Berlin, 23. November 2017. Auch wenn die Rolle und Bedeutung der Medien beim Thema Gesellschaftlicher Zusammenhalt von den Gewinnerinnen und Gewinnern des Deutschen Sozialpreises unterschiedlich eingeschätzt wurde, war eines allen wichtig: noch genauer hinzuschauen bei Berichten über Menschen, die sich nicht als Teil der Gesellschaft fühlen, noch genauer zuzuhören und diese Geschichten vorurteilsfrei zu erzählen. Geehrt wurden sie am gestrigen Abend in der Berliner Akademie der Künste im Rahmen des Politikforums der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) für ihre herausragenden Arbeiten in den Sparten Print, Hörfunk, Fernsehen und Online. Die ausgezeichneten Arbeiten wurden 2016 erstmalig veröffentlicht.
Sparte Print: Isabell Hülsen, Kristina Gnirke, Martin U. Müller
„Ein krankes Haus“, SPIEGEL
Innenansichten eines Klinikkonzerns
Aus der Begründung der Jury: Durch die Vielfalt der Perspektiven gelingt es den Autoren, das Thema außerordentlich spannend und detailliert aufzuarbeiten. Ohne alle Fragen beantworten zu können, zeigt der Beitrag, dass es zwingend notwendig und dringend erforderlich ist, sich mit der Kommerzialisierung im Gesundheitswesen öffentlich auseinander zu setzen.
Sparte Online: Jürgen Brügger, Jörg Haaßengier
„Die Nordstadtkinder“, wdr.de
Eine Webdokumentation über Kinder aus dem sozialen Brennpunkt der Dortmunder Nordstadt.
Aus der Begründung der Jury: Die Idee, das Leben der Kinder nicht nur beobachtend aufzuzeichnen, sondern sie selbst zu Wort und Bild kommen zu lassen, zeigt Armut aus ganz anderen Perspektiven. Wer sich auf die Kinder und ihr Leben einlässt, fühlt und sieht ganz andere Dimensionen von Armut, jenseits des Mangels von Geld. Der kindliche Blick zeigt nicht nur eine Welt des Mangels sondern auch die Fantasie, die Zuversicht und die Freude, die in diesen Kindern lebt.
Sparte Hörfunk: Stephan Beuting, Sven Preger
Serie: „Der Anhalter“, WDR 5
Die Serie zeigt exemplarisch den Lebensweg eines Mannes, der nach seiner Kindheit in der Jugendpsychatrie nicht mehr ins Leben zurück findet.
Aus der Begründung der Jury: Stephan Beuting und Sven Preger haben das normale Maß von Berichterstattung mit ihrer Arbeit weit überschritten. Neben der Brisanz, die das Thema ohnehin hat, erleben die Hörer, wie man sich tiefgründig und sanft, spannend und auch witzig, der Biographie eines Menschen am Rande unserer Gesellschaft nähern kann.
Sparte Fernsehen: Der Preis wird nach der Entscheidung der Jury geteilt.
Simone Grabs
37° „Wirklich beste Freunde – eine Clique fürs Leben“, ZDF
Der Beitrag erzählt die Geschichte eines schwerstbehinderten jungen Mannes, der von seinen Freunden betreut wird.
Aus der Begründung der Jury: Es gelingt der Autorin, ganz unterschiedliche Aspekte des Lebens der Freunde zu zeigen, ohne Kritisches auszublenden. Diese Geschichte ist ein unaufgeregter, sehr besonderer Beitrag in der aktuellen Diskussion um Inklusion. Ihre Strahlkraft bezieht sie aus der Erkenntnis, dass Inklusion selbstverständlich sein kann, wenn sie von Anfang an gelebt wird.
Elke Sasse
„#MyEscape“, Deutsche Welle/WDR
Der Dokumentarfilm ist eine Montage aus (Handy-)Videos von Flüchtlingen, die ihre lebensgefährliche Flucht nach Deutschland selbst dokumentieren.
Aus der Begründung der Jury: An Authentizität ist der Film nicht zu überbieten. Das alles ist außergewöhnlich. In einer Zeit aufgeheizter Debatten um Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt zeigt der Film Menschen und ihre Freude, die Flucht überstanden zu haben. Ein wichtiger Beitrag, nicht nur für Menschen, die sich beruflich und ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren.
Prominenter Gastredner des Abends war ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey. Bei der Frage des Gesellschaftlichen Zusammenhalts sieht er Journalisten in der Pflicht, Konflikte aufzuzeigen, denn gelöst werden könnten sie nur, wenn sie aufgedeckt sind.
Prälat Dr. Peter Neher, Präsident der BAGFW, verwies in seiner Eröffnungsrede darauf, dass ein hohes Protestpotential bei Wählerinnen und Wählern als Indiz für gesellschaftliche Spaltung gesehen werden kann und vielfältige Ängste bei der Wahrnehmung der Wirklichkeit eine wichtige Rolle spielen.
Den rund 200 geladenen Gästen der Veranstaltung wurden die ausgezeichneten Beiträge vorgestellt. Parallel sind die vollständigen Arbeiten auf der BAGFW-Webseite zum Lesen, Hören und Sehen verlinkt.
Seit 1971 verleihen die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege den Deutschen Sozialpreis. Der Medienpreis zur sozialen Lebenswirklichkeit in Deutschland ist mit insgesamt 20.000 € dotiert und wird in vier Sparten vergeben. Für den Deutschen Sozialpreis 2017 wurden 298 Beiträge eingereicht.