Deutscher Sozialpreis 2020 verliehen

Der Medienpreis der Freien Wohlfahrtspflege für herausragende journalistische Arbeiten zu sozialen Themen

Deutscher Sozialpreis 2020 für herausragende journalistische Arbeiten zu sozialen Themen verliehen

Sieben Journalistinnen und Journalisten wurden heute für ihre herausragenden Arbeiten zu sozialen Themen mit dem Deutschen Sozialpreis 2020 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand im Rahmen des BAGFW-Politikforums in Berlin statt – coronabedingt ohne Publikum. Der Preis wurde in den Sparten Print, Hörfunk, Fernsehen, Online und als Sonderpreis „30 Jahre Deutsche Einheit“ vergeben. Eingebettet war die Verleihung der Preise in das BAGFW-Politikforum, in dem auch das politische Thema „Deutschland in Europa – gesellschaftlicher Zusammenhalt vor europäischer Kulisse“ angesprochen und diskutiert wurde. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hielt die Gastrede.

BAGFW-Vizepräsident Ulrich Lilie betonte: „Corona ist ein Stresstest für alle in Deutschland, in Europa und weltweit. Ein Virus macht uns allen deutlich, wie wichtig zukunftsfeste Sozialstaaten sind, die Zugehörigkeit und Teilhabe für alle Menschen ermöglichen, gesellschaftlich benachteiligte Menschen unterstützen und auf Integration und Vielfalt setzen. Auch und gerade in dieser Zeit, in der unser Leben so wesentlich von der Pandemie beeinflusst wird, ist die vorbehaltlose journalistisch hochwertige Darstellung sozialer Themen unverzichtbar. Deshalb freuen wir uns, dass auch nach fast 50 Jahren, in denen der Preis verliehen wird, viele wertvolle Beiträge eingereicht werden und wir die herausragenden unter ihnen heute auszeichnen können. Meinen herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Sozialpreis 2020! Und danke für Ihr Engagement und Ihre Arbeiten!“

Die Preisträgerinnen und Preisträger sind:

Sparte Print:

Mareike Nieberding
„Was Frauen krank macht“, SZ-Magazin

Aus der Begründung der Jury:

Mareike Nieberding führt uns in ein fast unbekanntes Thema ein. Hier wird ein Beitrag zum Thema Geschlechtergerechtigkeit geleistet, der bisher definitiv fehlte. Zu erfahren wie wenig relevant das Geschlecht bisher für medizinische Forschung und Behandlung ist, ist geradezu erschreckend für Mann und Frau. Ein wichtiges Thema, das hervorragend erzählt wird. In seiner Sachlichkeit verzichtet der Text darauf, Ressentiments zu produzieren, zeigt die gesellschaftliche Relevanz aber sehr klar und stellt folgerichtige Fragen, die sich aus dem Dargestellten klar ergeben. Auch der historische Exkurs weist auf das viel zu lange missachtete Thema. Ein Beitrag, den Frauen wie Männer kennen sollten und der hoffentlich weiter bewegt.

Sparte Hörfunk:

Joachim Palutzki
„Die Pop-Inklusion“, Deutschlandfunk

Aus der Begründung der Jury:

Der Beitrag zum 30-jährigen Jubiläum der Band „Station 17“ ist so besonders, wie die Band selbst. Es ist ein positiver Beitrag, der dennoch sozialkritisch ist und zeigt, was Inklusion schon immer bewegen konnte. Joachim Palutzki holt seine Hörerinnen und Hörer ab: diejenigen, die mit den Väter und Müttern von „Station 17“ aufgewachsen sind, diejenigen, die sie kennen, seit Inklusion ein öffentliches Thema ist oder auch diejenigen, die die Band noch nicht kannten. Palutzki macht Hörfunk, wie er sein soll, handwerklich gut, alle Möglichkeiten des Mediums nutzend, muss man den Beitrag unbedingt bis zum Ende hören. Spannend auch die historischen Ausflüge zum Umgang mit Menschen mit Behinderungen in früheren Zeiten und natürlich wunderbar die Musik aus allen Zeiten der Band.

Sparte Fernsehen:

Marie Löwenstein und Julian Amershi
„Urlaub von der Straße – Die Obdachlosenreise“, NDR

Aus der Begründung der Jury:

Wichtiges Kriterium für die Vergabe des Deutschen Sozialpreises ist die Relevanz des Themas. Das Thema Wohnen ist seit langem in das öffentliche gesellschaftspolitische Interesse gerückt und wird hier unter dem Blickwinkel der Obdachlosigkeit, d.h. des Fehlens von Wohnraum, sehr eindringlich gezeigt. Die Nähe, die die Autoren zu einzelnen Protagonisten schaffen, macht bedrückend deutlich, wie wichtig dieses Grundbedürfnis des Menschen ist und dass das Fehlen weit mehr als ein persönliches Problem ist. Und dennoch kann auch dieser kurzfristige Ausstieg viel bewirken. Für die Menschen, die hier einfach und vorurteilsfrei helfen, wird viel Wertschätzung spürbar. Die Vorstellung, wie es für die Obdachlosen sein muss, nach dem Urlaub von der Straße wieder dorthin zurückzukehren, lässt den Zuschauer betroffen zurück. Danke für diesen Film!

Sparte Online:

Pia Rauschenberger
„Therapieland“, Podcast-Serie, Deutschlandfunk Kultur Online

Wer kennt nicht einen Menschen in seiner Umgebung, der sich nicht schon mal in Psychotherapie gegeben hätte oder dies versucht. Aus diesem Phänomen eine Podcastreihe zu machen, kann nur als beste Idee bezeichnet werden. Denn nur so können wir heute die Autorin und Initiatorin Pia Rauschenberger auszeichnen. Die sechsteilige Serie, die wunderbar ergänzt wird durch eine hervorragende Webpräsenz mit weiteren Texten und wunderbaren Grafiken. Die Podcasts sind so vielschichtig, beleuchten so verschiedene Aspekte des Themas. Es wird viel erklärt. Alles ist subjektiv und nahbar, eingehend und spannend durch die verschiedenen Protagonisten. Objektiviert durch die Einschätzungen des Therapeuten. Trotz der Brisanz lernt man viel und auf angenehme Weise.

Sonderpreis „30 Jahre Deutsche Einheit“

Jan Niklas Lorenzen und Markus Stein
„Wer beherrscht Deutschland? – Was den Osten anders macht“, MDR-Fernsehen

Aus der Begründung der Jury:

Die Machtfrage zu stellen im Jahr zwischen dem 30. Jubiläum des Mauerfalls und dem der Deutschen Einheit ist ein sehr ungewöhnliches Herangehen. Es ist kein Beitrag zum Feiern. Und er ist an Relevanz in der Thematik nicht zu überbieten. Die Arbeit ist umfassend recherchiert und nutzt alle Möglichkeiten, die das Medium Fernsehen bietet, die Aufmerksamkeit der Zuschauer immer wieder zu erhalten. Er zeigt vorbehaltlos die verschiedensten Perspektiven von Menschen und Branchen und auch, was Perspektivlosigkeit mit Menschen macht. Es sind beeindruckende Bilder, die auch die Dramatik zeigen und einen nicht gleich loslassen. Wollten wir, dass sich alles so entwickelt? Die Gesellschaft verändert sich – in Ost und West. Das haben sie dann doch gemeinsam.


Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege loben den Preis jährlich seit 1971 aus um herausragende Beiträge der Sozialberichterstattung zu ehren. Der Preis ist mit 5.000 Euro pro Sparte dotiert. Eine unabhängige Fachjury ermittelte die Preisträger/innen aus insgesamt 230 eingereichten Arbeiten.

Mehr zu den Preisträger/innen und den ausgezeichneten Arbeiten: https://www.bagfw.de/ueber-uns/deutscher-sozialpreis/preistraeger-2020

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