Hiermit möchten wir Sie über den bevorstehenden Start der Vergabestatistik informieren.
Ziel dieser Statistik ist es, gesicherte Erkenntnisse über die von öffentlichen Auftraggebern in Deutschland erteilten Aufträge zu gewinnen. Erkenntnisse aus dieser Statistik werden dann auch in EU-weite Erhebungen einfließen. Diese Statistik bringt auch für Verbände und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege Verpflichtungen mit sich, auf die wir Sie hiermit aufmerksam machen:
Die Vergabestatistikverordnung verpflichtet öffentliche Auftraggeber im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Dazu können gem. § 99 Nr. 2a und Nr. 4 GWB auch Verbände und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege gehören. Denn nach dieser Regelung sind juristische Personen des privaten Rechts öffentliche Auftraggeber, wenn sie
- zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen und überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden (Nr. 2a).
Eine solch überwiegende Finanzierung ist gegeben, wenn der Verband oder die Einrichtung mehr als 50 % der Einkünfte von Körperschaften des öffentlichen Rechts oder deren Zusammenschlüssen erhält. Hierzu gehören nach der Rechtsprechung des EuGH nicht Vergütungen aus öffentlichen Aufträgen oder den im Rahmen des Dreiecksverhältnisses erbrachte Dienstleistungen, sondern Mittel aus öffentlicher Förderung. Ob diese Grenze überschritten ist, muss jeder Verband bzw. jede Einrichtung für sich feststellen. Da die Finanzierung auch schwanken kann, sollte die Feststellung jedenfalls ein Mal im Kalenderjahr angestellt werden.
- für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden (Nr. 4).
Auch wenn deshalb die öffentliche Förderung eines Verbands oder einer Einrichtung die 50%-Grenze aus § 99 Nr. 2a GWB nicht überschreitet, kann sich im Zusammenhang mit einem überwiegend öffentlich finanzierten Bauvorhaben somit eine öffentliche Auftraggebereigenschaft ergeben, die dann zur Anwendung des Vergaberechts und der Meldepflicht nach der Vergabestatistikverordnung führt.
Soweit ein Verband oder eine Einrichtung demnach öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts, tritt ab dem 1. Oktober 2020 zu der Verpflichtung zur Ausschreibung von Aufträgen nach Maßgabe des Vergaberechts auch die Verpflichtung hinzu, binnen 6 Monate nach einer Zuschlagserteilung die jeweilige Auftragsvergabe beim Statistischen Bundesamt zu melden, das die Vergabestatistik führt. Das Meldeverfahren wird online erfolgen. Dabei ist davon auszugehen, dass sich diese Meldung auf der Grundlage einer ordnungsgemäß geführten Vergabestatistik ohne wesentlichen neuen Aufwand erstellen lässt.
Im Einzelnen empfehlen wir öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 99 Nr. 2a GWB folgende Schritte:
- Bestimmung einer sog. Berichtsstelle i.S.v. § 1 VergStatVO: dabei geht es darum festzulegen, wer Zugang zu der Online-Meldeformular bekommen soll, mit dem der Auftraggeber über die einzelnen erteilten Aufträge berichtet (s unter 2.). Diese Person kann Mitarbeiter*in des Auftraggebers oder extern damit betraut sein; möglich ist es auch, mehr als eine Person mit dieser Aufgabe zu betrauen. Allerdings macht dies wohl nur bei sehr großen Auftraggebern Sinn.
- Für die als Berichtstelle benannte Person sind sodann folgende Daten relevant:
-
ab Juli 2020: Möglichkeit zur Registrierung bei dem Portal, das die Vergabestatistik führt (Destatis). (https://erhebungsportal.estatistik.de/Erhebungsportal/)
Weitere Informationen zur Anmeldung und zum Zugang zu der Statistik finden Sie auf diesen Seiten: https://www.destatis.de/DE/Service/Online-Melden/_inhalt.html
- ab Oktober 2020: Meldung von abgeschlossenen Auftragsvergaben bei Destatis (innerhalb von 60 Tagen nach Zuschlagserteilung). Die Meldung erfolgt über ein Online-Verfahren; soweit erkennbar bedarf es dafür keiner weiteren besonderen Software.
-
Verbände und Einrichtungen, die nicht überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert sind, aber aufgrund der ANBest P oder I beim Einsatz der Fördermittel Aufträge nach Maßgabe der UVgO oder anderer Regelungen des Unterschwellenvergaberechts deutschlandweit ausschreiben müssen, sind keine öffentlichen Auftraggeber. Für sie kommen die Pflichten der Vergabestatistikverordnung nicht zum Tragen.
Detaillierte Informationen zur Vergabestatistik finden Sie in den FAQs zur Vergabestatistik auf den Seiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.