Die Entwicklung der sozialpolitischen und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen seit Ende der 80er Jahre war geprägt von Wettbewerbsorientierung, vom Übergang zu prospektiven Entgelten, von langen Phasen der Deckelung der Entgelte, vom Übergang zum Vertragsmanagement zwischen Leistungserbringern und Leistungsträgern wie auch von der Stärkung der Nutzer in ihrer Kunden – bzw. Verbraucherrolle.
Diese Entwicklung, die man als Systemwechsel der sozialen Arbeit bezeichnen kann, hat Trägern und Einrichtungen enorme Anpassungsleistungen abverlangt hinsichtlich
- der Weiterentwicklung ihrer Managementmethoden
- der Verbesserung der Steuerungs- und Controllinginstrumente
- der Erschließung von Rationalisierungsreserven
- der Gestaltung von Kundenorientierung und
- der Gestaltung des Marketings im Wettbewerb.
Parallel zu dieser Entwicklung hat die Arbeiterwohlfahrt eine interne Diskussion geführt, die den immer größer werdenden Spannungsbogen zwischen
- professionell und betriebswirtschaftlich zu führenden Dienstleistungsbereich und
- dem Ideal- bzw. Mitgliederverein
zum Thema hatte. Als Konsequenz dieser Diskussionen wurde ein Leitbildprozess ins Leben gerufen, der der Selbstvergewisserung der Werte und Überzeugungen, die die AWO in ihrem Handeln leiten sollen und der Modernisierung der verbandlichen Grundlagen dienen sollte.
Mit diesem Leitbildprozess waren die Ziele verbunden
- Werthaltungen wieder stärker im Arbeitsalltag zu konkretisieren und zu verankern und damit auch ein Korrektiv gegenüber überzogenen Ökonomisierungstendenzen aufzubauen,
- das Profil der AWO im Wettbewerb zu schärfen und
- Konsequenzen für Fragen der Verbandsstruktur zu ziehen.
Die Bündelung der Ziele und Anforderungen aus den internen und externen Entwicklungssträngen in einem konzeptionellen Ansatz hat in der Folge zum AWO-QM-Konzept geführt, dass das Qualitätsmanagement als Methode der Steuerung, des Controllings und der ständigen Verbesserung beinhaltet und inhaltliche AWO-Qualitätsanforderungen (zur Fachlichkeit, zum Personalmanagement, zum Kosten- und Finanzmanagement u.a.) als inhaltlichen Anforderungsrahmen beinhaltet.
Es handelt sich also beim AWO-QM-Konzept um ein integriertes Managementkonzept mit einem eigenen normativen Regelwerk
- AWO-Qualitätsanforderungen und –kriterien
- Anforderungen an QM-Verfahren nach DIN EN ISO 9001:2000
- Bewertungskonzept und Prüflisten und die
- Möglichkeit der externen Überprüfung im Rahmen internationaler Normen zur Darlegung von Qualitätsmanagement-Verfahren.
Die strategischen Ziele, die sich 1999 zu Beginn der QM-Offensive der AWO verdichtet hatten, lassen sich aus heutiger Sicht wie folgt formulieren:
1. Formulierung und Verwirklichung der Werte, Leitideen und Grundhaltungen, nach denen sich die AWO in all ihren Tätigkeiten orientiert. Damit verbunden ist die Konkretisierung und Operationalisierung, die Herstellung einer Überprüfbarkeit an Hand von Qualitätskriterien.
2. Verbesserung der betrieblichen Steuerungsfähigkeit von AWO Organisationen durch Anwendung eines integrierten Managementkonzeptes.
3. Verbesserung der verbandlichen Steuerungsfähigkeit durch Schaffung gemeinsamer normativer Grundlagen und Nutzung gleicher Instrumente und Methoden. Auch in Zeiten der Verbetrieblichung sozialer Arbeit müssen Wohlfahrtsverbände, die keine Konzerne, sondern föderale Gebilde darstellen, Instrumente und Methoden der Verbandssteuerung entwickeln um wirksame sozialpolitische Arbeit leisten zu können.
4. Die Erlangung der Fähigkeit, eine definierte Qualität extern überprüfen und Dritten gegenüber nachweisen zu können. Die AWO hält den Grundsatz "Eigenverantwortung muss vor staatlicher Regelkontrolle gehen" für richtig. Wer in der Lage ist, durch unabhängige Testate den Nachweis zu führen, dass vereinbarte Qualitäten verwirklicht sind, versetzt Aufsichtsbehörden in die Lage, differenzierter mit dem Instrument der Regelkontrolle umzugehen.
Die Meilensteine, die die Entwicklung innerhalb der AWO markieren, dokumentieren eine relativ stringente strategische Handlungsweise. Während 1997 in den AWO-Eckpunkten zur Qualitätssicherung von Dienstleistungen, Ziel und Methoden der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung beschrieben wurden, erfolgte erst später mit der Festlegung auf ein methodisches Instrument (DIN EN ISO 9001:2000) der für die Unternehmens- und Verbandssteuerung entscheidende Durchbruch. Das Leitbild der AWO (1998) bildete die Basis für die Ableitung von verbandsspezifischen Qualitätsanforderungen, die den inhaltlichen Rahmen des 1999 verabschiedeten AWO-QM-Konzeptes darstellen. Die Einrichtung einer Stabstelle bei der Bundesgeschäftsführung und die Bildung der Interessengemeinschaft AWO-QM (Zusammenschluss der Träger innerhalb der AWO, die sich zur Umsetzung dieses Konzeptes verpflichten) hat der AWO-QM-Offensive die nötige Akzeptanz und Durchsetzungskraft verliehen.
Ab 2000 wurden u. a. im Rahmen von Pilotprojekten (durchgeführt von der Gesellschaft für Organisationsentwicklung und Sozialplanung GmbH) die verschiedenen Umsetzungssinstrumente entwickelt und erarbeitet
- Qualitätspolitische Grundlagen der AWO (2000)
- Konzeption Muster-QM-Handbücher (2001)
- Prüfkonzept (2001)
- AWO-QM-Wissensmanagement (2002)
- Revisionsprozess der Muster-QM-Handbücher (2003).
Mit Abschluss des Revisionsprozesses kann der Regelkreis für den Entwicklungsprozess als abgeschlossen gelten. Die ständige Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen und neue fachliche Entwicklungen sowie das Aufgreifen von aus der Praxis gemeldetem Verbesserungspotential bleibt ständige Aufgabe.
Zu Beginn des Jahres 2005 werden annähernd 400 ambulante und stationäre AWO-Einrichtungen nach dem integrierten QM-Konzept zertifiziert sein. Positive Rückmeldungen aus dem Bereich der Pflegeeinrichtungen durch Medizinische Dienste der Krankenkassen und Vertreter der Heimaufsicht bezüglich der Prüferfahrungen mit solchen Einrichtungen machen die Wirksamkeit des Ansatzes deutlich.