Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. zur Petition, das Bürgerliche Gesetzbuch dahingehend zu ändern, dass die Betreuung nicht mit dem Tod des Betreuten, sondern mit dessen Bestattung enden sollte

Die BAGFW sieht keinen Handlungsbedarf, eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches mit dem Ziel vorzunehmen, die Betreuung gemäß §§ 1896 ff BGB dahingehend auszuweiten, dass die Betreuung nicht mit dem Tod des Betreuten, sondern mit dessen Bestattung enden soll.

Die BAGFW sieht keinen Handlungsbedarf, eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches mit dem Ziel vorzunehmen, die Betreuung gemäß §§ 1896 ff BGB dahingehend auszuweiten, dass die Betreuung nicht mit dem Tod des Betreuten, sondern mit dessen Bestattung enden soll.

Das Betreuungsverhältnis und damit auch das Amt des Betreuers sollten daher auch zukünftig mit dem Tod des Betreuten enden, anders als z. B. bei einer Vorsorgevollmacht, da die Betreuung dem Gesetzeszweck nach tatsächlich eine Rechtsfürsorge für Lebende darstellt.

 

 

Zu den Fragen im Einzelnen:

 

1.       Bestehen in der Praxis Probleme nach dem Tod eines Betreuten hinsichtlich des Übergangs von der Betreuung (ehrenamtliche und berufliche) zu einer erforderlich werdenden Nachlasspflegschaft; welche Lösungsmöglichkeiten bestehen?

 

Es bestehen keine Probleme in der Praxis, die eine Gesetzesänderung innerhalb des BGB notwendig machen würden.

Einzelfälle, in denen eine fortgesetzte Handlungsfähigkeit des Betreuers für die erforderlichen Abwicklungen hilfreich wäre, rechtfertigen die angeregte Änderung nicht, da eine solche Berechtigung nur schwer von den Rechten und Pflichten der Erben abzugrenzen wäre und zu neuen Problemen führen würde.

 

Wenn es z. B. keine Erben oder mit der Situation überforderte Erben gab, bei denen es im Sinne der Verstorbenen hilfreich gewesen wäre, wenn der rechtliche Betreuer berechtigt gewesen wäre, weitere Regelungen wie die Organisation der Bestattung, die Auflösung der Wohnung, die Räumung des Heimzimmers u. ä. vorzunehmen, handelte es sich meist um Beispiele, in denen vornehmlich die Kooperation mit beteiligten Stellen (Amtsgericht, Nachlassgericht, Ordnungsamt, Erben) nicht optimal funktionierte und somit eine würdevolle Bestattung nicht stattfinden konnte.

 

Für die Sicherung des Nachlasses des Betreuten wird grundsätzlich das Nachlassgericht Sorge tragen (§1906 BGB). Stellt das Nachlassgericht einen aktuellen Sicherungsbedarf fest, sollte es einen Nachlasspfleger bestellen (dies gilt insbesondere dann, wenn der Erbe unbekannt ist bzw. überhaupt ein Nachlass vorhanden ist). Dieser Nachlasspfleger kann natürlich auch - unter der Voraussetzung der entsprechenden Qualifikation - der bisherige Betreuer sein, er wird dann aber nicht mehr als Betreuer, sondern eben als Nachlasspfleger tätig, was wegen seiner Sachnähe zum Nachlass durchaus vorteilhaft sein kann.

Somit besteht die Aufgabe des Betreuers im Todesfall des Betreuten, das Vormundschafts- und das Nachlassgericht und einen der Erben über das Ereignis zu informieren.

Hatte der Betreuer die Vermögenssorge inne, so wird er dem Vormundschaftsgericht eine Schlussrechnung legen.

 

Gerade bei unbekannten Erben könnte der Betreuer als Nachlassgläubiger auch selbst beim Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft beantragen. Die Tätigkeit des Nachlasspflegers wird auch vergütet, hierüber entscheidet das Nachlassgericht (§ 1962 BGB).

Gefährdet z. B. der bekannte Erbe die Vergütungsforderung des Betreuers, so könnte dieser nach §1881 BGB sogar eine Nachlassverwaltung beantragen.

 

Wenn der Betreute es möchte, könnte er natürlich auch zu Lebzeiten in einem Testament den bisherigen Betreuer zum Testamentsvollstrecker erklären. Dann dürfte er zur Abwicklung des Nachlasses in dieser Funktion tätig werden.

Durch sog. Bestattungsvorsorgeverträge mit einem örtlichen Bestattungsunternehmen könnten die maßgeblichen Schritte durch den umsichtigen Betreuer ohnehin bereits zu Lebzeiten in die Wege geleitet worden sein.

Maßgebend sollten jedenfalls auch zukünftig die Vorstellungen desjenigen sein, den der Verstorbene um die Wahrnehmung dieser Belange gebeten hat.

Reibungsverluste zwischen diesen und einem Betreuer bis zur Bestattung gilt es zu vermeiden.

 

 

2.     Bestehen in der Praxis Probleme bei der Fortführung der nach dem Tod des Betreuten unaufschiebbar durch den Betreuer (ehrenamtlicher und beruflicher) zu erledigenden Geschäfte (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1893 BGB) – insbesondere auch hinsichtlich möglicher Auslagen oder einer Vergütung des Betreuers, welche Lösungsmöglichkeiten bestehen?

 

Analog § 1698 b BGB hat der Betreuer die Möglichkeit, im Fall des Todes des Betreuten die Geschäfte, die nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können, zu besorgen, bis der Erbe entsprechende Fürsorge treffen kann.

Nur im Ausnahmefall hat der frühere Betreuer unaufschiebbare Dinge für den Erben zu erledigen, wenn er verhindert (oder unbekannt) ist.

Im Rahmen der Notgeschäftsführung darf der Betreuer aber nur Geschäfte ausführen, mit deren Aufschub Gefahr verbunden ist (z. B. müssten im Rahmen der Notgeschäftsführung Gefahrenquellen beseitigt werden, wie z. B. beim Zufrieren von Heizungsrohren).

 

Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 1908 i BGB, der auf § 1893 BGB verweist, der seinerseits auf § 1698 b BGB (Fortführung der elterlichen Sorge nach dem Tod des Kindes) verweist.

Jedoch sollte der bisherige Betreuer durchaus vorsichtig bei der Beantwortung der Frage sein, was unaufschiebbar ist.

Eigentlich ist es nur die Bestattung des Toten, aber auch hierfür sind andere Behörden zuständig, wenn der Erbe sich nicht darum kümmert oder nicht bekannt ist.

Nach den Landesregelungen über das Leichenwesen stellt eine nicht bestattete Leiche eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Nach diesen Regelungen haben die Familienangehörigen, auch wenn sie die Erbschaft ausgeschlagen haben, für die Bestattung zu sorgen. Andernfalls ist es Aufgabe des Ordnungsamtes, die Bestattung zu organisieren.

Aber nur wenn die Angehörigen des Verstorbenen oder das Ordnungsamt mit der Aufforderung zur Bestattung nicht erreicht werden können, stellt die Bestattung durch den Betreuer eine „Notmaßnahme“ dar; ob er hierfür auch vergütet wird, ist allerdings oftmals streitig. Die Bestattungskosten tragen grundsätzlich die Erben (§ 1968 BGB).

Vorsicht ist i. ü. per se bei der Unterschrift unter Bestattungsaufträge empfohlen. Wenn der Erbe der Meinung ist, der vom früheren Betreuer erteilte Bestattungsauftrag sei zu teuer gewesen, haftet u. U. der Betreuer selbst.

Deshalb wäre es ratsam bei derartigen Bestattungen nur Aufträge zum örtlichen Sozialamtstarif zu vergeben. Letztlich ist es empfehlenswert, den Bestattungsauftrag vom Betreuten schriftlich festzuhalten. Wünsche zur Art und Weise der Bestattung könnte der Betreute auch in einem Testament festhalten.

 

Im Übrigen erkennen einige Amtsgerichte wegen des grundsätzlich zu erwarteten Zeitaufwandes eine Vergütung der berufsmäßig geführten Betreuung noch ein/zwei Wochen über den Tod hinaus an.

 

 

3.     Welche Probleme sehen Sie bei einer eventuellen Fortführung der Betreuertätigkeit über das geltende Recht hinaus?

 

In den Fällen, in denen Erben vorhanden sind, kann es zu Konflikten kommen, mit einem Betreuer, der die Geschäfte über den Tod hinaus wahrnehmen dürfte. Mit gegebenenfalls vorhandenen Angehörigen des Verstorbenen wären Probleme vielleicht sogar vorprogrammiert, weil es um die Auslegung des mutmaßlichen Willens des Erblassers gehen würde. Das Betreueramt erlischt mithin zu Recht mit dem Tod. Daher hat der bisherige Betreuer, sobald die betreute Person tot ist, grundsätzlich keinerlei Pflichten und keine Rechte mehr diesbezüglich, insbesondere kein Recht mehr, über die Konten des Verstorbenen zu verfügen. Nach Eintritt des Todes des Betreuten entfallen die Berechtigung und die Verpflichtung des Betreuers, das Vermögen des Betreuten zu verwalten, Verfügungen zu treffen und die Erben belastende Rechtsgeschäfte abzuschließen.

Das Recht der Totenfürsorge steht – soweit ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist – primär seinen nächsten Familienangehörigen zu, so dass der Betreuer auch zukünftig nicht selbst die Bestattung veranlassen sollte.

Die Betreuung bis zur Bestattung wäre i. ü. bedenklich in den Fällen – wenngleich diese die Ausnahme und nicht die Regel darstellen - von Feuer- oder Seebestattungen, da gerade letztere zeitlich stark versetzt zum Sterbedatum stattfinden können.

 

Jedenfalls sollten im Falle einer Fortführung der Betreuertätigkeit über den Tod hinaus, die anfallenden Aufgaben klar beschrieben sein, auch in Abgrenzung zu Erben, Nachlasspfleger oder anderen beteiligten Stellen.