Jahresbericht 2023 der Sozialkommission I
Die Sozialkommission I bearbeitet Themen aus den Bereichen Altenhilfe und Pflege, Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Gesundheitswesen und Betreuung. Der Ausschuss Qualitätsmanagement arbeitet fachübergreifend als Querschnittsausschuss in Zuordnung zur Sozialkommission I.
Die Sozialkommission I konstituiert sich aus 10 Mitgliedern, dabei sind die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege vertreten. Das Gremium tagt regulär an vier Terminen im Jahr, zusätzlich dazu fand 2023 eine gemeinsame Sitzung mit der Sozialkommission II statt. Zu den Routineaufgaben der Sozialkommission I gehört die Freigabe von Stellungnahmen, Positionen und Briefingpapieren sowie von Anschreiben an politisch Verantwortliche.
Ein zentrales Thema für die Sozialkommission I ab Mitte des Jahres 2023 war die Pflegereform, welche ihren Ursprung im Gesetzesentwurf für das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) hat. Hauptkritik an dieser Reform ist, dass einerseits keine dringend notwendige Strukturreform der sozialen Pflegeversicherung, vor allem hinsichtlich der Finanzierung von Pflege, erfolgte. Andererseits sind die Leistungsverbesserungen, die in der häuslichen und stationären Pflege erfolgen, mit dem 01.01.2024 zu spät und mit 5 Prozent zu gering, um wenigstens die Inflationsrate auszugleichen. Insgesamt beinhaltet der Gesetzentwurf nur isolierte Einzelmaßnahmen, stellt keine ganzheitliche Systemverbesserung dar und auch die Versorgungssicherheit wird durch diese Reform nicht verbessert.
Beim Parlamentarisches Frühstück im Juli 2023 haben verschiedene Vertreter:innen der Freien Wohlfahrtspflege darauf verwiesen, dass diese wichtige gesellschaftliche Funktionen in Deutschland übernimmt und der Status der Gemeinnützigkeit eine unikale Stellung innerhalb der EU hat. Daher sollten diese Institutionen gegenüber privaten Anbietern eine Vorzugstellung in der Vergabe öffentlicher Aufgaben innehaben. Die Freie Wohlfahrtspflege konnte in den vergangenen Jahre aber eine konträre Praxis beobachten, Tendenz steigend, oft auch mit Verweis auf geltendes EU-Recht. Die Verbändevertreter:innen setzten sich für eine Vorrangstellung gemeinnütziger Organisationen in den Sozialgesetzbüchern, den Förderprogrammen des Bundes, der Länder und der Kommunen und auf europäischer Ebene ein.
Das Bundesverfassungsgericht kippt schließlich im November den Bundeshaushalt und es drohen Haushaltskürzungen auch, oder vor allem, im sozialen Sektor. Eine von der AWO geplante, überverbandliche Kundgebung vor dem Berliner Reichstagsgebäude am 08.11.2023 hat alle BAGFW-Verbände vor Jahresende noch einmal zusammengebracht. Die Verbändespitzen sprachen sich in ihren Statements auf der Bühne vehement gegen die Sparpläne der Bundesregierung aus. Die ca. 3.000 Teilnehmenden gaben ihre engagierte Zustimmung kund.
Der Personalmangel in sowie die Unterfinanzierung von Pflegeeinrichtungen waren für den Fachbereich Altenhilfe 2023 weiterhin bestimmende Themen. Der Fachausschuss konnte mithilfe verschiedener Stellungnahmen die Aufmerksamkeit auf Themen wie der Hochschulischen Pflegeausbildung oder dem Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege lenken und zudem aktiv in der Formulierung von diversen Gesetzesentwürfen partizipieren. Ferner wurde in Kooperation mit dem Bundesministerium für Gesundheit BAGFW-Fachtag Expertenstandard Demenz am 14. November 2023 konzipiert und umgesetzt.
Der Fachbereich Teilhabe von Menschen mit Behinderungen hat sich 2023 neben anderen Problemstellungen mit der geplanten Reform der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt. Zentralen Themen in diesem Kontext sind der verbesserte Zugang zum regulären Arbeitsmarkt sowie die höhere Entlohnung WfbM-Beschäftigter. Der Fachausschuss war an einem Dialog mit dem BMAS im September beteiligt und vertrat zusammen mit anderen Verbänden, dass in einigen Punkten noch nachgebessert werden muss.
Das Treffen von BAGFW-Präsidenten Michael Groß und Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach am 24.03.2023, behandelte neben anderen Themenfeldern die Chancen von Gesundheitskiosken in besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen. Hier wurde aber auch betont, dass die Einrichtung von Gesundheitskiosken nur ein erster Schritt in einem größeren Reformprozess zur Weiterentwicklung der Primärversorgungsstrukturen sein dürfe. Zudem wurde die Bekämpfung des Arbeits- und Fachkräftemangels innerhalb der Pflege besprochen, wobei der Minister auf das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz verwies. Bundesminister Lauterbach bat um praktische Vorschläge, wie das Problem weiter entschärft werden könne. Ein weiterer offener Dialog wurde vereinbart.
Ein weiterer relevanter Austausch für die SK I erfolgte mit der Präsidentin der Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) und stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestages, Frau Kirsten Kappert-Gonther im Oktober 2023. In diesem Rahmen wurde vor allem über gemeinsame Interessen und mögliche Synergien in der nationalen Präventionsstrategie gesprochen.
Die Arbeitsgruppe Betreuungsrecht hat sich in 2023 insbesondere mit der Umsetzung der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts auseinandergesetzt und mehrfach auf die zu geringe Vergütung der Betreuungsvereine aufmerksam gemacht.
Weitere Informationen zu den Aktivitäten der einzelnen Fachbereiche sind in den jeweiligen Jahresberichten der Fachausschüsse oder auf unserer Internetseite nachzulesen.