Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen den Entwurf für ein „Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009)“. Durch die im Regierungsentwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen werden europarechtliche Vorgaben teilweise umgesetzt und der Steuerrechtsvollzug modernisiert. Der Regierungsentwurf enthält materielle Änderungen des Steuerrechts, auf die im Folgenden, soweit sie die Freie Wohlfahrtspflege und ihre Einrichtungen betreffen, eingegangen werden soll.
I. Erwägungen zu Artikel 1: Änderung des Einkommensteuergesetzes
1. Zu Artikel 1, Ziffer 3 a und b:
§ 3 Nr. 26 und 26a EStG–E: Ausweitung der sog. Übungsleiterpauschale und sog. steuerfreien Aufwandspauschale auf Tätigkeiten zugunsten gemeinnütziger Körperschaften mit Sitz im Ausland
Regierungsentwurf:
„§ 3 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 26 Satz 1 werden die Wörter „inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts“ durch die Angabe „juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet,“ ersetzt.
b) In Nummer 26a Satz 1 wird die Angabe „inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts“ durch die Angabe „juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet,“ ersetzt.
§ 3 Nr. 26 EStG-E
Nach der gegenwärtigen Regelung des § 3 Nr. 26 EStG sind Einnahmen bis zu maximal 2.100 Euro im Jahr von der Einkommensteuer befreit, sofern die Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung (AO)) resultieren. Durch den Verweis auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG waren bisher nur sog. „Übungsleiterpauschalen“ steuerbefreit, die von inländischen gemeinnützigen Körperschaften geleistet wurden.
Der EuGH hat in seinem Urteil „Jundt“ vom 18. Dezember 2007 (C 281/06) festgestellt, dass die Beschränkung der „Übungsleiterpauschale“ auf eine nebenberufliche Lehrtätigkeit, die zugunsten einer inländischen Einrichtung erbracht wird, gegen die im EG-Vertrag verankerte Dienstleistungsfreiheit verstößt.
Nach der im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Änderung wird die Anwendung der „Übungsleiterpauschale“ ausgeweitet auf Tätigkeiten, die im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeübt werden, sofern diese in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.
Voraussetzung für die Geltendmachung der „Übungsleiterpauschale“ bleibt weiterhin, dass es sich um eine Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder für eine unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke handelt. Der Verweis auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG bleibt erhalten, damit auch der Verweis auf § 51 AO.
§ 3 Nr. 26a EStG-E
Analog zu § 3 Nr. 26 EStG-E soll auch § 3 Nr. 26a EStG-E (sog. steuerfreie Aufwandspauschale) geändert werden. Durch die Änderung wird auch hier erreicht, dass der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG grundsätzlich auch dann gewährt wird, wenn eine Person im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig ist, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Darüber hinaus kann die steuerfreie „Aufwandspauschale“ nun auch von ausländischen Organisationen geleistet werden, sofern diese gemeinnützige Zwecke verfolgen und die Allgemeinheit in Deutschland oder das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland fördern.
Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen die Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 3 Nr. 26 und 26a EStG, da hierdurch beide Regelungen in Einklang mit dem Europa-Recht gebracht werden. Damit wird der Fortbestand beider Normen, die vor allem im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements eine wichtige, weil Anerkennung vermittelnde Rolle spielen, gesichert.
2. Zu Artikel 1, Ziffer 3 c:
§ 3 Nr. 34 EStG-E: Steuerfreibetrag für Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung
Regierungsentwurf:
„§ 3 Steuerfrei sind …
34. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20a des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie den Betrag von 500 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;“.
Mit § 3 Nr. 34 EStG-E wird erstmals ein Steuerfreibetrag für Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung eingeführt. Der Steuerfreibetrag soll auch Barleistungen des Arbeitgebers umfassen.
Nach der Gesetzesbegründung ist es im Interesse der Arbeitnehmer und der Unternehmer die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Aber auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist es nach Ansicht der BAGFW sinnvoll, die gesundheitliche Prophylaxe und damit die Prävention zu stärken, um dadurch dem Gesundheitswesen langfristig hohe Folgekosten zu ersparen.
Die BAGFW begrüßt deshalb ausdrücklich, dass durch einen Steuerfreibetrag der Anreiz geschaffen werden soll, betriebsinterne Maßnahmen der Gesundheitsförderung durchzuführen. Darüber hinaus reduziert diese Vorschrift den Verwaltungsaufwand und das Risiko einer Lohnsteuerhaftung, da für die angebotenen Maßnahmen bzw. für Barzuschüsse nicht mehr nachgewiesen werden muss, dass sie der Vorbeugung spezifischer berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit dienen.
3. Zu Artikel 1, Ziffer 6:
§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG-E: Einführung eines Höchstbetrages beim Sonderausgabenabzug von Schulgeld
Regierungsentwurf:
„§ 10 Abs. 1 Nr. 9 wird wie folgt gefasst:
9. 30 Prozent des Entgelts, höchstens 3 000 Euro, das der Steuerpflichtige für jedes Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem inländischen Kultusministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten bzw. einem inländischen Abschluss als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden Jahrgangs- oder Schulabschluss führt. Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit. Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.“
Mit § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG-E wird erstmals ein Höchstbetrag für Schulgeldzahlungen eingeführt, die als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können. Es handelt sich hierbei um zu berücksichtigende Aufwendungen für Schulen in freier Trägerschaft oder für überwiegend privat finanzierte Schulen.
Die noch im Referentenentwurf vorgesehene stufenweise Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für Schulgeldzahlungen wurde im vorliegenden Regierungsentwurf zurück genommen. Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege begrüßen dies ausdrücklich.
Nach der Gesetzesbegründung soll der Höchstbetrag von 3.000 Euro den wesentlichen Teil der nach bisherigem Recht als Sonderausgabe berücksichtigten Aufwendungen umfassen. Eine Begrenzung des abziehbaren Betrags sei zur Vermeidung unvorhersehbarer Haushaltsrisiken im Hinblick auf zum Teil hohe ausländische Schulgeldverpflichtungen erforderlich.
Privatschulen in kirchlicher und diakonischer Trägerschaft haben jedoch häufig ein Lehrangebot für lernbehinderte oder verhaltensauffällige Schüler aus allen Einkommensschichten. Die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs – sowohl die mit dem JStG 2009 vorgesehene Deckelung, mehr noch die bisherige Beschränkung auf 30 % der geleisteten Zahlungen – führen hier zu erheblichen Belastungen. Viele Familien können es sich nur schwerlich leisten, den Schulbesuch ihrer Kinder zu finanzieren. Pädagogische Belange werden durch monetäre Zwänge vernachlässigt und bestimmte Lehrangebote können sich nicht mehr halten. Die Regelung trifft daher vor allem Familien, deren Kinder aufgrund ihrer persönlichen Lebenssituation auf den Besuch einer Privatschule angewiesen sind.
Nach der derzeitigen Formulierung in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG-E wird ferner ein Sonderausgabenabzug nur noch für den Besuch einer allgemeinbildenden Schule gewährt. Entgegen der bisherigen Praxis soll Schulgeld für den Besuch von berufsbildenden Schulen - z. B. im Gesundheits- und Sozialbereich - rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 nicht mehr zum Sonderausgabenabzug zugelassen sein. Gleiches gilt für Ersatzschulen, die zwar auf einen Schulabschluss vorbereiten, aber nicht selbst zu einem Schulabschluss führen. Angesichts der unbestritten hohen Bedeutung von Bildung und beruflicher Qualifikation in unserer Gesellschaft kann eine solche Einschränkung des Sonderausgabenabzugs nur verwundern. Nach Ansicht der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege muss vielmehr alles unternommen werden, damit Kinder und Jugendliche bei ihrer sozialen, beruflichen und gesellschaftlichen Integration unterstützt und gefördert werden. Diesen Sachverhalt hat auch bereits der Bundesrat aufgegriffen und in seiner Sitzung am 19. September 2008 eine entsprechende Änderung der Gesetzesformulierung vorgeschlagen (Drucksache 545/08, Ziffer 5).
Die BAGFW lehnt sowohl die anteilsmäßige die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs auf 30 % als auch die vorgesehene Deckelung ab. Die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs gefährdet die Trägervielfalt von Schulen, deren öffentliche Finanzierung unzureichend ist und die daher auf das eingenommene Schulgeld angewiesen sind.
Darüber hinaus unterstützen die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände vollumfänglich das Anliegen des Bundesrates (Drucksache 545/08, Ziffer 5), den Sonderausgabenabzug auch weiterhin für den Besuch von berufsbildenden Schulen zuzulassen.
4. Zu Artikel 1, Ziffer 7 b (gleichlautend auch Artikel 3 Ziffer 7, Artikel 4 Ziffer 3b):
§ 10b Abs. 4 EStG-E (ebenso § 9 Abs. 3 KStG-E, § 9 Nr. 5 GewStG-E): Reihenfolge der Haftungsinanspruchnahme bei Veranlasserhaftung
Regierungsentwurf:
„In den Fällen des Satzes 2 zweite Alternative (Veranlasserhaftung) ist vorrangig der Zuwendungsempfänger (inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder inländische öffentliche Dienststelle oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse) in Anspruch zu nehmen; die in diesen Fällen für den Zuwendungsempfänger handelnden natürlichen Personen sind nur in Anspruch zu nehmen, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 der Abgabenordnung erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger nicht erfolgreich sind.“
Wer veranlasst, dass Spenden und Mitgliedsbeiträge nicht zu den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet gemäß § 10b Abs. 4 EStG bzw. § 9 Abs. 3 KStG für die entgangene Steuer pauschal mit 30 % des zugewendeten und fehlverwendeten Betrags. Bei Spenden von Gewerbebetrieben erhöht sich nach § 9 Nr. 5 GewStG der Haftungsbetrag um weitere 15%. Haftungsschuldner sind als Gesamtschuldner sowohl der Zuwendungsempfänger als auch die für ihn handelnde natürliche Person.
Bisher konnten beide Gesamtschuldner gleichzeitig oder auch vorrangig die natürliche Person in Anspruch genommen werden. Hierdurch ließen sich jedoch viele bürgerschaftlich interessierte Personen davon abhalten, insbesondere verantwortungsvollere Aufgaben, z. B. im Vereinsvorstand, zu übernehmen.
Um das ehrenamtliche Engagement zu unterstützen wurde im vorliegenden Regierungsentwurf für die Veranlasserhaftung nunmehr eine Reihenfolge der Inanspruchnahme der Gesamtschuldner gesetzlich geregelt. Hiernach haftet vorrangig der Zuwendungsempfänger (z.B. der Verein). Die handelnde Person wird nur in Anspruch genommen, wenn die Inanspruchnahme des Vereins erfolglos ist, der Haftungsanspruch also weder durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass oder Verjährung erloschen ist, noch Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn zum Erfolg führen.
Unverändert bleibt durch das JStG 2009 hingegen die Voraussetzungsseite. Die verschuldensunabhängige Haftung bei einer Fehlverwendung von Spenden bleibt nach wie vor bestehen. Während die Ausstellerhaftung gemäß § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG auf Fälle der groben Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes beschränkt ist, gilt eine solche Einschränkung für die Veranlasserhaftung nicht.
Die BAGFW begrüßt, dass erstmals gesetzlich geregelt ist, dass natürliche Personen bei der Veranlasserhaftung nur nachrangig in Anspruch genommen werden können. Dies kann jedoch bei der Regelung von Haftungsfragen bei ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger nur ein erster Schritt sein, verwiesen sei hier u. a. auf den Entwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlichen Vereinsvorständen (BT-Drs. 16/10120).
Für den Bereich der ertragsteuerlichen Spendenhaftung sprechen sich die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände dafür aus, die Haftungsproblematik durch ein durchgängiges Verschuldenserfordernis weiter zu entschärfen. Neben der im JStG 2009 vorgesehenen Ergänzung zur Reihenfolge der Haftungsinanspruchnahme sollte § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG (ebenso § 9 Abs. 3 KStG und § 9 Nr. 5 GewStG) wie folgt gefasst werden:
„Wer vorsätzlich oder grobfahrlässig
a) eine unrichtige Bestätigung ausstellt oder
b) veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen Zwecken verwendet werden,
haftet für die entgangene Steuer.“
Durch eine Beschränkung der Haftungstatbestände in § 10 b Abs. 4 EStG auf Fälle des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit erübrigt sich auch der Vorschlag des Bundesrates (Drucksache 545/08, Ziffer 9), die Verjährung der Spendenhaftung an die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung zu koppeln. In diesen Fällen müsste im Regelfall der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung bzw. der Steuerhinterziehung erfüllt sein. Die damit verbundene verlängerte Festsetzungsfrist von 5 bzw. 10 Jahren sollte der Finanzverwaltung ausreichen, etwaige Haftungsansprüche durchzusetzen.
Darüber hinaus sollte nicht nur bei der Veranlasserhaftung sondern auch bei der Ausstellerhaftung geregelt werden, dass natürliche Personen nur nachrangig in Anspruch genommen werden können.
II. Erwägungen zu Artikel 3: Änderung des Körperschaftsteuergesetzes
1. Zu Artikel 3 Ziffer 3 b:
§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG-E: Ausweitung der Körperschaftsteuerbefreiung auf gemeinnützige Körperschaften mit Sitz im Ausland
Regierungsentwurf:
„2. für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne § 2 Nr.1, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9,
Steuerbefreiung für ausländische gemeinnützige Organisationen
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG gilt diese Befreiung derzeit jedoch nicht für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1 KStG (ausländische Körperschaften).
Die Versagung der Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Organisationen mit Sitz im europäischen Ausland verstößt nach Auffassung des EuGH gegen die europäische Kapitalsverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGV (EuGH vom 14. September 2006 - C 386/01 Fall „Stauffer“). Mit der im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Ergänzung von § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG soll nun Abhilfe geschaffen werden. Ausländische gemeinnützige Körperschaften, die die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und §§ 51 ff. AO erfüllen, werden den inländischen gemeinnützigen Körperschaften gleich gestellt. Sie sind demnach mit ihren inländischen Einkünften von der Körperschaftsteuer befreit. Die Körperschaftsteuerbefreiung gilt dann für alle inländischen und ausländischen gemeinnützigen Körperschaften, sofern sie die Allgemeinheit (im Sinne von Bevölkerung Deutschlands) oder das Ansehen Deutschlands im Ausland fördern.
Durch die geplante Änderung sind zukünftig alle ausländischen gemeinnützige Körperschaften – also solche, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben – mit ihren inländischen Einkünften von der Körperschaftsteuer befreit. Die im Regierungsentwurf vorgesehene Umsetzung des Stauffer-Urteils geht damit weit über das Urteil hinaus, da die Steuerbefreiung nicht auf gemeinnützige Körperschaften mit Sitz in der EU beschränkt wird, sondern weltweit alle Körperschaften, die steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO (Dritter Abschnitt AO: Steuerbegünstigte Zwecke) erfüllen, umfasst.
§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG sollte deshalb wie folgt formuliert werden:
„2. für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, deren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet,“
III. Erwägungen zu Artikel 7: Änderung des Umsatzsteuergesetzes
1. Zu Artikel 7 Ziffer 2 b und c:
§ 4 Nr. 14 und 16 UStG-E: Umsatzsteuerbefreiung für ambulante und stationäre Heilbehandlungsleistungen
Regierungsentwurf zu Ziffer 2b:
„§ 4 wird wie folgt gefasst: …
14. a) Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Dia- gnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistun- gen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa) zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetz- buch,
bb) Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc) Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 34 des Siebten Buches Sozial- gesetzbuch bestehen,
dd) Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und, 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee) Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 21 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff) Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten, oder
gg) Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozial- gesetzbuch bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils be- zieht;
c) Leistungen nach den Buchstaben a und b, die von Einrichtungen nach § 140b Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erbracht werden, mit denen Verträge zur integrierten Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch beste- hen;
d) sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Buchstabe a bezeichneten Berufe oder Einrichtungen im Sinne des Buchstaben b sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung der Tätigkeiten nach Buchstabe a oder b verwendet werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert;“.
Regierungsentwurf zu Ziffer 2c
„§ 4 wird wie folgt gefasst: …
„16. die mit dem Betrieb der Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn
a) diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden oder
b) weggefallen
c) weggefallen
d) bei Altenheimen, Altenwohnheimen und Pflegeheimen im vorangegangenen Kalen- derjahr mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 61 Abs. 1 des Zwölften Bu- ches Sozialgesetzbuch oder den in § 53 Nr. 2 der Abgabenordnung genannten Per- sonen zugute gekommen sind oder
e) bei Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind;“.
Die in § 4 Nr. 14 und 16 UStG-E geplanten Änderungen beziehen sich auf die Regelung des Artikel 132 Abs. 1 b und c der Richtlinie 2006/112/EG und sollen die Entwicklungen im Bereich des Gesundheitswesens sowie der Finanzgerichtsbarkeit aufgreifen und die Umsatzsteuerbefreiung für ambulante und stationäre Heilbehandlungen in § 4 Nr. 14 UStG-E weiterentwickeln.
Durch den Verzicht, die Steuerbefreiung von jährlich nachzuweisenden bestimmten, einrichtungsbezogenen „Sozialkriterien“ abhängig zu machen, soll nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau geleistet, sondern auch der jüngsten Entwicklung der Rechtsprechung Rechnung getragen werden. Danach erfordert der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass für alle Kategorien privatrechtlicher Einrichtungen, die in Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe b MwStSystRL genannt sind, in Bezug auf die Erbringung vergleichbarer Leistungen die gleichen Bedingungen für ihre Anerkennung gelten.
Als Einrichtung anerkannt werden gemäß § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 2 Doppelbuchstabe aa UStG-E die zugelassenen Krankenhäuser nach § 108 SGB V, somit
1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2. Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), sowie
3. Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Kran- kenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.
Krankenhäuser, die nicht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden und die nicht nach § 108 SGB V zugelassen sind, sind mit ihren in § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 1 UStG genannten Leistungen steuerpflichtig, also auch mit ihren in einer Vielzahl sonstiger Krankenhausleistungen eingebetteten ärztlichen Heilbehandlungsleistungen (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 2004 V R 53/00, BStBl II S. 677). Insoweit ergibt sich nach der Begründung zum Regierungsentwurf kein Unterschied zu den Buchstaben b und c des bisherigen § 4 Nr. 16 UStG, bei denen die Nichterfüllung der dort benannten „Sozialkriterien“ ebenfalls die Steuerpflicht ihrer Leistungen zur Folge hat.
§ 4 Nr. 14 b) UStG-E:
Um eine abweichende umsatzsteuerliche Behandlung zu vermeiden, ist es zu begrüßen, dass ärztliche Heilbehandlungen sowie Krankenhausbehandlungen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht identisch beurteilt werden.
Dass es sich bei den umsatzsteuerbefreiten Leistungen um solche handelt, die medizinisch notwendig sind, hat klarstellenden Charakter. Allerdings ist es erforderlich, den Katalog der von der Umsatzsteuer befreiten Leistungen um die arztähnlichen Leistungen zu ergänzen, um auch in diesen Bereichen eine identische Behandlung gleicher Sachverhalte sicherzustellen. Hier besteht noch Ergänzungsbedarf.
§ 4 Nr. 14 b) aa) und dd) UStG-E:
Die Umsatzsteuerbefreiung für Krankenhäuser außerhalb des öffentlichen Rechts fortan nicht mehr an die Erfüllung der Voraussetzungen des § 67 AO (insbesondere Wegfall der 40 %-Grenze) anzuknüpfen, sondern stattdessen einen sozialrechtlichen Anknüpfungspunkt zu wählen, ist ebenfalls zu begrüßen. Der sachgerechte sozialrechtliche Anknüpfungspunkt ist jedoch nicht der Status als zugelassenes Krankenhaus nach § 108 SGB V oder als Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V.
Es sollte vielmehr das Ziel sein, alle medizinisch notwendigen Heilbehandlungen von zusätzlichen Kosten zu entlasten und dadurch den Zugang zu medizinischen Leistungen zu eröffnen bzw. zu erleichtern. Das Anknüpfen an den Status als Plan- oder Vertragskrankenhaus reicht dazu nicht aus, da die Umsatzsteuerbefreiung der Heilbehandlungsleistungen eines Krankenhauses dann allein von der Bedarfsplanung der Bundesländer oder vom Verhandlungsgeschick mit den Krankenkassen und damit von Unwägbarkeiten abhängig ist. Dies kann dazu führen, dass eine identische Leistung umsatzsteuerrechtlich unterschiedlich beurteilt wird. Zudem kann der Status eines Krankenhauses allein nicht entscheidend für die Umsatzsteuerfreiheit der erbrachten Heilbehandlungsleistungen sein, vielmehr muss in erster Linie auf den Charakter einer Einrichtung als Krankenhaus sowie den Charakter der Leistung als medizinisch notwendige Heilbehandlung abgestellt werden.
Die Abhängigkeit vom Status als Plan- oder Vertragskrankenhaus umfasst zudem nicht den bisherigen Umfang der Heilbehandlungsleistungen. Einige der bisher begünstigten Leistungen fallen nach der geplanten Neuregelung des § 4 Nr. 14 b UStG-E aus der Steuerbefreiung heraus.
Nach der Formulierung des Regierungsentwurfs ist eine Umsatzsteuerbefreiung nur dann einschlägig, wenn es sich „… ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht“. In der Begründung zum Regierungsentwurf wird klargestellt, dass in den Bereichen, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch bezieht, alle Leistungen umsatzsteuerbefreit sind, unabhängig davon, ob sie von Kassenpatienten, Privatpatienten oder Selbstzahlern in Anspruch genommen werden. Dies bedeutet aber auch, dass Heilbehandlungsleistungen außerhalb der Zulassung als Plankrankenhaus oder eines Versorgungsvertrages zukünftig nicht mehr umsatzsteuerfrei erbracht werden können. Bisher waren nach § 4 Nr. 16 UStG i. V. m. § 67 Abs. 1 oder Abs. 2 AO auch diese Leistungen umsatzsteuerbefreit, sofern mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen sind, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§§ 11, 13 und 26 der Bundespflegesatzverordnung) berechnet wurden.
Auch der Maßregelvollzug, der bisher nach § 4 Nr. 16 c UStG steuerfrei ist, wäre nicht mehr umsatzsteuerbefreit, da privatrechtlich geführte Krankenhäuser des Maßregelvollzuges hinsichtlich dieser Leistungen weder in den Krankenhausplan aufgenommen werden noch für die Erbringung dieser Leistungen einen Versorgungsvertrag abschließen können. Diese Einrichtungen fallen nicht unter § 108 SGB V, es handelt sich jedoch unzweifelhaft um eine Einrichtung des § 2 KHG. Fraglich ist auch, ob nach der Formulierung des § 4 Nr. 14 UStG-E die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (§ 132 d SGB V) noch umsatzsteuerbefreit ist, wenn diese durch Einrichtungen erbracht wird.
Daher sollten vielmehr die tätigkeitsbezogenen Definitionen eines Krankenhauses nach § 107 SGB V bzw. § 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) der Ausgangspunkt für die Einbeziehung eines Krankenhauses in die Umsatzsteuerbefreiung sein. Ferner bedarf es einer Ergänzung für ambulante Rehabilitationszentren und –einrichtungen. Die Regelung des § 107 SGB V umfasst nicht sämtliche Rehabilitationseinrichtungen. So fallen beispielsweise ambulante Rehabilitationszentren oder Rehabilitationseinrichtungen in Trägerschaft der Renten- oder Unfallversicherung nicht unter den Anwendungsbereich der § 2 KHG bzw. § 107 SGB V, obschon auch diese Einrichtungen Leistungen anbieten, die als Heilbehandlungsleistungen anzusehen sind und nach dem Sinn und Zweck der Umsatzsteuerbefreiungsvorschriften steuerfrei sein müssen.
Auch wenn die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen, dass im Bereich der Umsatzsteuer durch Streichung des Verweises auf § 67 AO jährlich nachzuweisende bestimmte, einrichtungsbezogene „Sozialkriterien“ nicht mehr ermittelt werden müssen, bleibt festzuhalten, dass dies nach § 67 AO u.a. für die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbefreiung sowie für die Berechtigung zur Ausstellung von steuerlich abzugsfähigen Zuwendungsbestätigungen nach wie vor der Fall ist. Gemäß § 67 Abs. 1 und 2 AO sind Krankenhäuser dann steuerbegünstigte Zweckbetriebe, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden (im Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung) bzw. wenn für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als bei Anwendung der Bundespflegesatzverordnung berechnet wird. Diese Definition des steuerlichen Zweckbetriebs bleibt durch das JStG 2009 unverändert. Mit einem Bürokratieabbau ist folglich nicht zu rechnen, vielmehr wird ein deutliches Mehr an Bürokratie zu erwarten sein, da gemeinnützige Krankenhäuser ab 2009 stets zwei Kenngrößen zur Sicherung ihrer umsatzsteuerlichen und ertragsteuerlichen Befreiung beachten und deren Nachprüfbarkeit sicher stellen müssen.
§ 4 Nr. 14 b) bb) UStG-E:
Die Bezugnahme auf § 115 SGB V allein umschreibt nicht die Leistungen, deren Umsatzsteuerbefreiung sachgerecht ist. Diese Leistungen werden vielmehr in den §§ 115 a, 115 b, 116 a sowie 116 b SGB V geregelt und stellen medizinisch notwendige Krankenhausleistungen dar, für die nicht die Regelungen der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V gelten, sondern die als ambulante Operations- bzw. Behandlungsleistungen des Krankenhauses eigenen Regelungen unterfallen. § 4 Nr. 14 b) bb) UStG-E sollte dementsprechend ergänzt werden.
§ 4 Nr. 14 d) UStG-E:
Im Rahmen der Neugestaltung der Umsatzsteuerbefreiungsvorschriften für Heilbehandlungsleistungen sollten auch die sektorenübergreifenden Kooperationen zwischen dem stationären und dem niedergelassenen Bereich von der Umsatzsteuer befreit werden. Das im JStG 2009 verfolgte Ansinnen, Leistungen dieser Kooperationen steuerfrei zu stellen, ist daher zu begrüßen. Die in § 4 Nr. 14 d) UStG-E gewählte Formulierung drückt jedoch nach Ansicht der BAGFW die Umsatzsteuerfreiheit von Kooperationsleistungen nicht deutlich genug aus. Deshalb sollte im Gesetzestext ausdrücklich das Wort „Kooperation“ genannt und § 4 Nr. 14 d) nach dem Wort „Gemeinschaften“ jeweils um den Begriff „und Kooperationen“ ergänzt werden.
Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege begrüßen grundsätzlich die Überarbeitung der § 4 Nr. 14 und 16 UStG-E, die einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten soll, Entwicklungen der Rechtsprechung umsetzt und die Kompatibilität zwischen dem deutschen Umsatzsteuerrecht und den europäischen Rechtsvorgaben herstellt. Anknüpfungspunkt für die Umsatzsteuerbefreiung sollte jedoch nicht der Status als zugelassenes Krankenhaus nach § 108 SGB V oder als Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V sein, vielmehr sollten die tätigkeitsbezogenen Definitionen eines Krankenhauses nach § 107 SGB V bzw. § 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) der Ausgangspunkt für die Einbeziehung eines Krankenhauses in die Umsatzsteuerbefreiung sein. Um die Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen vollumfänglich zu erreichen, sollten ferner § 4 Nr. 14 b) bb) und d) UStG-E um die dargestellten Punkte ergänzt werden.
IV. Erwägungen zu Artikel 8: Änderung der Umsatzsteuer – Durchführungs-
verordnung
Zu Artikel 8 Nr. 3 - neu –
(Entwurf eines Änderungsantrags der Fraktionen CDU/CSU und SPD)
§ 23 Nr. 12 - neu- UStDV-E: Aufnahme des Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V. in den Katalog der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege)
„Dem Artikel 8 wird folgende Nummer 3 angefügt:
3. In § 23 Nr. 11 wird am Ende ein Semikolon eingefügt und es wird folgende Nummer 12 angefügt:
12. Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. “
Aus Sicht der BAGFW besteht kein Bedarf für die vorgeschlagene Regelung, da der Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V. bereits unstreitig Mitglied des in § 23 Nr. 3 UStDV genannten Spitzenverbandes der Freien Wohlfahrtspflege ist.
Zudem würde § 23 UStDV unübersichtlich, wenn alle selbständigen und unselbständigen Untergliederungen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in die Aufzählung aufgenommen würden. Durch die Aufnahme des Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. in § 23 UStDV wäre jedoch ein Präzedenzfall geschaffen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu derartigen Bestrebungen weiterer gemeinnütziger Organisationen führen wird. In der Folge wäre die Ordnungsfunktion des § 23 UStDV nicht mehr gewährleistet.
Aus diesen Gründen lehnen die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege den Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD ab.
V. Erwägungen zu Artikel 10: Änderung der Abgabenordnung
1. Zu Artikel 10 Ziffer 4:
§ 51 Abs. 1 Satz 4 KStG-E: Versagung der Gemeinnützigkeit für extremistische oder verfassungsfeindliche Organisationen
Regierungsentwurf:
„§ 51 wird wie folgt ergänzt:
(1) … Eine Steuervergünstigung setzt voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt.“
Mit dem JStG 2009 soll § 51 AO dahingehend ergänzt werden, dass Körperschaften, die nach ihrer Satzung oder bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördern, die Anerkennung als gemeinnützige Organisation versagt wird. Dies wurde von der Finanzverwaltung zwar bisher auch schon praktiziert (AEAO, Nr. 16 zu § 52 AO), durch die Aufnahme in die Abgabenordnung erhält diese Regelung jedoch Gesetzesrang und gewinnt dadurch an Bedeutung. Die Bezugnahme auf § 4 Bundesverfassungsschutzgesetz dient der Rechtsklarheit, eine eigenständige steuerrechtliche Definition extremistischer oder verfassungsfeindlicher Handlungen wird dadurch vermieden.
Ferner sollen auch Körperschaften, die dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandeln, von der Gemeinnützigkeit ausgeschlossen werden. Dies ist nach der Intention des Gesetzgebers folgerichtig, aufgrund der unbestimmten Rechtsbegriffe können sich jedoch in der praktischen Anwendung erhebliche Auslegungsfragen ergeben.
Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen den Ausschluss von extremistischen bzw. staatsfeindlichen Organisationen vom Gemeinnützigkeitsrecht, weil eine Körperschaft, die letztendlich der Allgemeinheit schadet nicht noch durch Steuererleichterungen begünstigt werden soll. Eine steuerliche Begünstigung solcher Organisationen kann in der Öffentlichkeit den Nutzen des Gemeinnützigkeitsrechts insgesamt in Frage stellen.
Zur Wahrung der Bürgerrechte muss jedoch sichergestellt sein, dass sich dieser Ausschluss auch nur tatsächlich auf extremistische oder verfassungsfeindliche Organisationen beschränkt. Bürgerprotestbewegungen oder gewaltfreier Widerstand gegen Maßnahmen des Staates dürfen – wie bisher bereits im Anwendungserlaß zur Abgabenordnung (AEAO Nr. 16 zu § 52 AO) geregelt – von der Gesetzesänderung nicht betroffen sein.
2. Zu Artikel 10 Ziffer 4:
§ 51 Abs. 2 AO-E: Gesetzliche Definition der Allgemeinheit und ihrer Förderung
Regierungsentwurf:
„§ 51 wird wie folgt ergänzt:
…
(2) Werden die steuerbegünstigten Zwecke im Ausland verwirklicht, setzt die Steuervergünstigung voraus, dass die Allgemeinheit gefördert wird. Allgemeinheit sind die natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Die Allgemeinheit wird auch gefördert, wenn die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland dient.“
Auslöser für die Ergänzung von § 51 AO ist nach der Gesetzesbegründung ebenfalls der Fall Stauffer (Urteil des EuGH vom 14. September 2006 - C 386/01). Gemeinnützigkeitsrechtliche Fragen waren im Verfahren „Stauffer“ jedoch nur inzident angesprochen, denn der Bundesfinanzhof als vorlegendes Gericht hatte die klagende Stiftung auch nach deutschem Recht als gemeinnützig betrachtet, so dass die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG als erfüllt galten.
Mit der im Regierungsentwurf vorgelegten Änderung wird der von der Finanzverwaltung bereits angewandte sog. „strukturelle Inlandsbezug“ nunmehr ausdrücklich gesetzlich in § 51 AO verankert. Der EuGH selbst hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass dies europarechtlich möglich sei. Nicht umgesetzt wurde hingegen eine Lösung, die ein „europäisches Gemeinwohl“ zugrunde legt, bei der eine Körperschaft ihre gemeinnützigen Zwecke auch im Gemeinschaftsgebiet verfolgen kann.
Um den Inlandsbezug für alle steuerbegünstigten Zwecke vorzuschreiben, wurde das Tatbestandsmerkmal „vor die Klammer gezogen“ und in die allgemeine Vorschrift des § 51 AO integriert. Die Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Ausland ist danach nur noch möglich, wenn entweder die Allgemeinheit im Sinne der Bevölkerung Deutschlands oder aber das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gefördert wird.
Während im Fall „Stauffer“ letztendlich nur entschieden wurde, dass eine gemeinnützige Körperschaft mit Sitz im EU-Ausland mit ihren inländischen Einkünften von der Körperschaftsteuer freizustellen ist, geht die Umsetzung im JStG 2009 somit weit über den entschiedenen Fall hinaus. Bei der Ausweitung der Körperschaftsteuerbefreiung auf ausländische gemeinnützige Organisationen wurde dies bei den Erwägungen zu Artikel 3 bereits dargelegt. Durch die Verankerung des Inlandsbezugs in § 51 Abs. 2 AO soll einerseits die Steuerbefreiung für ausländische gemeinnützige Organisationen sowie der Sonderausgabenabzug für Spenden an ausländische Organisationen eingeschränkt werden, gleichzeitig werden jedoch auch inländische Organisationen bei der Verfolgung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecke im Ausland erheblich beeinträchtigt.
Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland
Nach der Gesetzesbegründung wird der Inlandsbezug nun für alle Tätigkeiten vorgeschrieben, mit denen die steuerbegünstigten Zwecke im Ausland verwirklicht werden. Dies hat zur Folge, dass ab 2009 bei einer Zweckverfolgung im Ausland neben der Verwirklichung der satzungsgemäßen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke nun auch das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gefördert werden muss. Die Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland wird damit zum Regeltatbestand und – zum Erhalt der Gemeinnützigkeit – ebenso wichtig, wie die Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben. Dies ist mit dem Selbstverständnis und der Motivation der Freien Wohlfahrtspflege kaum vereinbar.
Auch ist der ganz und gar unbestimmte Rechtsbegriff „Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ auslegungsbedürftig. Für die gemeinnützige Arbeit dürfte die Einführung dieses wenig greifbaren Rechtsbegriffs viele offene Fragen und dementsprechend Rechtsunsicherheit verursachen. Dieser Rechtsbegriff unterliegt ferner einer in hohem Maße subjektiven Beurteilung. Daraus kann sich die Gefahr einer politischen Instrumentalisierung gemeinnützigen Handelns ergeben.
Generell stellt sich auch die Frage, wie ein Regeltatbestand „Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ von der Finanzverwaltung geprüft und von gemeinnützigen Organisationen im Rahmen einer – in der Regel mehrere Jahre später erfolgenden – steuerlichen Außenprüfung nachgewiesen werden soll. Wie problematisch dies im Einzelfall sein kann, zeigen die nachfolgenden Beispiele.
Im Bereich der Entwicklungshilfe sowie der Not- und Katastrophenhilfe ist es üblich, dass große Hilfsprojekte im Rahmen internationaler Kooperationen abgewickelt werden. Die deutschen Hilfswerke treten hierbei in der Regel nicht explizit als deutsches Hilfswerk auf, sondern werden unter dem Logo des internationalen Verbundes tätig.
Ferner werden deutsche Hilfswerke vor Ort oft nicht selbst tätig, sondern kooperieren mit nationalen Partnern / Organisationen. Als Beispiel sei Caritas international genannt: Caritas international will Hilfsbedürftige in die Lage bringen, sich aus eigener Kraft eine Zukunft zu schaffen. Dafür ist die Zusammenarbeit mit einheimischen Caritasmitarbeitern besonders wichtig. Sie kennen die örtlichen Gegebenheiten, sind verwurzelt mit ihrer Heimat und genießen das Vertrauen der Menschen. Deutsche Mitarbeiter von Caritas international gehen als einzelne Berater nur dann vor Ort, wenn die lokale Caritas Unterstützung benötigt oder lokale Netzwerke aufgrund von Krisen nicht mehr tragfähig sind.
In beiden Fällen ist in der Öffentlichkeit nicht unmittelbar erkennbar, dass die geleisteten Hilfen mit Mitteln aus Deutschland realisiert werden. Folglich kann hierdurch das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland wohl kaum gefördert werden. Zur Vermeidung von steuerlichen Risiken wären die deutschen Hilfswerke letztendlich gezwungen, bei diesen Hilfskampagnen im Ausland deutlich auf die Herkunft der Mittel aus Deutschland hinzuweisen. Diese Vorgehensweise kann zwar im Land der Hilfeleistung der Förderung des Ansehens Deutschlands noch dienlich sein, im übrigen Ausland – insbesondere auch in den Ländern der EU – würde eine solche Vorgehensweise vermutlich eher Befremden auslösen.
Ferner stellt sich die Frage, welches Ansehen maßgebend sein soll, das Ansehen im Ausland generell oder nur das Ansehen in dem Land, in dem die Hilfe geleistet wird? Hilfen, die in einem Land das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland fördern, können in einem anderen Land genau das Gegenteil bewirken (z.B. Israel / Palästina oder China/Tibet).
Es stellt sich auch die Frage, ob die Gemeinnützigkeit ex post aberkannt werden kann, wenn Hilfsprojekte zwar dem bisherigen deutschen Gemeinnützigkeitsrecht entsprochen haben, vor Ort jedoch aufgrund von unterschiedlichen Weltanschauungen, Werten oder Zielvorstellungen der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland faktisch nicht gedient haben. Nach welchen Kriterien und Werten soll festgestellt werden, was der „Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ dient?
Nach Ansicht der in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege können hier letztendlich nur nationale Weltanschauungen und Werte zugrunde gelegt werden. Aber auch dann bleibt die Frage offen, wer auf nationaler Ebene die Kriterien oder Werte festlegt. Nach dem vorliegenden Regierungsentwurf wird diese Aufgabe der Finanzverwaltung und – letztendlich – der Finanzgerichtsbarkeit überlassen. Dies ist nach Auffassung der BAGFW der falsche Weg. Die beiden Fragen, welche Zwecke inländische gemeinnützige Körperschaften im Ausland verfolgen können und für welche Zwecke ein Spendenabzug auch für Spenden an Organisationen im EU-Ausland zulässig sein soll, sollten demokratisch legitimiert durch das Parlament entschieden werden. Diese Vorgehensweise entspricht der herausragenden Bedeutung des Gemeinnützigkeitsrechts, das die institutionell-rechtlichen Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement schafft, und das damit gleichzeitig ein Gestaltungselement der Zivilgesellschaft darstellt, das über eine rein steuerliche Erfassung eines Sachverhaltes hinausreicht.
Spenden an ausländische Organisationen
Die Verankerung des Inlandsbezugs in § 51 Abs. 2 AO-E soll letztendlich die Steuerbegünstigungen für ausländische gemeinnützige Organisationen beschränken. Die gewählte Formulierung ist jedoch nach Ansicht der BAGFW nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Als Beispiele seien ein Karnevalsverein in Südamerika oder ein Verein der traditionellen Brauchtumspflege in Nordamerika genannt. Beide Vereinszwecke dienen nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO grundsätzlich der Förderung der Allgemeinheit. Erfüllen die zwei Vereine darüber hinaus auch die übrigen Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO dann sind diese nach dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht als gemeinnützig anzuerkennen. Dies gilt auch für ihre ausländischen Tätigkeiten (z.B. in ihren Heimatländern), sofern diese „der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland dienen“. Dieses Tatbestandsmerkmal müsste erfüllt sein, wenn bei der Ausübung der Tätigkeit z.B. öffentlich auf die Herkunft von Spendengeldern aus Deutschland hingewiesen wird. Die inländischen Einkünfte dieser Vereine wären nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 2 Nr. 2 KStG-E von der Körperschaftsteuer befreit und folglich Spenden an diese Organisationen nach § 10 b Abs. 1 EStG steuerlich abzugsfähig. Der Finanzverwaltung verbleibt in diesen Fällen als letztes Mittel dann nur noch, die verwaltungstechnischen Hürden so hoch zu setzen, dass es sich für ausländische Organisationen bzw. für Spender nicht lohnt, eine Steuerbegünstigung in Deutschland geltend zu machen.
Zu § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG haben die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege bereits vorgeschlagen, die Körperschaftsteuerbefreiung auf Organisationen mit Sitz in der EU zu beschränken. Die Frage, ob und für welche Zwecke ein Sonderausgabenabzug auch für Spenden an Organisationen im EU-Ausland zulässig sein soll, kann derzeit jedoch nicht abschließend beantwortet werden. Im Fall „Stauffer“ hat sich der EuGH hierzu nur inzident geäußert und seine Entscheidung im Fall „Persche“ (C 318/07), in dem die Zulässigkeit des Sonderausgabenabzugs für eine Sachspende an eine portugiesische soziale Einrichtung verhandelt wird, steht derzeit noch aus. Eine Regelung des Sonderausgabenabzugs für Spenden an ausländische Organisationen im JStG 2009 kann damit nur vorläufig erfolgen und wird sicherlich weitere Reformen erforderlich machen.
zu § 52 AO Gemeinnützige Zwecke
Nach dem bisherigen Wortlaut des § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft dann gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Weitere gesetzliche Vorgaben zur Auslegung des Begriffs „Allgemeinheit“ bestehen derzeit nicht.
Mit der Verankerung des Inlandsbezugs in § 51 Abs. 2 AO-E wurde die steuerbegünstigte Allgemeinheit gesetzlich definiert, diese Definition unterscheidet sich jedoch von der Negativabgrenzung in § 52 Abs. 1 AO. Nach der Gesetzesbegründung soll die gesetzliche Definition des § 51 Abs. 2 AO-E nur bei der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland zur Anwendung kommen. Die BAGFW lehnt jedoch den vorliegenden Inlandsbezug in § 51 Abs. 2 AO-E aus den bereits genannten Gründen ab.
Der Bundesrat (Drucksache 545/08, Ziffer 50) hat vorgeschlagen, § 52 Abs. 1 AO um folgenden Satz zu ergänzen:
"Allgemeinheit in diesem Sinne sind die natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt auch dann vor, wenn die Tätigkeit der Körperschaft mit einer Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland verbunden ist."
Die BAGFW teilt die Auffassung des Bundesrates, dass eine Definition der Allgemeinheit (wenn überhaupt) bei den gemeinnützigen Zwecken in § 52 Abs. 1 AO erfolgen sollte. Die vom Bundesrat formulierte Definition wird jedoch ebenfalls abgelehnt, da diese Definition auch bei der Verwirklichung von steuerbegünstigten Zwecken im Inland zu Problemen führen kann.
Eine Beschränkung der Allgemeinheit auf „ … natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben“ hat zur Folge, dass Hilfen zugunsten ausländischer Bürgerinnen und Bürger, auch wenn diese Hilfen in Deutschland geleistet werden, nur noch dann dem Allgemeinwohl dienen, wenn diese Hilfen „…mit einer Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland verbunden“ sind. Dies könnte für einige Bereiche der Freien Wohlfahrtspflege in Frage gestellt werden z.B. im Bereich der Flüchtlings- oder Obdachlosenhilfe. Auch ist fraglich, ob bei einer solch engen Definition der Allgemeinheit ausländischen Bürgerinnen und Bürgern, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten (Geschäftsreisende, Touristen), z.B. nach einem Autounfall durch Rettungsdienste oder Krankenhäuser noch so einfach geholfen werden kann. Menschen, die sich in Deutschland aufhalten, aber (noch) keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, können ggf. nicht mehr steuerbegünstigt unterstützt werden, denn diese Personen zählen nach der Definition des Bundesrates nicht mehr zur „Allgemeinheit“. Letztendlich kann diese enge Definition der Allgemeinheit zu einer Einschränkung der steuerbegünstigten Bereiche führen, in letzter Konsequenz kann auch der Verlust der Gemeinnützigkeit die Folge sein.
zu § 53 AO Mildtätige Zwecke
Eine Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, natürliche Personen selbstlos zu unterstützen. Die Formulierung des § 53 AO setzt gerade nicht voraus, dass eine „Allgemeinheit“ gefördert wird, sondern dass einzelnen, in Not geratenen Menschen geholfen wird. Wenn nun mit § 51 Abs. 2 AO-E bei der Verfolgung mildtätiger Zwecke im Ausland zusätzlich die Förderung einer „Allgemenheit“ vorgeschrieben wird, dann widerspricht dies der Definition mildtätiger Zwecke in § 53 AO, die Vorschrift läuft ins Leere.
Darüber hinaus sollten sich nach Ansicht der in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände die mildtätigen Hilfen allein an den Bedürfnissen der in Not geratenen Menschen ausrichten, unabhängig davon, ob sich diese im Inland oder im Ausland aufhalten. Mildtätige Hilfen können nicht danach bewertet werden, ob sie „der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland dienen“ oder sogar mit einer „Steigerung dieses Ansehens im Ausland verbunden sind“. Eine solche Auffassung mildtätiger Hilfen entspricht weder dem Selbstverständnis noch der Motivation der Freien Wohlfahrtspflege. Die BAGFW lehnt folglich für mildtätige Zwecke die gesetzliche Verankerung eines Inlandsbezugs sowohl in der Formulierung des Regierungsentwurfs als auch in der Formulierung des Bundesrates (Drucksache 545/08, Ziffer 50) ab.
zu § 58 AO (Bundesrats-Drucksache 545/08, Ziffer 50)
Der Bundesrat hat vorgeschlagen, § 58 Nr. 1 AO wie folgt zu ergänzen:
"Eine Mittelbeschaffung für Körperschaften, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, setzt voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt sind oder dass die Mittelweitergabe als solche mit einer Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland verbunden ist."
Bei dieser Formulierung wird ebenfalls der unbestimmte Rechtsbegriff „Steigerung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ verwendet, die vorgeschlagene Änderung wird deshalb von der BAGFW wegen der bereits dargelegten Gründe abgelehnt. Auf eine Änderung des § 58 Nr. 1 AO kann verzichtet werden, wenn die steuerbegünstigten Zwecke, die auch im Ausland verwirklicht werden können, klar definiert werden. Für diese steuerbegünstigten Zwecke wäre es dann – wie bisher – möglich, dass inländische Förder- und Spendensammelvereine Spendenmittel einwerben und an ausländische Körperschaften zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke weiterreichen.
Reformbedarf besteht nach Ansicht der BAGFW hingegen bei § 58 Nr. 2 AO. Nach einer Verfügung der OFD München vom 23. November 2001 (S 2223 – 145 St 41) kann die Weitergabe von Mitteln an Körperschaften, die im Inland weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, nicht auf § 58 Nr. 2 AO gestützt werden. Die Weitergabe von Mitteln an ausländische (Partner)organisationen kann derzeit nach Auffassung der Finanzverwaltung allein nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AO (Einschaltung einer Hilfsperson) erfolgen. Durch diese Rechtsauffassung werden insbesondere internationale Kooperationen und Partnerschaften behindert. Die BAGFW würde es deshalb begrüßen, wenn § 58 Nr. 2 AO im JStG 2009 für die Weitergabe von Mittel an ausländische Körperschaften geöffnet würde.
FAZIT:
Die BAGFW begrüßt grundsätzlich, dass das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht reformiert und an die Anforderungen des EU-Rechts angepasst werden soll. Hierdurch wird der Fortbestand des Gemeinnützigkeitsrechts gesichert.
Die im Regierungsentwurf vorgelegte Ergänzung in § 51 Abs. 2 AO ist mit dem Selbstverständnis und der Motivation der Freien Wohlfahrtspflege jedoch kaum vereinbar. Sie kann zudem zu erheblichen Auslegungsdifferenzen führen. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege lehnen sie daher ab, sie fordern vielmehr die Streichung der geplanten Neuregelung des § 51 Abs. 2 AO.
Eine Definition der Allgemeinheit sollte (wenn überhaupt) bei den gemeinnützigen Zwecken in § 52 Abs. 1 AO erfolgen. Die Formulierung sollte so ausgestaltet sein, dass sie einerseits den EU-rechtlichen Anforderungen genügt und andererseits inländischen Organisationen bei der Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke im Ausland die notwendige Rechtssicherheit verschafft. Ob und in welcher Form ein Inlandsbezug den EU-rechtlichen Anforderungen genügt, ist derzeit jedoch noch offen, Klarheit wird erst der Abschluss des Verfahrens „Persche“ (C 318/07) bringen.
Für den Bereich der mildtätigen Hilfen im Ausland lehnen die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege die gesetzliche Verankerung eines Inlandsbezugs in jeder Form ab. Mildtätige Hilfen sollten sich sowohl im Inland als auch im Ausland ausschließlich an den Bedürfnissen der in Not geratenen Menschen ausrichten.
3. Zu Artikel 10 Nr. 4a neu (Bundesrats-Drucksache 545/08, Ziffer 51)
§ 60 Abs. 1 AO: Einführung einer Mustersatzung für gemeinnützige Vereine
Der Bundesrat hat vorgeschlagen mit § 60 Abs. 1 AO und einer Anlage 1 zur AO eine Mustersatzung für gemeinnützige Vereine gesetzlich vorzuschreiben. Die BAGFW sieht hierfür keinen Bedarf. Die derzeitige Regelung gewährleistet ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rechtssicherheit und Gestaltungsfreiheit. Zudem möchte die BAGFW auf folgende Punkte hinweisen:
Nach der Überschrift in der Mustersatzung soll diese nur für gemeinnützige Vereine gelten. Viele gemeinnützige Körperschaften werden jedoch in der Rechtsform einer GmbH geführt. Für diese schreibt bereits das GmbHG bestimmte Inhalte für die Satzung vor. Aus Sicht der BAGFW macht es keinen Sinn, eine Mustersatzung allein für Vereine vorzuschreiben. Dies könnte zur Folge haben, dass je nach Rechtsform unterschiedliche Ansprüche an die steuerlichen Pflichtbestandteile einer Satzung gestellt werden. Dies widerspricht nach Auffassung der BAGFW dem Gleichheitsgrundsatz.
Ein weiteres Problem könnte sich daraus ergeben, dass mit der Mustersatzung konkrete Formulierungen gesetzlich vorgeschrieben werden, die so noch nicht in allen Satzungen der Freien Wohlfahrtspflege aufgeführt sind. Um zu vermeiden, dass diesen Körperschaften die Gemeinnützigkeit aberkannt wird bzw. eine kurzfristige Satzungsänderung erforderlich wird, sollte bei Einführung einer Mustersatzung entweder Bestandsschutz für alle bereits anerkannten gemeinnützigen Organisationen oder aber eine ausreichend lange Übergangsfrist für etwaige Satzungsänderungen gewährt werden.
VI. Weiterer Reformbedarf
§ 3 Nr. 11 EStG-E: Steuerbefreiung für Aufwandsentschädigung an Gastfamilien für die Aufnahme erwachsener Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege schlägt vor, den Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2009 in Artikel 1 – Änderung des Einkommensteuergesetzes – wie folgt zu ergänzen:
„§ 3 wird wie folgt geändert:
11. Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern oder die an Dritte geleistet werden und von diesen zweckentsprechend zu verwenden sind. Darunter fallen nicht Kinderzuschläge und Kinderbeihilfen, die aufgrund der Besoldungsgesetze, besonderer Tarife oder ähnlicher Vorschriften gewährt werden. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmen Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet wird. Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen;“
Begründung:
Die Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland für Menschen mit Behinderungen ist seit Jahren von der Zielsetzung geprägt, gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe, Selbstbestimmung, Barrierefreiheit und das Verbot der Diskriminierung zu verwirklichen. Im Bereich des Leistungsrechts stellt die „Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“ nach dem SGB XII - Sozialhilfe die wichtigste Hilfeart dar. Zentral ist hier die „Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten“ (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII). Hierzu zählt auch das Betreute Wohnen in Gastfamilien, bei dem erwachsene Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung in einer Familie leben. Die Gastfamilie erhält für ihre Leistung eine Aufwandsentschädigung, die sich aus einem Pflegegeld, einem Betreuungsgeld sowie den Kosten für Unterkunft und Verpflegung zusammensetzt.
Das Betreute Wohnen in Gastfamilien bzw. die Familienpflege ist ein Angebot insbesondere für Menschen, die mehr als ambulante Hilfe benötigen, für die aber der Rahmen stationärer Angebote problematisch ist, z. B. wegen besonderen Verhaltens, Anpassungsproblemen oder der Mitbetreuung von minderjährigen Kindern. Darüber hinaus stärkt das Betreute Wohnen das Wunsch- und Wahlrecht, da dadurch das Leben in einer weiteren wählbaren Wohnform ermöglicht und die Selbstbestimmung von Menschen gestärkt wird. Eine große Chance, die das Betreute Wohnen in Gastfamilien bietet, liegt in einem Mehr an Teilhabe, da Menschen mit Behinderungen durch die Anbindung an Familien und ggf. auch an deren soziales Netzwerk, mitten in unserer Gesellschaft leben können. Im Sinne von Normalisierung, Teilhabe und Leben in der Gemeinde ist das Betreute Wohnen in Gastfamilien deshalb besonders zu fördern.
Mit der Änderung des § 3 Nr. 11 EStG soll eine steuerrechtliche Klarstellung dahingehend erfolgen, dass diese Aufwandsentschädigung an Gastfamilien eine von der Einkommensteuerpflicht befreite Leistung darstellt.
Hintergrund der notwendigen Klarstellung ist, dass das Bundesfinanzministerium sowie die die Oberfinanzdirektion Karlsruhe in 2007 Stellung genommen haben zur steuerlichen Behandlung des Betreuten Wohnens für behinderte Menschen in Gastfamilien. Danach soll der Erlass des BMF vom 13. April 2007 (bzw. 20. November 2007) zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in der Tagespflege auch auf die Geldleistungen Anwendung finden, die Gastfamilien bei der Aufnahme von Menschen mit Behinderungen im Rahmen des Betreuten Wohnens gezahlt werden.
Die Folge ist, dass nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums Gastfamilien aus dem Betreuten Wohnen eines behinderten Menschen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen. Der Abzug einer monatlichen Betriebsausgabenpauschale von 300,00 € pro in der Gastfamilie aufgenommenen behinderten Menschen wurde zugelassen.
Eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 11 EStG wird vom Bundesfinanzministerium abgelehnt mit der Begründung: „Empfänger einer steuerfreien Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG kann nur derjenige sein, dem sie im Hinblick auf den Zweck der Leistung bewilligt wird. Beim betreuten Wohnen für behinderte Menschen durch Gastfamilien ist nach den §§ 41, 53 SGB XII die behinderte Person selbst anspruchsberechtigt, so dass auch nur bei ihr die Steuerfreiheit zum Tragen kommt. Damit unterscheidet sich die Konstellation entscheidend von der Vollzeitpflege. Dort steht die laufende Geldleistung nach § 39 SGB VIII den Pflegeeltern zu, so dass diese bei der Pflegefamilie als Beihilfe zur Erziehung steuerfrei behandelt werden kann.“
Zur Begründung des Bundesfinanzministeriums ist anzumerken, dass die einkommensteuerrechtliche Parallele zwischen Betreutem Wohnen für behinderte Menschen in Gastfamilien und der Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII grundsätzlich zutreffend ist. Allerdings ist Anspruchsberechtigter auf Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII das Kind bzw. der Jugendliche. § 39 SGB VIII konstruiert keine eigenständigen Ansprüche der Pflegeeltern, sondern stellt lediglich Bemessungsgrundlagen für die Leistungen dar. Dies wird bestätigt durch die Kostenerstattungsvorschrift des § 91 SGB VIII, die in Abs. 1 Ziffer 58 die Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII nennt, aber nicht eine „Leistung nach § 39 SGB VIII“. Damit ist auch im Fall der Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII der Empfänger der steuerfreien Beihilfe nicht derjenige, dem sie im Hinblick auf den Zweck der Leistung bewilligt wurde. Für die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände ist es deshalb nicht nachvollziehbar, dass Pflegegelder beim Betreuten Wohnen für behinderte Menschen in Gastfamilien und Pflegegelder der Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII im Rahmen der Einkommensteuer unterschiedlich behandelt werden. Ein Anreiz zur Aufnahme behinderter Menschen in Gastfamilien oder eine Anerkennung der geleisteten Arbeit wird damit nicht geschaffen. Die Integrationsleistung von Gastfamilien und deren Engagement für ein gemeinsames Leben und einen gemeinsamen Alltag von Menschen mit und ohne Behinderung würde durch dieses Vorgehen missachtet.
Um trotz der nicht nachvollziehbaren Darlegung des Bundesfinanzministeriums die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 11 EStG auch Gastfamilien zu ermöglichen, die Menschen mit Behinderung bei sich aufnehmen, sollte nach Auffassung der BAGFW der Wortlaut des § 3 Nr. 11 EStG dahingehend ergänzt werden, dass § 3 Nr. 11 EStG auch auf Bezüge aus öffentlichen Mitteln Anwendung findet „die an Dritte geleistet werden und von diesen zweckentsprechend zu verwenden sind“.