Berlin/Brüssel, 22. Juni 2015. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) unterstützt die Initiative des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), das sozialpolitische Engagement der EU zu verstärken und gemeinsame Grundsätze für verlässliche Sozialleistungssysteme zu erarbeiten. Die Initiative wird heute im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im EWSA in Brüssel vorgestellt.
„Es ist an der Zeit, dass vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise die Begriffe der sozialen Marktwirtschaft und des europäischen Sozialmodells von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten sowie von den Europäischen Institutionen in den Fokus der politische Debatte gerückt werden“, erklärte der Geschäftsführer der BAGFW, Dr. Gerhard Timm, anlässlich der Brüsseler Anhörung. „Dies bedeutet keine Harmonisierung, aber ein stärkeres sozialpolitisches Engagement der EU, mehr Transparenz und ein gegenseitiges Lernen auf Grundlage der Vielfalt nationaler Systeme.“
Der federführende Berichterstatter des EWSA, Prof. Dr. Bernd Schlüter, hat in einer Initiativstellungnahme die Grundsätze wirksamer und verlässlicher Sozialleistungssysteme formuliert. Er betonte, es gebe in einigen Mitgliedstaaten keine zeitgemäßen und professionellen Sozialdienstleistungen auf der Grundlage einer solidarischen Finanzierung. Teilweise sei noch nicht einmal die Existenzsicherung oder eine zugängliche Gesundheitsversorgung gewährleistet. Auch das Handeln der EU in der Krise sei nicht von ausreichender sozialpolitischer Verantwortung geprägt. Daher sollten Empfehlungen zum Zugang und zur Qualität, zur Finanzierung, zu Rechtsansprüchen der Bürger/innen und zum Ziel der gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe erarbeitet werden. Ansonsten könne sich weder ein sozialeres Profil Europas noch ein fairer Wettbewerb im EU-Binnenmarkt entwickeln. Die Würde des Menschen und seine gesellschaftliche Teilhabe, aber auch leistungsfähige Volkswirtschaften, könnten in den heutigen Wirtschaftsstrukturen nur mit Hilfe leistungsfähiger Systeme der Befähigung und der sozialen Unterstützung gewährleistet werden.
Die Initiativstellungnahme soll nach weiteren Beratungen im Herbst vom Plenum des EWSA verabschiedet und dann den anderen Organen der EU zugeleitet werden.
Der EWSA ist ein beratendes Organ der EU und versteht sich als Stimme der Zivilgesellschaft. Er bringt die Expertise von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Wohlfahrtsorganisationen und Verbraucherschutzverbänden aus allen EU-Mitgliedstaaten in die Politik und Rechtssetzung der EU ein. In vielen Mitgliedstaaten existieren Wirtschafts-und Sozialausschüsse als gesetzlich verankerte Staatsorgane und sind verbindlich am Gesetzgebungsverfahren beteiligt.
In der BAGFW arbeiten die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege zusammen. Ihr gemeinsames Ziel ist die Sicherung und Weiterentwicklung der sozialen Arbeit durch gemeinschaftliche Initiativen und sozialpolitische Aktivitäten.