Jahresbericht 2014 der EU-Vertretung Brüssel

Vorsitz:

Europa vor einem Neubeginn?

Im Mai fanden die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Erstmals haben die Parteienfamilien Spitzenkandidaten aufgestellt. Gleichwohl hat sich die Wahlbeteiligung der Bürger nur punktuell verbessert. Die Zunahme von Abgeordneten europakritischer Parteien ist eine besondere Herausforderung für das Parlament.

Pünktlich konnte die neue Kommission nach den Anhörungen im Europäischen Parlament ihre Arbeit im November aufnehmen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wartete mit einem neuen Konzept auf, um die Arbeit der Kommission zielgerichteter und kohärenter gestalten zu können. Sieben Vizepräsidenten sollen die Arbeit der Kommissare koordinieren. Auf europäischer Ebene ist man gespannt, ob und wie sich diese Struktur auf eine bessere Koordination der Politikfelder auswirken wird.

Die neue Kommission will ihre Arbeitsschwerpunkte vor allem auf die Themen Förderung von Wachstum und Beschäftigung, Energiepolitik, Abschluss eines vernünftigen und ausgewogenen Handelsabkommen mit den USA sowie Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion mit stärkerem Akzent auf den Ausbau der Sozialen Dimension legen. Darüber hinaus soll die Einwanderungspolitik auf fünf Säulen aufgebaut werden: Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, Ausbau des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, Verbesserung der Zusammenarbeit mit Drittländern, Erleichterungen bei der legalen Migration, Sicherung der Außengrenzen.

Die Schwerpunkte finden sich in dem Mitte Dezember von der Kommission veröffentlichten Arbeitsprogramm für 2015 wieder. Eine konkrete, auf die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung ausgerichtete Strategie ist jedoch nicht formuliert. Impulse für Arbeitsplätze und mehr Beschäftigung erhofft man sich durch die Investitionen in die Ziele der „Europa 2020 Strategie“ mit Hilfe der Mittel der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds.

Europapolitische Erwartungen der BAGFW

Im Zusammenhang mit den Wahlen zum EP hat die BAGFW im Mai Erwartungen an das neue Parlament veröffentlicht. Die Erwartungen waren Grundlage für einen Parlamentarischen Abend, der am 19. November im Europäischen Parlament stattfand. Ziel war es, insbesondere mit neu gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments ins Gespräch zu kommen. Nach der Eingangsrede des BAGFW-Präsidenten Wolfgang Stadler äußerten sich die Abgeordneten Peter Simon (S&D), Thomas Mann (EVP) und Gesine Meißner (ALDE).

Europa steht vor großen Herausforderungen. Die Wirtschaftskrise führte in der Europäischen Union zu Verwerfungen, die einen Anstieg an Arbeitslosigkeit und eine Zunahme an Armut und sozialer Ausgrenzung zur Folge hatte. Gleichzeitig machte die Krise Defizite im gemeinschaftlichen Handeln deutlich. Institutionell fand eine Abkehr von der Gemeinschaftsmethode und demokratischen und transparenten Entscheidungsprozessen statt. Daneben stellt der demografische Wandel besondere Anforderungen an die Mitgliedstaaten im Hinblick auf:

  • die Versorgung der Menschen mit Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen,
  • die Handlungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme,
  • die Mobilität von Beschäftigten und
  • die Erbringung sozialer Dienstleistungen.


Vor diesem Hintergrund forderte die BAGFW u. a. eine Stärkung des sozialen Europas durch Beseitigung sozialer Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedstaaten, durch mehr Solidarität mit den von Armut betroffenen Menschen und durch Verwirklichung der sozialen Grundrechte. Hierfür soll Europa eine ausreichende Finanzierung bereitstellen, damit seine Handlungsfähigkeit gesichert werden kann. Die Bürger/innen sollen zudem hochwertige Dienste der Daseinsvorsorge entsprechend ihren Wünschen wahrnehmen können.

Das Büro des Abgeordneten Peter Simon unterstützte die BAGFW bei dem Zugang zu den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments und der Vorbereitung des Parlamentarischen Abends.

EU/US-Handelsabkommen

Für Aufregung sorgten die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA. Die BAGFW hat hierzu einige Kernaussagen entwickelt und sich an der Konsultation zum Investorenschutz beteiligt. Darin wurden u.a. die Erwartungen hervorgehoben, dass
 

  • soziale Dienstleistungen als Dienste im allgemeinen Interesse im Sinne der Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 14 und Protokoll 26) vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgenommen werden,
  • die öffentliche Verantwortung für die Bereitstellung und die Erbringung von sozialen Dienstleistungen nicht durch das Freihandelsabkommen und etwaige regulatorische Maßnahmen unterlaufen wird,
  • die Möglichkeit, gemeinnützige Dienste öffentlich zu finanzieren und gemeinnütziges Handeln durch einen besonderen steuerrechtlichen Status anzuerkennen, auch künftig gesichert ist und nicht im Rahmen von weiteren Regulierungsmaßnahmen als diskriminierend ausgelegt werden kann.
  • etwaige Vereinbarungen zur öffentlichen Auftragsvergabe im Abkommen die Besonderheiten allgemeiner Zulassungsverfahren berücksichtigen, wie sie etwa auch im deutschen Sozialrecht und dem sozialrechtlichen Dreieck zur Geltung kommen,
  • die Beihilferegeln für soziale Dienstleistungserbringung nicht als diskriminierende Hemmnisse ausgelegt und nicht Gegenstand von Streitbeilegungsverfahren werden können,
  • die Festlegung von Standards für die Erbringung sozialer Dienstleistungen in der nationalen Kompetenz verbleibt und nicht Regulierungsgremien übertragen werden.


Zudem lehnte die BAGFW die Einführung einer eigenständigen Schiedsgerichtsbarkeit wegen der entwickelten und funktionierenden Rechtsschutzsysteme der Vertragsparteien ab.

Die öffentliche Debatte wurde intensiv verfolgt und durch Einbeziehung in den von der EU-Kommission eingerichteten Dialog mit der Zivilgesellschaft und die Mitwirkung des BAGFW-Präsidenten im Beirat bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gestützt. Umfassend informierte sich der Europaausschuss über die Verhandlungen in Gesprächen mit Vertretern der Generaldirektion Handel.

Mit dem BMWi wurde - bezogen auf das das Abkommen mit Kanada (CETA) - erörtert, inwieweit die Erbringung sozialer Dienste von dem Abkommen berührt ist. Es wurde deutlich, dass Deutschland über die seit 1995 bestehenden Marktzugangsverpflichtungen im Bereich der Alten-, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen (GATS-Abkommen) keine weiteren Liberalisierungsverpflichtungen übernehmen wird.

Soziales Unternehmertum

Im Januar 2014 veranstaltete die Europäische Kommission eine Konferenz in Straßburg mit über 2.000 Teilnehmern/innen zu dem Thema „Sozialwirtschaft“. Die BAGFW war stark vertreten, da fast der gesamte Europaausschuss anreiste und auch BAGFW-Vertreter/innen auf den Podien saßen zu den Themenblöcken „Vergaberecht“ und „EU-Strukturfonds“. Außerdem wurde ein gemeinsames Thesenpapier mit der Social Platform und weiteren Organisationen erarbeitet und der EU-Kommission übergeben. Die Thesen flossen teilweise in die Abschlusserklärung ein.

In Berlin organisierte die BAGFW EU-Vertretung im Oktober 2014 einen Workshop zu Fragen des sozialen Unternehmertums, des sozialen Investments und der sozialen Wirkungsmessung. Ausgangspunkt ist die Social Business Initiative der Europäischen Kommission und die Überlegung, mehr privates Kapital für soziale Zwecke zu nutzen. Grundlage ist die 2013 veröffentlichte Verordnung über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum. Diskutiert wurden die Möglichkeiten der Nutzung solcher Fonds, der G8-Bericht zur sozialen Wirkungsmessung und der Nutzen und die Risiken privaten Kapitals für Staat, Dienstleistungserbringer und vor allem die Nutzer/innen. Im Rahmen der Konferenz wurde betont, dass aus Sicht der BAGFW private Gelder keine öffentlichen Gelder ersetzen dürften und der Staat im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge seiner Verantwortung gerecht werden müsse.

Das Beratungsgremium der Europäischen Kommission zu Sozialem Unternehmertum, GECES, in dem die BAGFW durch Herrn Christian Dopheide von der Stiftung Hephata vertreten ist, befasste sich mit rechtlichen, finanziellen und politischen Fragen des sozialen Unternehmertums. Unter anderem wurde auch ein Bericht zu sozialer Wirkungsmessung verfasst, der kein einheitliches Messverfahren beinhaltet, wohl aber einen Prozess beschreibt, wie soziale Wirkungen strukturiert beschrieben werden können. Die BAGFW machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass nicht alle Wirkungen im sozialen Bereich gemessen werden können. Außerdem wurde versucht, im Rahmen der GECES das deutsche Sozialsystem mit einer starken freien Wohlfahrtspflege gegenüber Vertretern aus anderen EU-Mitgliedstaaten darzustellen und zu erläutern.

Umsetzung der EU-Förderpolitik

Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)

Die EU-Förderung durch die Strukturfonds bzw. den ESF unterliegt dem europäischen Beihilferecht. Im Rahmen einer Reform der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) sah die Kommission bei den Ausbildungsmaßnahmen u. a. vor, die Berücksichtigung der Personalkosten und der allgemeinen indirekten Kosten als Freistellungskosten abzuschaffen. Für die Träger der Freien Wohlfahrtspflege hätte dies ein Aus für das geplante eigene ESF-Partnerschaftsprogramm bedeutet, da die Gegenfinanzierung des Programms mit Barmitteln nicht möglich gewesen wäre.

Die bereits im Herbst 2013 begonnenen Gespräche mit der Generaldirektion Wettbewerb wurden Anfang des Jahres 2014 fortgesetzt. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem DGB und dem BDA wurde die Kommission noch einmal auf die möglichen Auswirkungen hingewiesen. Die fachlichen Argumente und die vorgelegten Berechnungen konnten die Kommission überzeugen. Im Mai legte die Kommission eine überarbeitete Verordnung vor, die die vollumfängliche Anrechenbarkeit von Freistellungskosten wieder ermöglichte. Im Juni wurde die endgültige Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Partnerschaftsprogramm - Strukturfonds ab 2014

Nach der Annahme und Veröffentlichung der Verordnungstexte zu den EU-Struktur- und Investitionsfonds einschließlich des Europäischen Sozialfonds Ende 2013 ging es 2014 für die Freie Wohlfahrtspflege darum, auch in der neuen Förderperiode ein eigenständiges Partnerschaftsprogramm zu ermöglichen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützte das Anliegen der Freien Wohlfahrtspflege und führte einen konstruktiven Dialog mit den Verbänden über die geplanten Ziele und thematischen Schwerpunkte für das Operationelle Programm (OP) der Bundesregierung und das Partnerschaftsprogramm für die Freie Wohlfahrtspflege. Die Kommission hat das OP im Oktober genehmigt.

Im Januar wurde eine Delegierte Verordnung der Kommission zum Europäischen Verhaltenskodex für Partnerschaften im Rahmen der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds veröffentlicht. Die Zusammenarbeit der Verbände mit dem BMAS erfüllte bereits vorab wichtige Vorgaben und Empfehlungen der Verordnung. Bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments konnte diese Zusammenarbeit im März exemplarisch vorgestellt werden.

Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen

Die Verordnung über den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen trat am 12. März 2014 in Kraft. Neben der Nahrungsmittelhilfe für Bedürftige (Operationelles Programm I) können Maßnahmen der sozialen Eingliederung (Operationelles Programm II) gefördert werden. Nach Abstimmung mit den relevanten Verbänden und Organisationen wurde das Operationelle Programm im September von der Bundesregierung bei der Kommission eingereicht. Es sieht Maßnahmen zur sozialen Eingliederung vor und richtet sich an Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Personen sowie Zugewanderte aus der EU und deren Kinder. Ziel ist es u. a., den Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsleistungen des regulären Hilfesystems, etwa in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheit, Wohnen zu verbessern. Mit der Umsetzung des Programms ist in der ersten Hälfte 2015 zu rechnen.

Öffentliche Auftragsvergabe und Dienstleistungskonzessionen

Nach langen und intensiven Diskussionen traten im Februar die Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe und zu den Dienstleistungskonzessionen in Kraft. Die BAGFW hatte den Beratungsprozess im Europäischen Parlament intensiv mit eigenen Änderungsanträgen, Kontakten und Gesprächen mit Abgeordneten begleitet. Sie hat sich dabei immer wieder für die europarechtliche Anerkennung alternativer Leistungserbringungsmodelle, wie dem in vielen Bereichen des deutschen Sozialrechtes vorherrschenden sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses eingesetzt, soweit diese den primärrechtlichen Grundsätzen von Transparenz, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung entsprechen.

Entsprechende Formulierungen finden sich nunmehr in den Erwägungsgründen. Zudem wurde für soziale und besondere Dienstleistungen ein besonderes Regelungsregime eingeführt, das eine gute Grundlage für mehr Rechtsklarheit bei der nationalen Umsetzung der Richtlinien bietet. So können etwa soziale oder tarifrechtliche Erwägungen bei der Anwendung von Vergabe besser berücksichtigt werden.

Die Richtlinien müssen nun in den nächsten zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Hierzu hat der Fachausschuss „Vergaberecht“ Vorschläge entwickelt.

Sozialpolitische Koordination und Europäisches Semester

Halbzeitbewertung der Europa 2020-Strategie

Mit der auf zehn Jahre angelegte Wachstums- und Beschäftigungsstrategie „Europa 2020“ hat sich die EU Ziele in den Bereichen Beschäftigung, Forschung und Entwicklung, Klima/Energie, Bildung, soziale Eingliederung und Armutsbekämpfung gesetzt. 2014 führte die Kommission eine Konsultation zur Vorbereitung einer Halbzeitbewertung durch, an der sich die BAGFW beteiligte. In einer ersten vorbereitenden Bestandsaufnahme musste die Kommission feststellen, dass das Beschäftigungsziel europaweit nicht erreicht wird. Das Armutsbekämpfungsziel wird sogar verfehlt, da die Anzahl armer Menschen in der EU zugenommen hat.

Die BAGFW hat sich in ihrem Konsultationsbeitrag dafür eingesetzt, das das Armutsbekämpfungsziel und die anderen sozial bedeutsamen Ziele der Strategie Europa 2020 nicht aufgegeben, sondern deutlich gestärkt und im Europäischen Semester gleichrangig mit den wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Zielsetzungen behandelt werden. Auch sprach sich die BAGFW für eine Erweiterung der Indikatoren bei der Armutsbekämpfung aus.

Umsetzung des Europäischen Semesters

Aus Sicht der BAGFW ist es ein wichtiger Fortschritt, dass die sozialen Ziele der Strategie Europa 2020 im Europäischen Semester – wenn auch noch nicht in ausreichender Weise – mit verhandelt werden. Beim Europäischen Semester handelt es sich um einen verbindlichen Fahrplan für die wirtschafts-, finanz- und sozialpolitische Steuerung. Es verknüpft die beschäftigungs- und sozialpolitischen Ziele der Strategie Europa 2020 mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt und das Verfahren zur Überwachung von makroökonomischen Ungleichgewichten.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, anhand von länderspezifischen Empfehlungen Reformprozesse in Gang zu setzen. Die BAGFW hat zu dem NSB und dem NRP Stellung genommen Anregungen zu den Kernzielen Förderung von Beschäftigung, Verbesserung der Bildungschancen und Förderung der sozialen Eingliederung durch eine umfassende Strategie der Armutsbekämpfung formuliert. So sollten die arbeitsmarktpolitischen Instrumente weiterentwickelt und stärker die Langzeitarbeitslosen und arbeitsmarktfernen Personengruppen in den Blick nehmen. Die gezielte Förderung von Kindern und Jugendlichen und ihre individuelle, inklusive und ganzheitliche schulische Begleitung sollte gestärkt werden. Die Armutsbekämpfung benötigt eine neue Ausrichtung und sollte auch die Indikatoren der relative Einkommensarmut und der materiellen Armut berücksichtigen.

Zugang zu einem Basiskonto für alle

Nach der politischen Einigung zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament wurde die Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen im August im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die BAGFW hat in einer Pressemeldung begrüßt, dass die EU-Richtlinie nun auch ver- und überschuldeten Personen, Geringverdienern, Wohnungslosen, Flüchtlingen und Menschen mit aufenthaltsrechtlicher Duldung einen Rechtsanspruch auf ein Basis-Girokonto ermöglicht. Dies ist ein wichtiger Beitrag zu deren wirtschaftlicher und sozialer Teilhabe an der Gesellschaft. Damit erfüllt die Richtlinie die Forderungen, die die BAGFW gemeinsam mit den Verbraucherzentralen und der Arbeitsgemeinschaft „Schuldnerberatung der Verbände“ in die politischen Beratungen eingebracht hat. Deutschland hat nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie umzusetzen.

Europaausschuss
Vorsitzender: Andreas Bartels, Arbeiterwohlfahrt

Der Europa-Ausschuss setzte sich mit aktuellen – oben beschriebenen - europäischen Vorhaben auseinander und stimmte sich im Hinblick auf weitere Strategien und Positionen ab. Der Ausschuss koordinierte die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und europäischen Organisationen und Institutionen und bereitete eine Reihe von Stellungnahmen und Konsultationsbeiträgen vor. In Gesprächen mit Vertretern der Kommission, des Europäischen Parlaments, der Bundesregierung wurden die Anliegen und Vorschläge der Freien Wohlfahrtspflege verdeutlicht. Die Schwerpunkte lagen auf den Themen Freihandelsabkommen, Umsetzung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, Soziales Unternehmertum und soziales Investment.

Koordination und Kooperation

Gespräche mit Vertretern der Kommission:

Herr Lutz Güllner, Generaldirektion Handel, informierte den Ausschuss im März über den Stand der Verhandlungen zum EU/US-Freihandelsabkommen (TTIP) und erläuterte Hintergründe und Zielsetzungen.

Herr Marco Düerkop, Generaldirektion Handel und Verhandlungsführer für Dienstleistungen im TTIP, berichtete im September über den aktuellen Verhandlungsstand. Im Hinblick auf die sozialen Dienstleistungen sei die europäische Position entsprechend dem vom Rat gegebenen Mandat, öffentlich finanzierte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich des Abkommens auszunehmen. Zudem hätten die einzelnen Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorbehalte für die Bereiche definiert, in denen sie keine weiteren Marktöffnungsverpflichtungen eingehen wollen. Für Deutschland betrifft das z. B. die Sozialschutzsysteme.

Mit Herrn Ingmar Beuth, Generaldirektion Steuern, fand ein Austausch zur Mehrwertsteuer-Richtlinie statt. Hintergrund sind Überlegungen, im Rahmen einer Reform des Mehrwertsteuersystem die bestehenden Rechtsvorschriften zu öffentlichen Einrichtungen und Steuerbefreiungen für Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienen, zu überprüfen. Politische Entscheidungen wurden bisher nicht getroffen.

Mit Herrn Alexander Schwan, Generalsekretariat der EU-Kommission, und Herrn Dr. Carsten Glietsch, Generaldirektion Beschäftigung, fand in der EU-Vertretung ein Gespräch zur Umsetzung und Halbzeitbewertung der Europa 2020-Strategie statt.

Strukturfondsfragen erörterte Herr Franz-Peter Veits, Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration, in der EU-Vertretung.

weitere Gespräche:

Einzelne Ausschussmitglieder trafen sich zu europapolitischen Themen mit Vertretern der europäischen Institutionen, der Bundesregierung und des Bundestages.

Das EU/US-Freihandelsabkommen war Gegenstand eines Gesprächs des Ausschussvorsitzenden und der EU-Vertretung mit Frau Kristina Haverkamp, Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland (BMWi).

Europapolitische Gespräche wurden zudem mit Abgeordneten aus dem Bundestagsausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union geführt. Im Mittelpunkt standen Fragen des Freihandelsabkommens, der EU 2020-Strategie und des Nationalen Reformprogramms. Gesprächspartner waren der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Norbert Spinrath, MdB und Kerstin Villalobos, MdB, (koordinierende Fraktionsreferentin für Europapolitik); Wolfgang Strengmann-Kuhn, MdB und Manuel Sarrazin, MdB, beide Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Hardt, MdB, CDU sowie Alexander Ulrich, MdB, Die Linke.

Ein Informationsgespräch im Europäischen Parlament in Brüssel fand mit der Europaabgeordneten Martina Werner, SPD, statt.

Die Zusammenarbeit mit dem BMFSFJ (Herrn Mark Kamperhoff, StäV, und Frau Christiane Walz, BMFSFJ) wird durch die Teilnahme an den Sitzungen des Europaausschusses gewährleitet.

Austausch mit dem Deutschen Verein

Die Kooperation und der Austausch mit dem Deutschen Verein werden durch den Gaststatus im Europaausschuss sichergestellt.

Gespräche mit weiteren Verbandsvertretern

Herr Sören Hoyer, Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa, stellte die neue Arbeits- und Aufgabenstruktur der Beobachtungsstelle vor.

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss

2014 wirkte der Vertreter der BAGFW Herr Prof. Dr. Bernd Schlüter an folgenden Studiengruppen zur Vorbereitung von Stellungnahmen mit:

 

  • Initiativstellungnahme „Erschwingliche Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse: Definition, Erfassung, Bedeutung, europäische Initiativen?“;
  • Europäisches Mindesteinkommen und Armutsindikatoren;
  • Initiativstellungnahme zur Abschätzung der sozialen Folgen (Wirkungsmessung);
  • Investorschutz in EU-Handels- und Investitionsabkommen mit Drittstaaten.


Weiterhin wurden in enger Kooperation mit anderen Mitgliedern und Berichterstattern Anmerkungen zu Stellungnahmen eingebracht. Mitgewirkt wurde an den Beratungen des Lenkungsausschusses zur Umsetzung der Strategie 2020 in den vrschiedenen Mitgliedstaaten und der Permanenten Studiengruppe zu den Dienstleistungen von Allgemeinem Interesse.


Herr Prof. Dr. Schlüter nahm an folgenden Konferenzen teil:
 

  • „Sozialunternehmer/-innen: Ihre Meinung zählt!“; eine interaktive Großveranstaltung, die die Kommission am 16. und 17. Januar 2014 in Straßburg durchführte.
  • Konferenz des Familiennetzwerkes COFACE und der italienischen Ratspräsidentschaft „A sustainable care system for Europe“ am 4. November in Rom; Vortrag zur Rolle der Mitarbeiter in der Pflege.
  • Konferenz der Gruppe III zur Förderung von Innovationen zur Erreichung besserer sozialer Ergebnisse am 23. Oktober in Mailand. Hierzu konnte als Experte auch Herr Prof. Johannes Eurich, Universität Heidelberg, vorgeschlagen werden. Die Konferenz verdeutlichte aus Sicht der deutschen Teilnehmer, dass es notwendig ist, das Thema der öffentlichen und solidarischen Verantwortung für moderne und innovative Sozialdienstleistungen stärker in die europäische Diskussion einzubringen. Ein entsprechender Antrag für eine Initiativstellungnahme wurde erfolgreich eingebracht.


Netzwerkarbeit

Netzwerk Gemeinwohl

Am 22. Januar konnte das Netzwerk gemeinsam mit französischen Stiftungen in der französischen Nationalversammlung eine hochrangige Konferenz zum Thema „Daseinsvorsorge und EU-Binnenmarkt - Eine deutsch-französische Perspektive“ durchführen. Erörtert wurden in zwei Plenarsitzungen einmal Fragen des Transatlantischen Handelsabkommens und der kulturellen Vielfalt in Europa und zum anderen Fragen des Wettbewerbs, des europäischer Binnenmarkt und der Daseinsvorsorge.

In einem Treffen der Geschäftsführer, Anfang Juli, wurde eine Standortbestimmung unternommen und Fragen der inhaltlichen und strukturellen Weiterentwicklung erörtert. Schwerpunkt soll es zunächst sein, die Kooperation zu verfestigen.

Intergroups des Europäischen Parlaments

Vor dem Hintergrund der im Mai erfolgten Wahlen zum Europäischen Parlament ging es vor allem darum, auch im neuen Parlament eine Intergroup zu etablieren, die sich mit Fragen der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse befassen wird. Im Dezember haben sich die Gruppenvorsitzenden auf die Einrichtung von Intergroups verständigt. Eine Intergroup wird sich mit dem Thema „Gemeinwohl und öffentliche Dienste“ befassen. Weitere Intergroups befassen sich mit folgenden, für die Verbände relevanten Themen: „Sozialwirtschaft“, „Aktives Alter, generationenübergreifende Solidarität und Familienpolitik“, „Kinderrechte“, „Behinderungen“, „Extreme Armut und Menschenrechte“, „Jugend“.