigte Eingriffe des Staates in den Sozialschutz nehmen die Verbände Korrektivfunktionen wahr.

Formen der Anwaltschaft können u.a. sein:

-     Entwicklung von innovativen Unterstützungsstrukturen und Selbsthilfe-Angeboten,

-     Einbringen von Fachwissen in Gesetze und Gesetzgebungsprozesse mit sozial-politischen Auswirkungen sowie in neue Hilfekonzepte,

-     Einsatz für sozialpolitische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfe sichern und soziale Notlagen überwinden helfen,

-               Unterstützung im Einzelfall.

  • Bürgerverantwortlichkeit in den Verbänden

Die Verbände und ihre Einrichtungen tragen entscheidend zur bürgernahen Behandlung sozialer Fragen bei. Sie ermöglichen Bürgerinnen und Bürgern, die zur Lösung sozialer Notlagen beitragen wollen, gemeinsame gemeinwohlorientierte Ziele zu erreichen und sich zu diesem Zweck zusammenzuschließen. Sie akzeptieren auch, dass verbandliche Strukturen immer wieder hinterfragt und als Quelle von Innovation und Veränderung genutzt werden.

  • Zusammenschluss in Verbänden

Die gemeinwohlorientierten sozialen Dienste und Einrichtungen haben sich in Verbänden zusammengeschlossen, die vom Staat als „Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege“ besonders anerkannt sind. Die Spitzenverbände sorgen für einen gesamtverbandlichen Zusammenhalt ihrer jeweiligen Dienste und Einrichtungen und für eine gemeinsame Wahrnehmung ihrer Interessen. Sie arbeiten in der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege“ (BAGFW) zusammen.

 

Q 2: Do you agree with the proposal set out in the consultation paper? Are there any additional principles or criteria that you would like to propose?

 

Die Vorschläge im Konsultationspapier erstrecken sich auf alle Bereiche, die mit der Umsetzung eines EuSEF zusammenhängen. Für die BAGFW besonders relevant sind die Vorschläge der ESMA zur Beschreibung eines qualifizierten Portfoliounternehmens, zu Maßnahmen bei Interessenkonflikten von EuSEF-Managern sowie zur sozialen Wirkungsmessung.

 

Die BAGFW bezieht sich bei der Bewertung der Beschreibung eines Unternehmens als Sozialunternehmen auf die Beantwortung der Frage 1. Im Übrigen ist es ihr wichtig, dass die Definition eines Sozialunternehmens, wie sie in der Social Business Initiative und damit auch im EuSEF enthalten ist, auch von der ESMA aufgegriffen wird. In dem Zusammenhang weist die BAGFW noch einmal auf die Liste von Sozialdienstleistungen hin, die sie in der Antwort zu Frage 1 eingefügt hat. Diese Liste ergänzt die von ESMA in Ziffer 24 des Konsultationsdokuments aufgeführten Produkte und Dienstleistungen in der ESMA die Bereiche ausführlicher benennt, die zu den sozialen Dienstleistungen gerechnet werden.

 

Die BAGFW bewertet es allerdings als problematisch, dass, wie in Ziffer 24 vorgesehen, der Fondsmanager darüber befinden soll, ob die Nutzer des jeweiligen Sozialunternehmens ausgegrenzt, vulnerabel, marginalisiert, benachteiligt sind. Hierzu dürfte die Expertise des Fondsmanagers nicht ausreiche, was sich zum Nachteil von Sozialunternehmen auswirken kann, wenn es um die Qualifizierung als Portfoliounternehmen geht. Ebenso könnten hier Tür und Tor zum „creaming“-Effekt geöffnet werden.

 

2 - Level 2 measures on conflicts of interest of EuSEF managers

 

Q 5: Do you agree with the description of the types of conflicts of interest? Would you like to suggest any other type?

 

Die Empfehlung der ESMA zu konfligierenden Interessen des EuSEF Managers mit Investoren, mit Personen, die die Entwicklung eines Sozialunternehmens dominieren können etc. berücksichtigt die Tatsache, dass ein finanzieller Gewinn oder ein temporärer Verlust zugunsten bzw. zulasten des EuSEF gemacht werden kann. Diese Situation könnte sich im Management eines Sozialunternehmens ergeben, nämlich die anderweitige Steuerung des Unternehmens, als es dem Willen des Fondsmanagers entspricht. Die Person, die insofern mit dem Fondsmanager in einen Konflikt geraten kann, ist nach Art. 9 Abs. 2 EuSEF-VO durch den Fondsmanager zu berücksichtigen und bezogen auf das Risiko regelmäßig einzuschätzen.

 

Aus der Sicht der BAGFW ist eine Spezifizierung der Interessen der Personen erforderlich, die mit dem Fondsmanager in einen Konflikt geraten könnten. Diese Spezifikation ist insbesondere wegen der folgenden offenen Fragen im Konsultationspapier nötig: „Wessen Interessen könnten in einen gegenseitigen Konflikt geraten?“, was ist unter „unangemessener Einflussnahme“ zu verstehen? Insgesamt muss es im Rahmen des Konfliktmanagements möglich bleiben, dass Nachhaltigkeit bei der Erreichung des sozialen Zwecks und der sozialen Wirkung gewährleistet ist. Damit hängt auch die von den Verbänden und Unternehmen wahrgenommene sozialanwaltschaftliche Rolle zusammen. Diese ist ein wesentliches Merkmal von Gemeinwohlorientierung und Wertgebundenheit. Der Prozess zwischen dem politischen Eintreten für die benachteiligten Menschen und den unternehmerischen Aktivitäten darf durch eine Qualifizierung eines Sozialunternehmens für einen EuSEF nicht unterlaufen werden.

 

Die Empfehlung zum Umgang mit Interessenkonflikten sieht vor, dass der Fondsmanager eine schriftliche Strategie zur Lösung von Interessenkonflikten aufstellen soll. Aus Sicht der BAGFW sollten hierbei Sozialverbände beteiligt werden. Im Übrigen schlägt die ESMA vor, dass ein Informationsaustausch zwischen relevanten Personen, d.h. Personen, deren Interessen miteinander in  Konflikt geraten könnten, verhindert werden soll, wo „Bedarf“ dazu besteht. Die BAGFW fordert hier eine stärkere Rechtssicherheit und verlangt, dass die genauen Gründe für eine Verhinderung des Informationsaustauschs näher spezifiziert werden. Schließlich lehnt die BAGFW auch die in der Empfehlung enthaltene Generalklausel ab, der zufolge andere alternative Maßnahmen zur Abwehr von Interessenkonflikten ergriffen werden können, je nach Angemessenheit. Sie ist zu ungenau und der Tatbestand eröffnet dem Fondsmanager alle Maßnahmen, die er sich denken kann.

 

 

4 - Level 2 measures on social impact measurement

 

ESMA ist aufgefordert, sich zur sozialen Wirkungsmessung gegenüber der Kommission zu äußern. Hierzu wurden folgende Optionen Identifiziert (Annex III, Ziffer 29):

Option 1: Der EuSEF-Manager wird mit der Befugnis ausgestattet, die Wirkung im Einklang mit einer spezifischen Methode zu messen, die eine breite Anerkennung hat.

Option 2: Der EuSEF-Manager wird mit der Befugnis ausgestattet, die Wirkung im Einklang mit den Schritten und Charakteristika der Methode zu messen, die im jeweiligen Abschnitt des Konsultationspapiers beschrieben ist. Er kann dabei auf bestehende akzeptierte Methoden (Q 13 ii) zurückgreifen oder eigene Methoden entwickeln (Q 13 iii).

 

Mit den Methoden in Option 2 sind insbesondere die Ausarbeitungen der GECES-Gruppe, der G8-Gruppe und die OECD zur sozialen Wirkungsmessung gemeint. Die Option 2 lässt die Anwendung mehrerer Methoden zu, auf die sich GECES in ihrem Bericht bezieht, wie zum Beispiel SROI, IRIS, und berücksichtigt Kriterien, die ESMA anhand des GECES-Berichts entwickelt hat.

 

Grundsätzlich stellt die BAGFW fest, dass die genannten Methoden keine hinreichende Antwort auf die Wirkung fachlicher, sozialer Maßnahmen geben. Zudem stehen der bürokratischen Aufwand und die damit verbundenen Transaktionskosten außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg. Die genannten Methoden beziehen sich im Übrigen auf volkswirtschaftliche Effekte. Insoweit stellen sie keine „echten“ Instrumente einer fachwissenschaftlichen sozialen Wirkungsmessung dar. Letztere messen die Wirkungen von Maßnahmen bei den Ratsuchenden bzw. Zielgruppen einschließlich deren Familien oder Umfeld, denen diese Maßnahme bei der Überwindung eines sozialen Problems helfen sollen. Hierfür gilt es, je Arbeitsbereich Indikatoren zu entwickeln. Hiervon ist das Zählen der erbrachten Leistungen (Output) wiederum abzugrenzen.

 

Dennoch kommt für die BAGFW allenfalls die Option 2 in Betracht, da sie eine flexible Nutzung der unterschiedlichen Ansätze je nach sozialer Dienstleistung zulässt, während Option 1 nur eine Methode für alle Aktivitäten aller Sozialunternehmen innerhalb eines EuSEF ermöglicht. Zudem soll die vom Fondsmanager anzuwendende Methode auf die Größe und Komplexität des Sozialunternehmens Rücksicht nehmen. So können unverhältnismäßig bürokratische Methoden ausgeschlossen werden. Auch die Transparenz, die sich in der Informationspflicht des Fondsmanagers über die angewandte Methode gegenüber den Investoren zeigt wird begrüßt.

 

Bei den Grundsätzen zur sozialen Wirkungsmessung fällt jedoch im Detail auf, dass Drittwirkungen im Hinblick auf die soziale Wirkung eines Unternehmens ausgeblendet werden sollen sowie solche Aspekte, die angeblich dazu geführt haben, dass die soziale Wirkung ohnehin eingetreten wäre. Aus Sicht der BAGFW ist eine solche „überholende“ Kausalität nicht nachweisbar, so dass dieser Aspekt in der Empfehlung zur Wirkungs-messung abzulehnen ist.

 

Die BAGFW erwartet, bei jeder Methode, die zur sozialen Wirkungsmessung eingesetzt werden soll, dass die Sozialunternehmen in ihre auf sie angepasste Anwendung einbezogen werden. Die Entwicklung von Kriterien im Rahmen einer Methode zur Wirkungsorientierung kann aus Sicht der BAGFW sinnvoll nur gemeinsam oder alleine durch die betreffenden Sozialunternehmen geschehen.

 

Q 11: Do you agree with the general approach on social impact measurement?

 

Wir halten den Ansatz, den Einsatz von Fördermitteln an erwartbare bzw. darlegbare Wirkungen im Sinne der Zielstellung des geförderten Dienstleisters oder Projektträgers zu binden, für sinnvoll. Wir geben allerdings zu bedenken, dass einer exakten kausalen Zuschreibung von Wirkungen im komplexen Beziehungsgeschehen Sozialer Arbeit Grenzen gesetzt sind.

 

Im Rahmen des internen Qualitätsmanagements haben die Träger Sozialer Arbeit jedoch eine Bewertung der Ergebnisqualität ihrer Arbeitsweisen und fachlichen Konzepte auf Basis von Wirkungsindikatoren etabliert. Die Werte solcher Indikatoren bedürfen jedoch immer einer individuellen, sachbezogenen, spezifische Bedingungen berücksichtigenden Bewertung. Im Ergebnis können begründete Plausibilitäten für Wirkungen dargelegt werden.

 

Grundlegend dafür sind arbeitsfeldspezifische Ergebnis-Indikatoren, wie sie auf Initiative der Freien Wohlfahrtspflege z. B. für die Einrichtungen der stationären Langzeitpflege oder Einrichtungen und Dienste der Hilfen für Menschen mit Behinderungen entwickelt wurden. Solche zielgruppenspezifische Indikatoren-Sets gilt es noch für vielfältige Arbeitsbereiche bzw. Dienstleistungen zu entwickeln. SRS oder SROI stellen demgegenüber letztlich nur Rahmenkonzepte dar, die die Frage nach angemessenen spezifischen Indikatoren nicht beantworten.

 

Q 12: Could you help us estimate the costs to which the proposed approach would give rise for the EuSEF manager and the social enterprise?

 

Die Entwicklung eines geeigneten Sets an Wirkungsindikatoren erfordert einen stetigen Praxis-Theorie-Abgleich. Die Möglichkeiten und Ansätze der spezifischen Wirkungsmessung variieren zudem je nach Arbeitsbereich oder Dienstleistungen und sind Entwicklungsveränderungen unterworfen. Das Wissen um wissenschaftlich fundierte und validierte Wirkungsindikatoren und deren Entwicklung muss beim EuSEF-Manager vorhanden sein bzw. aufrechterhalten werden.

 

Unabhängig von der Festlegung auf die Optionen I-IV (Q 13) muss der EuSEF-Manager in der Lage sein, konkrete Indikatoren hinsichtlich der Objektivität, Validität und Reliabilität beurteilen zu können. Er muss ferner über die Kompetenz verfügen, die Bewertung der Ergebnisse aus der Anwendung von Indikatoren sachgerecht prüfen zu können.

 

Der Aufwand erstreckt sich auf

- fachliche Kompetenzpflege,

- konzeptionelle Entwicklung von Rahmensetzungen zur Wirkungsmessung,

- Beratung von Projektträgern bei der Anwendung bzw. Umsetzung,

- Prüfung von spezifischen Messinstrumenten,

- Prüfung von Wirksamkeitsbewertungen.

 

Q 13: Which option would you favour? Why?

 

Eine Festlegung auf eine Methode für alle EuSEF Manager führt in der Konsequenz dazu, dass alle geförderten Projekte bzw. Träger zur Anwendung dieser Methode verpflichtet wären. Hinzu kommt, dass die genannten Ansätze lediglich Rahmenkonzepte darstellen, die keine spezifischen arbeitsfeldbezogenen Messinstrumente beinhalten.  In der Sozialen Arbeit haben sich im Rahmen des internen Qualitätsmanagements die Entwicklung von Wirkungsindikatoren und die Bewertung der Ergebnisqualität auf dieser Basis etabliert, wenn auch noch nicht in allen Arbeitsfeldern und nicht immer auf wissenschaftlich fundierter Basis. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoller, auf in der Praxis Bestehendes und Entwickeltes zurückgreifen zu können, statt neue Rahmenmethoden und Verfahren wie SROI verbindlich einführen zu wollen.

 

Die genannten grundlegenden Schritte bei der Entwicklung einer Wirkungsmessung stellen hierbei ein notwendiges verbindliches Grundgerüst dar, das es in jedem Falle einzuhalten gilt und das auch in jedem qualifizierten QM-System wiederzufinden ist.

 

Q 14: Could you please quantify the costs for the EuSEF manager for your preferred option?

 

Es ist uns nicht möglich, den Aufwand und die Kosten zu beziffern. Wenn sich die Messung von Wirkungen nicht nur auf oberflächliche Betrachtungen beschränken soll, ist der Aufwand jedoch erheblich.

 

Q 15: Do you have any alternative proposals? If so, please quantify the costs involved.

 

Es wird empfohlen, für die Arbeit der EuSEF-Manager die Anwendung von Qualitätsmanagement verbindlich vorzusehen, sodass deren Arbeit der systematischen stetigen Weiterentwicklung im Sinne eines Regelkreises von Plan-Do-Check-Act unterliegt.