Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente

Die BAGFW befürchtet, dass durch die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente die Eingliederungschancen gerade von benachteiligten Menschen nicht steigen.

A. Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen

 

          I.    Die BAGFW befürchtet, dass durch die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente die Eingliederungschancen gerade von benachteiligten Menschen nicht steigen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass Maßnahmen, die sich in der Vergangenheit als passgenau erwiesen haben, nach den Neuregelungen nicht wie bisher erbracht werden können.

        II.    Das in § 45 SGB III-neu vorgesehene Aufstockungs- und Umgehungsverbot ist aufzuheben, da ansonsten Arbeitsuchende bei der Anbahnung und Aufnahme einer Beschäftigung nicht in dem Maße wie bisher unterstützt werden können.

       III.    Die BAGFW fordert, dass die für die Integration in den Arbeitsmarkt gerade von Benachteiligten wesentlichen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 46 SGB III-neu) keine zeitliche Befristung aufweisen, damit die im Einzelfall erforderliche Maßnahme geleistet werden kann. Zur vorgesehenen Anwendung des Vergaberechts sind Alternativen in der Beschaffung vorzusehen.

      IV.    Die BAGFW fordert, den Rechtsanspruch auf Maßnahmen zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses nicht allein an die berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu koppeln, sondern maßnahmeoffen zu gestalten.

       V.    Die institutionelle Förderung des Jugendwohnens ist beizubehalten.

      VI.    Anstelle der vorgesehenen Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach AufenthG soll berufsspezifische Sprachförderung als Leistung zur Eingliederung in Arbeit im SGB II aufgenommen werden.

     VII.    Der Vorrang der Vermittlung von Jugendlichen unter 25 Jahren in eine Ausbildung ist ausdrücklich im Gesetz klarzustellen.

   VIII.    Die BAGFW fordert die Ausgestaltung des § 16 f SGB II-neu als Generalklausel. Zumindest muss das in § 16 f SGB II vorgesehene Budget auf mindestens 30 % erhöht werden und das Aufstockungs- und Umgehungsverbot gestrichen werden.

      IX.    Die BAGFW fordert die Beibehaltung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auch für Leistungsberechtigte im SGB II.

       X.    Die vorgesehene Einschränkung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch gegen Verwaltungsakt und Klage schränkt den Rechtsschutz der Betroffenen unverhältnismäßig ein und ist daher nicht einzuführen.

 

 

B. Im Einzelnen

 

 

 

       I.    Generelle Bewertung

 

Die BAGFW unterstützt die Intention des Gesetzgebers, durch eine Zusammenführung und Neuordnung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente im SGB II und SGB III eine zielgenauere und effektivere Förderung zu erreichen. Erforderlich ist aus Sicht der BAGFW überdies ein höheres Maß an Flexibilität, das eine individuellere, an den Integrationsbedarfen der Arbeitsuchenden ausgerichtete Förderung ermöglicht. Dies ist insbesondere durch eine dezentrale Ausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente zu erreichen. Obwohl der Gesetzentwurf in § 16 f SGB II, §§ 45, 46 SGB III inhaltlich entsprechend weit gefasste Regelungen vorsieht, werden diese durch eine Budgetierung in § 16 f SGB II, das Aufstockungs- und Umgehungsverbot in §§ 16 Abs. 2 S. 3, 16 f SGB II, 45 SGB III sowie durch die Möglichkeit der Begrenzung des § 46 durch eine Verordnung zugleich wieder in erheblichem Maße eingeschränkt. Dies ist insbesondere für den Personenkreis des SGB II nicht zielführend (o.ä.), der lange Zeit in besonderem Maße von einer individuellen Förderung auf der Grundlage von § 16 Abs. 2 S.1 SGB II profitiert hat.

 

Die BAGFW fordert, den Spezifika und besonderen Förderbedarfen der Personen im Rechtskreis des SGB II in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Der Gesetzentwurf verfolgt indes die Tendenz, die Personen des SGB II stärker an die – aus Gründen der Beitragsfinanzierung oftmals nur unter engen Voraussetzungen bestehenden - arbeitsmarktpolitischen Instrumente des SGB III zu binden. Diese werden den Bedarfen von SGB II-Berechtigten nicht gerecht. Vielmehr ist es erforderlich, (diese) arbeitsmarktpolitische(n) Instrumente für SGB II-Berechtigte offener zu gestalten.

Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Unterschiede in den Personengruppen – langzeitarbeitslose Arbeitsuchende mit häufigem Bedarf an individuellen Förderinstrumenten zzgl. sozialintegrativen Leistungen einerseits und vorwiegend arbeitsmarktnahe Personen im SGB III andererseits – erforderlich. Die Orientierung am SGB III darf nicht zu einer noch stärkeren einheitlichen inhaltlichen, zentralistischen Steuerung zu Lasten der Gestaltungsfreiheit der örtlichen Träger führen. Diese Frage der Steuerung von Leistungen für SGB II-Berechtigte wird auch erst im Rahmen der Neuorganisation des SGB II entschieden werden.

 

Die BAGFW empfiehlt daher, die Instrumentenreform erst nach der Klärung der Neuorganisation der Trägerstrukturen im SGB II in Angriff zu nehmen und die sonstigen weiteren Leistungen gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II vorübergehend in einem budgetierten Umfang weiterzuführen.

 

Gerade für arbeitsmarktferne Personen müssen Möglichkeiten erhalten bleiben, um Förderansätze rechtskreisübergreifend – etwa durch gemeinsame Projekte von Jugendhilfe und Grundsicherungsträgern zur Förderung benachteiligter Jugendlicher – zu realisieren. Der vorliegende Gesetzentwurf ist eher dazu geeignet, das SGB II von den Leistungsgesetzen SGB VIII und SGB XII abzugrenzen und Kooperationen zu behindern.

 

Nach dem Gesetzentwurf soll bei der Umsetzung von Förderleistungen weitgehend die Anwendung des Vergaberechts festgeschrieben werden. Die BAGFW fordert, mehr dezentralen Handlungsspielraum auch bei der Art der Beschaffung von Förderleistungen zu ermöglichen. So müssten die Voraussetzungen erhalten bzw. gestärkt werden, um Leistungserbringungsverträge abzuschließen.

 

Zu den einzelnen Regelungen nimmt die BAGFW im Folgenden detailliert Stellung:

 

 

      II.    Änderungen im SGB III

 

1.    Förderung aus dem Vermittlungsbudget § 45 SGB III

 

Der Gesetzentwurf führt in § 45 SGB III ein sog. Vermittlungsbudget ein, das für Fördermaßnahmen im Rahmen der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eingesetzt werden soll. Hierdurch sollen die ehemaligen Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung sowie die Mobilitätshilfen zusammengefasst werden und sich die Förderung individueller an den Vermittlungshemmnissen ausrichten können. Die Regelung findet über den Verweis des § 16 SGB II auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung.

 

Bewertung

 

Die BAGFW unterstützt das Anliegen, durch eine Generalklausel von Maßnahmen zur Förderung der Anbahnung oder Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit den zuständigen öffentlichen Trägern die Flexibilität einzuräumen, die im Einzelfall notwendige Fördermaßnahme zu gewähren. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben schon bisher erfolgreich die Generalklausel des § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II für spezifische Fördermaßnahmen genutzt. Allerdings wird der Anwendungsbereich durch die geplante Regelung dadurch stark eingeschränkt, dass  hier das Verbot der Aufstockung, Ersetzung und Umgehung von Leistungen nach dem SGB II und SGB III gelten soll. Insofern wird die Regelung  nicht in dem Umfang und in der Zielgerichtetheit Arbeitsuchende bei der Anbahnung und Aufnahme einer Beschäftigung unterstützen können, wie das bisher erfolgte.

Gleichzeitig fehlt eine beispielhafte Aufzählung möglicher Unterstützungsleistungen, was im Einzelfall die Rechtsschutzmöglichkeiten einschränken kann.

 

Vorschlag

 

§ 45 Abs. 3 S. 2 SGB III und § 16 Abs. 2 S. 2 SGB II werden aufgehoben.

 

Im Rahmen einer „Unter-anderem“-Aufzählung werden die zusammengefassten Leistungen Mobilitätshilfe, Übernahme von Kosten für Bewerbungsgespräche und Bewerbungsunterlagen usw., beispielhaft aufgenommen, ohne dass sie jedoch als Regelbeispiele gefasst werden und dann sämtliche weitere Leistungen sich in ihrem Inhalt an ihnen ausrichten müssen.

 

  1. Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung

 

Der neue § 46 SGB III fasst die bisherigen Maßnahmen der Beauftragung Dritter mit der Vermittlung (§ 37), die Personalserviceagenturen (§ 37 c), die Trainingsmaßnahmen (§ 48), die Beauftragung von Trägern mit Eingliederungsmaßnahmen
(§ 421) und die Aktivierungshilfen (§ 241 Abs. 3 a) zu einem Instrument zusammen. Die Regelung findet über den Verweis des § 16 SGB II auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung.

 

Bewertung

 

§ 46 SGB III fasst bereits bestehende Maßnahmen zusammen und umfasst insbesondere auch ausdrücklich Maßnahmen der Heranführung an den Arbeitsmarkt und zur Stabilisierung einer Beschäftigungsmaßnahme. Die BAGFW begrüßt, dass in der Begründung auch ausdrücklich das Instrument der sozialpädagogischen Begleitung genannt wird.

 

Allerdings ermächtigt § 47 SGB III den Verordnungsgeber, den derzeit vorgesehenen Anwendungsbereich und Handlungsspielraum Grenzen zu setzen. Auch wenn die Verordnung unmittelbar nur für den Bereich des SGB III gelten wird, ist zu erwarten, dass sie über Weisungen der BA auch im Rahmen des SGB II zur Anwendung kommen wird. Insofern werden die §§ 16 f SGB II, 46 SGB III nicht die Flexibilität herstellen, die bislang über § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II ermöglicht wurde.

 

Um Flexibilität für eine passgenaue Förderung sicherzustellen, ist zudem eine hohe Qualifikation der  Mitarbeitenden der Grundsicherungsträger erforderlich. Entsprechende Konzepte sind unerlässlich und nicht erkennbar.

 

Die BAGFW sieht die Gefahr, dass das Instrument der Aktivierungshilfen (§ 241 Abs. 3 a SGB III) in Zukunft im Rahmen des § 46 SGB III nicht in der Weise in der Praxis angewandt werden kann, wie bisher. Durch die Aktivierungshilfen konnten die Arbeitsagenturen und die Grundsicherungsträger bisher unter Finanzierungsbeteiligung  der Jugendhilfe niedrigschwellige Hilfen für Jugendliche bereitstellen, die ansonsten nicht für eine Ausbildung oder Arbeit motiviert werden können. Im Rahmen des § 241 Abs. 3a SGB III wurden mit der Jugendhilfe sinnvolle Kooperationen eingegangen, die auch überwiegend von der Jugendhilfe finanziert wurden.

 

Schließlich sieht die BAGFW auch die starre zeitliche Befristung der Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 46 Abs. 2 SGB III als nachteilig an. Sie grenzt die mit § 46 verfolgte Flexibilität deutlich ein: Die Befristung der auf eine individuelle Förderung ausgerichteten Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung kann insbesondere bei fehlender Anschlussförderung und auch bei Personen mit besonderen Vermittlungshemmnissen und individuellen Förderbedarfen eher schaden als nutzen.

 

Als nicht zielführend erachtet die BAGFW überdies die Vorgabe des § 46 Abs. 7 SGB III-neu, dass das Vergaberecht zwingend anzuwenden ist. Die Maßnahmen gem. § 46 SGB III sollen niedrigschwellige Projekte fortführen helfen, die bislang auf Grundlage § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II finanziert worden sind. Die Anwendung des Vergaberechts wird hier zu öffentlichen Ausschreibungen führen, die eine Fortführung der bisherigen Projekte in ihrer bisherigen Qualität und Ausstattung de facto unmöglich macht.

 

Vorschlag

 

Die Länge der Maßnahmen nach § 46 SGB III sollte sich nach den Förderbedarfen im Einzelfall richten. Die starre zeitliche Befristung in § 46 Abs. 2 SGB III ist aufzuheben.

 

Die BAGFW befürwortet eine Beibehaltung der Aktivierungshilfen, mindestens jedoch eine Klarstellung in der Begründung des § 46 SGB III, dass die Neuregelung die bisherige Praxis unverändert aufnehmen und weiterführen soll.

 

Die BAGFW fordert die Streichung der Verordnungsermächtigung des § 47 SGB III.

Weisungen zur Ausgestaltung des SGB II sind im Interesse einer individuellen und flexiblen Maßnahmegewährung auszuschließen.


Darüber hinaus ist durch eine gesetzliche Regelung sicherzustellen, dass die Leistungen mit allen anderen Leistungen des SGB II und des SGB VIII und XII zu kombinieren sind.

 

  1. Rechtsanspruch auf Maßnahmen zur Vorbereitung des Hauptschulabschlusses nach § 61a SGB III im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Jugendlichen aus dem Rechtskreis des SGB II und SGB III in § 61a SGB III ein Rechtsanspruch auf berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen zum Erwerb des Hauptschulabschlusses eingeräumt werden soll. Derzeit verfügt ¼ der arbeitslos gemeldeten Jugendlichen im Rechtskreis SGB II nicht über einen Schulabschluss. Sie haben daher nur sehr geringe Chancen auf eine betriebliche Ausbildung und sind in besonderem Maße dem Risiko von dauerhafter Arbeitslosigkeit und Armut ausgesetzt.

 

Bewertung

 

Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf die Vorbereitung für einen Hauptschulabschluss wird grundsätzlich begrüßt. Durch die in § 61a S. 2 SGB III aufgenommene Nachrangigkeit ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Grundsicherungsträger in Zukunft mit den Ländern auf Kosten der Berechtigten um die Finanzierung streiten werden und die Leistungen deswegen nicht bei den Menschen ankommen.

 

Die bisherigen Erfahrungen haben überdies gezeigt, dass der nachträgliche Hauptschulabschluss nicht bei allen Jugendlichen über eine Förderung über berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB) erreicht werden kann. Vielmehr zeigt sich, dass vor allem junge Menschen mit multiplen Problemlagen nicht in der Lage sind, die von der Bundesagentur für Arbeit vorgegebenen Fördersequenzen erfolgreich zu durchlaufen. Die Fördersequenzen erweisen sich sowohl inhaltlich als auch zeitlich als zu starr. Die Möglichkeit, 20 % der BvBs abweichend vom Fachkonzept zu gestalten, reicht nicht aus, um den Besonderheiten einer Vielzahl von benachteiligten Jugendlichen im SGB II und SGB III Rechnung zu tragen.

 

Demgegenüber hat die bisherige Praxis gezeigt, dass auf Grundlage des § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II individuell auf die Förderbedarfe von Jugendlichen ausgerichtete Angebote geschaffen werden konnten, die außerhalb des Fachkonzepts der BvB zielgerichtet auf den Hauptschulabschluss vorbereiten konnten.

 

Vorschlag

 

Die BAGFW fordert, den Rechtsanspruch auf Maßnahmen zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses nicht allein an die berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu koppeln, sondern maßnahmeoffen zu gestalten. Mindestens muss es entweder die Möglichkeit geben, mehr als 20 % der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen außerhalb des Fachkonzepts durchzuführen oder letzteres für Jugendliche mit multiplen Problemlagen zu flexibilisieren. Dies erfordert, dass die Förderdauer zur Vorbereitung auf einen Hauptschulabschluss 18 Monate bis 24 Monate betragen soll. Ferner muss der sozialpädagogischen Begleitung zur persönlichen Stabilisierung und zur Bearbeitung von Problemlagen im Konzept mehr Raum gegeben werden.

 

Ferner fordern wir, dass die beabsichtigten Leistungen für die Berechtigten nicht durch Zuständigkeitskonflikte verhindert werden. Satz 2 ist daher zu streichen.

 

  1. Unterstützung und Förderung der Berufsausbildung § 240 SGB III

 

Der Gesetzentwurf sieht  für die Förderung der Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen zukünftig gemäß § 241 Abs. 3 SGB III allein die Anwendung des Vergaberechts vor.

 

Bewertung

 

Die BAGFW lehnt die zwingende Anwendung des Vergaberechts ab. Die Ausschreibungen haben zu einem starken Preis- und Qualitätsverlust dieser Hilfen und insbesondere zu vielen Trägerwechseln geführt. Infolgedessen verlieren diese Leistungen sowohl für die Unternehmen als auch die Jugendlichen, die alle auf verlässliche Partner angewiesen sind, deutlich an Attraktivität. Die pädagogische Qualität und somit auch der Erfolg der Maßnahme für schwierige Zielgruppen werden beeinträchtigt.

 

Vorschlag

 

Die BAGFW fordert, dass Alternativen zur öffentlichen Ausschreibung für Maßnahmen zu Gunsten von benachteiligten Jugendlichen, so z.B. der Abschluss von Leistungserbringungsverträgen entsprechend der Regelung des § 17 SGB II, eröffnet werden. Im Rahmen der Vergabe müssen die Spielräume bei der Anwendung der VOL A unbedingt erweitert werden, die Möglichkeiten z.B. zur freihändigen Vergabe sind offen zu halten.

 

  1. Außerbetriebliche Berufsausbildung § 242 SGB III neu

 

In den neu gefassten Regelungen zur außerbetrieblichen Ausbildung ist u.a. vorgesehen, dass die Träger bei Abbruch der außerbetrieblichen Ausbildung dem betreffenden Jugendlichen Bescheinigungen für absolvierte Teile der Ausbildung ausstellen. Ferner sollen während des gesamten Verlaufs einer außerbetrieblichen Ausbildung alle Möglichkeiten wahrgenommen werden, um einen Wechsel in eine reguläre betriebliche Ausbildung zu erreichen. Außerdem sollen Jugendliche nach Abbruch einer betrieblichen Ausbildung dieselbe in einer außerbetrieblichen Einrichtung fortsetzen können.

 

Bewertung

 

Die BAGFW begrüßt diese Neuregelungen.

Bei den Trägern der Jugendberufshilfe ist die Erteilung von Bescheinigungen für absolvierte Teile der Ausbildung schon Praxis. Der Wechsel in eine reguläre betriebliche Ausbildung sollte ausdrücklich auch durch ausbildungsbegleitende Hilfen möglich sein.

 

Vorschlag

 

Die bisher im Gesetz enthaltende Aussage, dass bei einem Wechsel von einer außerbetrieblichen in eine betriebliche Ausbildung auch außerbetriebliche Berufsausbildung genutzt werden soll, ist beizubehalten.  

 

  1. Wegfall der Beschäftigung begleitenden Eingliederungshilfen gem.
    §§ 246 a SGB III

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, bei der Förderung benachteiligter Jugendlicher die Beschäftigung begleitenden Eingliederungshilfen zu streichen, weil sie kaum genutzt werden.

 

Bewertung

 

Es gibt nach unseren Erfahrungen eindeutig Bedarfe, Jugendliche nicht nur mit Kombilöhnen, sondern auch mit begleitenden Hilfen in eine Arbeitsstelle zu vermitteln und dort zu halten. Dabei geht es z.B. um Angebote zum Konfliktmanagement am Arbeitsplatz. Aus diesem Grund haben z.B. Grundsicherungsträger über § 16 Abs. 2 S. 1. SGB II Angebote des Job Coachings finanziert. Die Förderinhalte der Beschäftigung begleitenden Eingliederungshilfen gehen zudem über die Förderinhalte der geplanten sozialpädagogischen Begleitung beim Qualifizierungszuschuss hinaus.

 

Vorschlag

 

Die BAGFW fordert, die Eingliederungshilfen des § 246 SGB III beizubehalten.

 

  1. Wegfall Förderung für das Jugendwohnen gem. §§ 252 ff. SGB III

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, die institutionelle Förderung des Jugendwohnheimbaus wegen geringer Nutzung zu streichen.

 

Bewertung

 

Die BAGFW hält die institutionelle Förderung des Jugendwohnens weiterhin für notwendig. Jugendwohnheime unterstützen in idealer Weise die berufliche Mobilität junger Menschen. Die Bedeutung der beruflichen Mobilität wird im Gesetzentwurf auch in den Zielen der Arbeitsförderung unterstrichen (§ 1 SGB III neu). Die fortschreitende Entvölkerung ländlicher Gebiete insbesondere in Ostdeutschland zwingt junge Menschen zur Mobilität. Die Jugendwohnheime werden dringend benötigt. Die bestehenden Jugendwohnheime haben auf Grund ihres Alters (viele Häuser stammen aus den 1960er und 1970er Jahren) und der geänderten Wohnbedürfnisse junger Menschen heute bei Bau, Einrichtung und Ersatzbeschaffung großen Investitionsbedarf. Nach den Erfahrungen der Jugendsozialarbeit auf Bundesebene steigt das Interesse bei Jugendlichen, ihren Eltern, Betrieben, Berufsschulen und v.a. auch den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende außerdem weiter an. Besonders für individuell benachteiligte Jugendliche bieten die Jugendwohnheime wertvolle Unterstützung bei der beruflichen Integration. Es ist sicherzustellen, dass die veranschlagten Kosten für eine notwendige Individualförderung für Jugendliche im Rechtskreis SGB III und SGB II auch die sozialpädagogische Begleitung enthalten, entsprechend der Leistungsentgelte der Länder.

 

Vorschlag

 

Die BAGFW fordert, die institutionelle Förderung von Jugendwohnen beizubehalten. Erforderlich ist hierzu eine Klarstellung in § 65 Abs. 3 SGB III. Zum einen soll das Wort „Wohnheim“ durch „Jugendwohnheim“ ersetzt werden, damit klargestellt wird, dass es sich um eine Einrichtung der Jugendhilfe mit einem differenzierten Angebot an Unterkunft, Verpflegung, sozialpädagogischer Begleitung und individueller Förderung handelt. Zum anderen sollte die Formulierung „amtlich festgesetzte Kosten für Unterkunft und Verpflegung“ ersetzt werden durch „das gem. § 78 a -g SGB VIII vereinbarte Leistungsentgelt.“

 

 

    III.    Änderungen im SGB II

 

Insgesamt fällt auf, dass die Rechtsstellungen der ALG II-Berechtigten durch die Änderungen weiter geschwächt werden. Das betrifft zunächst die Verfahrensrechte (§ 39 SGB II). Aber auch die strukturelle Schlechterstellung gegenüber den weitreichenden Befugnissen der Grundsicherungsträger, die zu einem erheblichen Umfang rechtswidriger Bescheide führt (40% Erfolgsquote bei Klagen), wird nicht gelöst. Es wird daher angeregt, die Rechtsstellung der SGB II-Berechtigten durch einen Rechtsanspruch auf Vermittlung und Eingliederungsleistungen zu verbessern.

 

1.    Neuregelung der Sprachförderung (§ 3 Abs. 2a)

 

Die Agentur für Arbeit soll künftig darauf hinwirken, dass Personen, die nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen (Sprachniveau unter B1) und damit teilnahmeberechtigt bzw. –verpflichtet sind, an einem Integrationskurs nach Aufenthaltsgesetz an diesem Kurs teilnehmen. Dies soll als eine vorrangige Maßnahme in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen werden.

 

Bewertung

 

Mit dieser Neuregelung soll ausweislich der Gesetzesbegründung keine neue Pflicht zur Teilnahme an einem Sprachkurs geschaffen werden. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung: „Kommt der persönliche Ansprechpartner unter Beachtung des individuellen Sprachniveaus des Betroffenen und seiner Chancen am Arbeitsmarkt zu dem Ergebnis, dass die Vermittlung berufsbezogener Deutschkenntnisse zweckmäßiger ist, soll er darauf hinwirken, dass Betroffene an entsprechenden Kursen teilnehmen; Maßnahmen mit berufsbezogener Sprachförderung anstelle eines Integrationskurses werden durch die Neuregelung nicht ausgeschlossen“.

 

Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen, dass die Integrationskurse nach Aufenthaltsgesetz nicht geeignet sind, die Chancen zur Integration in den Arbeitsmarkt signifikant zu erhöhen. Wesentlich besser geeignet ist die berufsbezogene Sprachförderung. Derartige Angebote wie etwa das „ESF-BAMF-Programm“ stehen bislang aber nicht flächendeckend und als Regelangebot zur Verfügung. Die Gesetzesbegründung steht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut, ist nicht bindend und wird in der Praxis wohl kaum Wirkung entfalten. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der gesetzgeberische Wille sich nicht in einer unmissverständlichen Gesetzesformulierung niederschlägt.

 

Vorschlag

 

In den letzten Jahren wurden in Projekten ausreichend Erfahrungen zur Sprachförderung gesammelt. Die erfolgreichen Angebote berufsspezifischer Sprachförderung, die den Erwerb von Sprachkenntnissen mit Praxisbezug, Berufsorientierung und qualifizierenden Bausteinen verbindet, werden ausgebaut (so auch eine Selbstverpflichtung des Bundes im Nationalen Integrationsplan, dort S. 80).

 

Eine Verpflichtung von Langzeitarbeitslosen, vorrangig an Integrationskursen nach AufenthG teilzunehmen, wird nicht in § 3 Abs.2a SGB II aufgenommen.

 

Berufsspezifische Sprachförderung wird als Angebot des Bundes in die Leistungspalette des SGB II aufgenommen (sollte systemkonform als § 16 h SGB II und nicht in
§ 3 SGB II eingefügt werden).

 

Formulierungsvorschlag:

Für erwerbsfähige Hilfebedürftige, für die unzureichende deutsche Sprachkenntnisse ein Vermittlungshemmnis darstellen, werden Maßnahmen zur sprachlichen Qualifizierung angeboten. Die Agentur für Arbeit wirkt auf die Teilnahme an einer derartigen Maßnahme hin, sofern der Hilfebedürftige nicht unmittelbar in eine Ausbildung oder qualifizierte Arbeit vermittelt werden kann und ihm eine Teilnahme an der Maßnahme daneben nicht zumutbar ist. Eine Verpflichtung zur Teilnahme ist in die Eingliederungsvereinbarung als vorrangige Maßnahme aufzunehmen.“

 

2.    Vermittlung von unter 25-Jährigen

 

Nach § 3 Abs. 2 SGB II sind „erwerbsfähige Hilfebedürftige unter 25 Jahren unverzüglich nach Antragstellung in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln“.

 

Derzeit werden für Jugendliche im SGB II- Bezug jedoch vornehmlich Arbeitsgelegenheiten eingesetzt. Hier fehlen häufig Anschlussperspektiven für die Hinführung zu einer Ausbildung.

 

 

Bewertung

 

Die BAGFW schließt sich der Begründung zum Gesetzentwurf an, „dass eine gute Ausbildung der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit ist; Aus? und Weiterbildung Schlüssel für eine erfolgreiche Integration in Beschäftigung ist“. In den Detailregelungen kommt der Gesetzentwurf diesen Zielen jedoch nicht nach. Statt Jugendlichen, bei denen eine Vermittlung in eine Ausbildung nicht sofort gelingt – wie bislang in der Praxis üblich – in erster Linie eine Arbeitsgelegenheit zuzuweisen, ist zu gewährleisten, dass sie Zugang zu bedarfsgerechten, weiterführenden Eingliederungsleistungen erhalten.

 

Vorschlag

 

Es sollte für das SGB II eine rechtliche Klarstellung erfolgen, wonach Jugendliche ohne Berufsabschluss vorrangig in eine Ausbildung zu vermitteln sind. Der Vorrang einer Ausbildung sollte im § 3 SGB II aufgenommen werden mit der Ergänzung: „Dabei hat die Vermittlung in Ausbildung oder in ausbildungsfördernde Maßnahmen Vorrang vor der Vermittlung in andere Maßnahmen.“

 

3.    Neuregelung der freien Förderung (§ 16 f SGB II), Streichung von § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II, § 10 SGB III

 

§ 16 f SGB II gibt den Agenturen für Arbeit und den Grundsicherungsträgern die Möglichkeit, die gesetzlich geregelten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Umfang von bis zu 2 % ihrer Eingliederungsmittel durch freie Leistungen zu erweitern. Zugleich werden § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II und § 10 SGB III gestrichen. Nach Abs. 2 dürfen die Maßnahmen andere gesetzliche Leistungen nicht aufstocken oder umgehen.

 

Bewertung

 

Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass gerade für benachteiligte Jugendliche, besonders arbeitsmarktferne Personen und unter ihnen insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund eine ausschließliche Förderung über die Regelinstrumente des SGB III oft nicht zielführend ist. Die Grundsicherungsträger haben vor diesem Hintergrund die sonstigen weiteren Leistungen nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II genutzt, um zielgruppenspezifische Förderangebote umzusetzen. Die sonstigen weiteren Leistungen wurden darüber hinaus für die  rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit, z.B. die Finanzierung gemeinsamer Förderprojekte für Jugendliche durch Jugendamt und Grundsicherungsträger genutzt. Des Weiteren gab es mit den sonstigen weiteren Leistungen breite Möglichkeiten zur Kofinanzierung von Landes- und Bundesprogrammen. Die Regelung des § 16 f SGB II ist wegen des Umgehungs- und Aufstockungsverbotes sowie des geringen Umfangs des Budgets nicht geeignet, eine taugliche Rechtsgrundlage für entsprechende Fördermaßnahmen zu bilden. Etwas anderes ergibt sich aus oben aufgezeigten Gründen auch nicht, wenn man die Einführung von §§ 45, 46 SGB III mit einbezieht. Darüber hinaus wird die Anwendung des Haushaltsrechts die vermeintliche Flexibilität einschränken, weil die darin vorgesehene Vergabepraxis zur Einschränkung der Flexibilität genutzt werden kann.

 

 

Vorschlag

 

Die BAGFW fordert daher, die freie Förderung eindeutig als Generalklausel auszugestalten und das Budget auf 30 % zu erhöhen. Ferner ist zu bestimmen, dass das Aufstockungs- und Umgehungsverbot keine Anwendung findet. Ansonsten würde der Wegfall der sonstigen weiteren Leistungen (§ 16 Abs. 2 S. 1 SGB II) und die damit verbundene schwerwiegende Förderlücke durch den Gesetzentwurf weder finanziell noch konzeptionell geschlossen.

 

4.    Streichung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im SGB II

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als Leistung zur Eingliederung in Arbeit im SGB II abzuschaffen.

 

Bewertung

 

Die BAGFW spricht sich für eine Beibehaltung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus, da sie gerade in der Jugendberufshilfe und in strukturschwachen Gebieten gute Erfahrungen damit gemacht hat. Öffentlich geförderte Beschäftigung ist dort notwendig, wo Arbeitsplätze strukturell fehlen und/oder der reguläre Arbeitsmarkt bestimmte Erwerbsgruppen ausschließt. Alle Möglichkeiten, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für unterschiedliche arbeitsmarktpolitische Zielgruppen zu fördern, sollten daher vor allem auch für Arbeitslosengeld-II-Empfänger/innen erhalten bleiben. Allein die insgesamt niedrigen Fallzahlen bei ABM sind kein fachlich schlagendes Argument dafür, ihre Förderung für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II einzustellen, zumal fünfmal so viele Arbeitslosengeld-II- wie Arbeitslosengeld- Empfänger/innen in einer ABM beschäftigt werden.

 

Vorschlag

 

In § 16 SGB II wird der Verweis auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im SGB III beibehalten.

 

5.    Zumutbarkeit der Aufnahme einer Arbeit trotz Notwendigkeit der Beendigung einer anderen Arbeit

 

Der neue § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB II stellt klar, dass eine Arbeit nicht deshalb unzumutbar ist, weil sie mit der Beendigung einer Erwerbstätigkeit verbunden ist.

 

Bewertung

 

Die BAGFW lehnt diese Regelung ab. Sie führt die im SGB II normierte Bedarfsgemeinschaft weiter, deren Abschaffung die Freie Wohlfahrtspflege zusammen mit dem Deutschen Verein fordert.[1] Die Bedarfsgemeinschaft führt mit der Neuregelung in
§ 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB II z. B. dazu, dass Hilfebedürftige, die Vollzeit arbeiten und einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben, aufgefordert werden können, eine höher

bezahlte aber befristete Arbeitsstelle anzutreten, wenn dadurch die Hilfebedürftigkeit ihrer Bedarfsgemeinschaft verringert wird. Die BAGFW befürwortet demgegenüber die sog. Einsatzgemeinschaft, bei der nur derjenige hilfebedürftig ist und dem Grundsatz des Forderns unterliegt, der seinen eigenen Lebensunterhalt nicht sicherstellen kann.

 

Vorschlag

 

Die BAGFW fordert, die für § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB II vorgesehene Neuregelung zu streichen.

 

6.    Weitere Einschränkung der aufschiebenden Wirkungen von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 39 SGB II)

 

Durch eine Änderung von § 39 SGB II wird die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen Verwaltungsakte im SGB II weiter eingeschränkt. Dies betrifft insbesondere die Erweiterung auf Rechtsmittel gegen Aufhebungsbescheide, Bescheide über Pflichten bei der Eingliederung in Arbeit und gegen Meldeaufforderungen.

 

Bewertung

 

Die BAGFW lehnt diese weitergehende Einschränkung der aufschiebenden Wirkung von Widersprüchen und Anfechtungsklagen und damit des Rechtsschutzes der Betroffenen ab. Für ALG II-Berechtigte werden damit die Wirkungen von Rechtsmitteln und die allen Bürgern der Bundesrepublik Deutschland zustehenden Bürgerrechte massiv eingeschränkt. Die von belastenden Entscheidungen betroffenen Menschen müssen diesen zunächst ohne weiteres Folge leisten, auch wenn sie berechtigte Gründe vortragen, die die Rechtswidrigkeit der Entscheidung belegen. Weigert sich ein Betroffener aus zutreffenden Gründen, eine ihm vorgelegte Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, zieht dies nicht nur unmittelbar eine Sanktion nach sich, sondern die Eingliederungsvereinbarung wird als Verwaltungsakt erlassen. Erhebt der Betroffene Widerspruch, muss er mangels aufschiebender Wirkung dennoch die Auflagen in der Vereinbarung erfüllen. Betroffene werden in diesen Situationen allein auf den aufwändigen gerichtlichen Eilrechtsschutz verwiesen.

Die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes schützt die Rechte der Menschen nicht ausreichend. Dort wird nur in einer summarischen Prüfung auf Grund der Aktenlage entschieden. Eine Pflicht zur mündlichen Anhörung besteht nicht. Das Ergebnis der summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz kann auch Auswirkungen auf die summarische Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren für die Hauptsache haben. Wird die Prozesskostenhilfe abgelehnt, ist ALG II-Berechtigten der Rechtsweg versperrt. Bei einer Fehlerquote der Bescheide der Grundsicherungsträger von aktuell rd. 40% ist das inakzeptabel. Die systematische Schlechterstellung von unterstützungsbedürftigen Bürgern stört das Gleichgewicht zwischen Bürger und Staat erheblich. Es stellt sich die Frage, ob die angedachte Regelung mit dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtswegsgarantie des Grundgesetzes vereinbar ist.

Vorschlag

 

Auf die Neuregelung des § 39 SGB II wird verzichtet.



[1] Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge  - Erstes  Positionspapier des Deutschen Vereins zur Neuausrichtung der Bedarfsgemeinschaft