Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen den Entwurf für ein „Steuerbürokratieabbaugesetz“. Durch die im Regierungsentwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen soll der Steuerrechtsvollzug modernisiert und die Verfahrenskosten der Steuerveranlagung reduziert werden. Der Regierungsentwurf enthält materielle Änderungen des Steuerrechts, auf die im Folgenden, soweit sie die Freie Wohlfahrtspflege und ihre Einrichtungen betreffen, eingegangen wird.
Erwägungen zu Artikel 2:
Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV)
Zu Artikel 2 Ziffer 1:
§ 50 Abs. 1 EStDV-E: Einführung eines Wahlrechts zur Ausstellung elektronischer Zuwendungsbestätigungen
Regierungsentwurf:
„Dem § 50 Abs. 1 werden folgende Sätze angefügt:
Dieser kann die Zuwendungsbestätigung auch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermitteln. Der Empfänger der Zuwendung hat dem Zuwendenden einen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gefertigten Ausdruck der elektronischen Zuwendungsbestätigung auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen.“
Ziel des Steuerbürokratieabbaugesetzes ist u. a. die Steuererklärung von Millionen Arbeitnehmern und anderen privaten Steuerzahlern drastisch zu vereinfachen. Bisher auf Papierbasis vorzulegende Belege sollen künftig dem Finanzamt ohne zusätzlichen Aufwand für den Steuerpflichtigen auf elektronischem Wege verfügbar gemacht werden. Das neue, der elek-tronischen Lohnsteuerbescheinigung (ElsterLohn I) nachgebildete Verfahren gilt nach der Gesetzesbegründung zunächst für Zuwendungsbestätigungen der Empfänger abzugsfähiger Spenden, die Bescheinigung vermögenswirksamer Leistungen (Anlage VL) sowie für die Bescheinigungen für sogenannte Riester-Verträge (§ 10a Abs. 5 EStG) und soll mittelfristig ausgebaut werden.
Hierdurch sollen wesentliche Hindernisse beseitigt werden, die einer konsequenten Ausschöpfung der bereits seit längerem bestehenden Möglichkeit, Einkommensteuererklärungen elektronisch zu übermitteln, derzeit noch entgegenstehen. Die Steuerverwaltung soll nach der Gesetzesbegründung ferner die Informationsbasis erhalten, die sie künftig in die Lage versetzt, den Steuerzahlern eine bereits vorausgefüllte Steuererklärung mit „attraktivem Datenumfang“ bereitzustellen und damit deren bürokratischen Aufwand weiter reduzieren.
Bisher waren Zuwendungsbestätigungen von gemeinnützigen Organisationen ausschließlich in Papierform zu erstellen, durch die Erweiterung des § 50 Abs. 1 EStDV wird nun erstmals die Möglichkeit einer elektronischen Zuwendungsbestätigung geschaffen. Die Änderung ist nach der allgemeinen Anwendungsregelung in § 84 Abs. 1 EStDV bereits für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden.
Grundsätzlich begrüßen die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege die Einräumung eines Wahlrechts zur Ausstellung elektronischer Zuwendungsbestätigungen. Diese Vorgehensweise entspricht dem technischen Fortschritt der letzten Jahre und kann dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand - insbesondere den Portoaufwand - gemeinnütziger Organisationen deutlich zu senken. Ob und vor allem in welchem Ausmaß dieses Ziel erreicht wird, hängt jedoch entscheidend von der Art des gewählten Verfahrens ab.
Ausgestaltung als Wahlrecht
Unabhängig von der Art des gewählten Verfahrens ist es zu begrüßen, dass die Vorschrift grundsätzlich als Wahlrecht ausgestaltet wird, da viele Spenderinnen und Spender technisch noch nicht so ausgerüstet sind, dass sie elektronische Zuwendungsbestätigungen empfangen und im Rahmen einer elektronischen Steuererklärung verarbeiten können. Dies gilt insbesondere auch für ältere Bürgerinnen und Bürger, die nach der „Bilanz des Helfens 2008“[1] ungefähr die Hälfte des Spendenvolumens aufbringen. Zudem wären auch viele kleine Verbände und Einrichtungen kurzfristig nur mit großem technischem und personellem Aufwand in der Lage, elektronische Zuwendungsbestätigungen auszustellen.
Kurze Vorlaufzeit
Auch wenn die neue Regelung nur als Alternative zu den bisherigen Zuwendungsbestätigungen in Papierform vorgesehen ist, kann die kurze Vorlaufzeit bis zur Anwendung der Vorschrift Probleme bereiten. Viele Spenderinnen und Spender werden eine elektronische Zuwendungsbestätigung anfordern, ggf. auch rückwirkend bei der Erstellung der Einkommen-steuererklärung für das Jahr 2009. Die großen Hilfswerke werden sich dieser Forderung kaum entziehen können. Dadurch erhöht sich einerseits der Kommunikationsaufwand mit den Spendern und andererseits entsteht ggf. das Risiko, dass Zuwendungsbestätigungen doppelt ausgestellt werden, einmal in Papierform und einmal als elektronischer Datensatz. Eine unterjährige oder rückwirkende Umstellung der EDV-Systeme sollte deshalb auf alle Fälle vermieden werden. Es ist jedoch völlig unrealistisch, dass diese Umstellung noch vor dem 1. Januar 2009 bewirkt werden kann. Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände fordern folglich für die Einführung elektronischer Zuwendungsbestätigungen eine ausreichend lange Vorlaufzeit. Das Wahlrecht sollte - wie auch andere Regelungen der Gesetzesvorlage - frühestens ab dem 1. Januar 2011 eingeräumt werden.
Meldung an zentrale Stelle
Während beispielsweise bei den sogenannten Riester-Verträgen in § 10a Abs. 5 EStG-E die „Datenübertragung an die zentrale Stelle“ ausdrücklich im Gesetz verankert ist, erschließt sich das beabsichtigte Verfahren bei den elektronischen Zuwendungsbestätigungen nicht unmittelbar aus der Formulierung der EStDV. Da jedoch in der Gesetzesbegründung die elektronischen Zuwendungsbestätigungen zusammen mit den sog. Riester-Verträgen genannt werden und darauf hingewiesen wird, dass ein „der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (ElsterLohn I) nachgebildetes Verfahren“ beabsichtigt ist, geht die BAGFW davon aus, dass die Spenden der Bürgerinnen und Bürger ebenfalls an eine zentrale Stelle gemeldet werden sollen.
Die Meldung an eine zentrale Stelle setzt voraus, dass die Spenden dem jeweiligen Steuerzahler eindeutig zugeordnet werden können. Hierfür wird es (vermutlich) erforderlich sein, dass der Datensatz mit der persönlichen Identifikationsnummer des Spenders versehen wird. Dies bedeutet für die gemeinnützigen Organisationen jedoch, dass neben dem Namen und der Adresse des Spenders ein weiteres Datenfeld für die Steueridentifikationsnummer geschaffen werden muss. Aus der Umstellung der EDV-Systeme wird sich ein einmaliger Aufwand ergeben. Dieser fällt unabhängig davon an, wie viele Spenderinnen und Spender letztendlich eine elektronische Zuwendungsbestätigung wünschen. Darüber hinaus wird sich auch der laufende Aufwand aus der Erfassung und Pflege des zusätzlichen Datenfeldes auswirken. Bei der Steueridentifikationsnummer handelt es sich um eine elfstellige Ziffer, die nicht durch EDV-unterstützte Prüfroutinen plausibilisiert werden kann (wie beispielsweise der eTIN der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung oder eine Bankleitzahl). Erfassungsfehler (wie Drehfehler in der Ziffernreihenfolge) oder Auslesefehler bei Banküberweisungen sind wahrscheinlich. Zwar erhält der Spender eine „elektronische Kopie“ des gemeldeten Datensatzes, es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der Spender jeden Erfassungsfehler in der Steueridentifikationsnummer erkennen wird. Ein Mehraufwand wird sich folglich auch aus der Bearbeitung von fehlgemeldeten Datensätzen ergeben.
Offen ist auch die datenschutzrechtliche Frage, ob die einmalige Übermittlung der Steueridentifikationsnummer an die Spenden sammelnde Organisation bereits eine grundsätzliche Zustimmung zur Übermittlung aller Spenden (im gleichen Jahr oder auch in den folgenden Jahren) an die zentrale Stelle darstellt, oder ob nicht vielmehr bei jeder Spende die Zustimmung des Spenders eingeholt werden muss. Letztendlich ist ein Spender gesetzlich nicht verpflichtet, seine Spenden steuerlich geltend zu machen. Der Steuerpflichtige kann hier – anders als bei Zinserträgen – bei jeder einzelnen Spende nach eigenem Ermessen entscheiden.
Insgesamt wird sich der Kommunikations- und Verwaltungsaufwand gemeinnütziger Organisationen erhöhen. Dies kann insbesondere kleinere Verbände und Einrichtungen, die derzeit in der Regel nicht über die für ein elektronisches Meldeverfahren erforderlichen technischen und personellen Ressourcen verfügen, schnell überfordern.
Im vorliegenden Regierungsentwurf wurden die Bürokratiekosten für die elektronischen Zuwendungsbestätigungen auf Ebene gemeinnütziger Organisationen auf ca. 7,5 Mio. Euro geschätzt. Nach Ansicht der BAGFW ist angesichts des zu erwartenden laufenden Aufwands aus der Datenerfassung und –verwaltung sowie aus der Datenkorrektur dieser Betrag zu niedrig angesetzt und sollte nochmals überprüft werden[2].
Gegen ein zentrales Meldeverfahren für Spenden spricht ferner, dass sich viele Spenden steuerlich gar nicht auswirken, z. B. weil die Spenderinnen und Spender wegen der Höhe ihrer Einkünfte nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden (was u.a. immer noch für viele Rentnerinnen und Rentner gilt, die nach der „Bilanz des Helfens 2008“[3] rund die Hälfte des Spendenaufkommens in Deutschland tragen). Übermittelt der Spender in diesen Fällen (versehentlich oder vorsorglich) seine Steueridentifikationsnummer, dann werden auch diese Spenden gemeldet. Die Folge sind große zentrale Datenbestände, deren Nutzen jedoch fraglich ist.
Die Meldung an eine zentrale Stelle und die damit verbundenen großen Datenbestände können bei Spenderinnen und Spendern auch Verunsicherungen und Ängste im Hinblick auf den Datenschutz auslösen. Dieses grundsätzliche Misstrauen kann auch nicht einfach mit einem Hinweis auf das Wahlrecht des Spenders ausgeräumt werden, dass er mit der Preisgabe seiner Steueridentifikationsnummer letztendlich den Datenfluss selbst steuern kann. Viele Spenderinnen und Spender könnten von einer Spende abgeschreckt werden oder sich kleineren Organisationen zuwenden, die ggf. grundsätzlich eine Teilnahme am zentralen Meldeverfahren ablehnen. Wenn jedoch die Meldung an eine zentrale Stelle von der Mehrheit der Spenderinnen und Spendern nicht akzeptiert wird, dann wird sich der auf Ebene der Finanzverwaltung erwartete Bürokratieabbau in Grenzen halten.
Vereinfachter Zuwendungsnachweis nach § 50 Abs. 2 EStDV
Gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EStDV genügt als Nachweis für die geleistete Spende der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts. Voraussetzung ist, dass entweder die Zuwendung zur Hilfe in Katastrophenfällen innerhalb eines von der Finanzverwaltung bestimmten Zeitraums auf ein Sonderkonto einer (Mitglieds)Organisation der Freien Wohlfahrtspflege eingezahlt wurde (letztmals für die Opfer der Tsunami-Katastrophe) oder der Zuwendungsbetrag 200 Euro nicht übersteigt, wobei diese Grenze erst im letzten Jahr im Rahmen des „Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ deutlich angehoben wurde. In beiden Fälle werden von gemeinnützigen Organisationen in der Regel keine Zuwendungsbestätigungen ausgestellt, was den Verwaltungsaufwand erheblich reduziert. Hiervon profitieren insbesondere auch kleinere Organisationen, die nur über begrenzte technische und personelle Ressourcen verfügen.
Beide Regelungen dienen unbestritten dem Bürokratieabbau auf der Ebene gemeinnütziger Organisationen, deshalb gehen die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände davon aus, dass diese Vereinfachungsregelungen auch nach Einführung der elektronischen Zuwendungsbestätigung fortbestehen. Der Nutzen eines zentralen Meldeverfahrens wird sich dann jedoch in Grenzen halten, da in vielen Fällen nur ein Teil der Spenden an die Finanzverwaltung gemeldet wird und nach wie vor Papierbelege (wie z.B. Kontoauszüge) der Steuererklärung beigefügt werden müssen. Dies kann auf Ebene der Spenderinnen und Spender zur Verwirrung, ggf. auch zur Verärgerung führen, da sie bei der Erstellung ihrer Einkommensteuererklärung auch zukünftig die Spendenzahlungen zusammenstellen und die Vollständigkeit der Daten überprüfen müssen. Dem könnten gemeinnützige Organisationen entgegenwirken, in dem sie die Kommunikation mit den Spendern intensivieren oder aber von den Vereinfachungsregelungen des § 50 Abs. 2 EStDV keinen Gebrauch mehr machen. Beides hätte jedoch einen erhöhten Verwaltungsaufwand zur Folge.
Alternatives Verfahren
Das Steuerbürokratieabbaugesetz sieht bereits vor, dass der Empfänger der Zuwendung dem Spender „einen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gefertigten Ausdruck der elektronischen Zuwendungsbestätigung auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen“ hat. Hierauf aufbauend schlagen die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege vor, dass dieses bereits vorgesehene elektronische Dokument als Zuwendungsbestätigung anerkannt wird. Zudem sollten die EDV-Systeme der Finanzverwaltung so ausgerichtet werden, dass diese elektronischen Zuwendungsbestätigungen durch den Spender einfach „per Maus-Klick“ in die elektronische Steuererklärung eingebunden werden können. Auch auf diesem Wege können Zuwendungsbestätigungen mit wenig Aufwand für den Steuerpflichtigen auf elektronischem Wege verfügbar gemacht werden. Ferner werden auch hierdurch etwaige Hindernisse beseitigt, die einer elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung derzeit noch entgegenstehen.
Zwar entstehen auf Ebene der gemeinnützigen Organisationen auch bei diesem Verfahren Aufwendungen aus der (einmaligen) Umstellung der EDV-Systeme, jedoch entfällt der laufende Aufwand aus der Erfassung und der Verwaltung der Steueridentifikationsnummer (bzw. der Zustimmung oder des Widerrufs zur Datenübermittlung) sowie für die Bearbeitung fehlgemeldeter Datensätze.
Zusammenfassung
Grundsätzlich begrüßen die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege die Einräumung eines Wahlrechts zur Ausstellung elektronischer Zuwendungsbestätigungen. Diese Vorgehensweise entspricht dem technischen Fortschritt der letzten Jahre und kann dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand gemeinnütziger Organisationen zu senken.
Die BAGFW lehnt jedoch die im Steuerbürokratieabbaugesetz vorgesehene Meldung an eine zentrale Stelle ab, da dieses Verfahren auf Ebene gemeinnütziger Organisationen einen Bürokratieaufbau zur Folge hat und sie den erwarteten Nutzen für fraglich hält. Ein zentrales Meldeverfahren für Spenden entspricht nach ihrer Auffassung nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die vom Gesetzgeber intendierten Ziele auch mit einfacheren Mitteln erreicht werden können. Die BAGFW spricht sich deshalb dafür aus, Zuwendungsbestätigungen als elektronisches Dokument zuzulassen und die EDV-Systeme der Finanzverwaltung so auszurichten, dass diese elektronischen Zuwendungsbestätigungen „per Maus-Klick“ in die elektronische Steuererklärung eingebunden werden können.
Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände fordern ferner für die Einführung elektronischer Zuwendungsbestätigungen eine ausreichend lange Vorlaufzeit. Das Wahlrecht sollte - wie auch andere Regelungen der Gesetzesvorlage - frühestens ab dem 1. Januar 2011 eingeräumt werden.
[1] Deutscher Spendenrat e. V./ GfK Panel Services Deutschland GmbH: „Bilanz des Helfens 2008“
[2] Nach der „Bilanz des Helfens 2008“ (Deutscher Spendenrat e. V./ GfK Panel Services Deutschland GmbH) haben in 2006 und 2007 in Deutschland ca. 13 Mio. Bürgerinnen und Bürger gespendet. Geht man davon aus, dass hiervon die Hälfte am elektronischen Meldeverfahren teilnehmen will und setzt man den Bearbeitungsaufwand pro Spender für die Verwaltung der Steueridentifikationsnummer mit nur 3 Minuten pro Jahr an, dann ergibt sich bei durchschnittlichen Personalkosten von 23 Euro pro Stunde für gemeinnützige Organisationen bereits ein zusätzlicher Aufwand von ca. 7,5 Mio. Euro pro Jahr. Hinzukommen Sachkosten sowie die einmaligen Kosten aus der Umstellung der EDV-Systeme.
[3] Deutscher Spendenrat e. V./ GfK Panel Services Deutschland GmbH: „Bilanz des Helfens 2008“