Am 16.4. fand im Europäischen Parlament ein Seminar zum Europäischen Jahr zum
Freiwilligen Engagement (siehe Email vom 2.4.2009) statt.
Marian Harkin; MEP; stellte einleitend die Aktivitäten des EP zur Unterstützung des EYV 2011 vor und erinnerte an die Gründung der Interessengruppe des EP vor zwei Jahren und die schriftliche Erklärung des EP zur Einführung des Europäischen Jahres (siehe Anhang).
Bernd Biervert, Kabinett von Kommissar Figel, ging in Vertretung des Kommissars auf die Bedeutung der freiwilligen Arbeit ein. Die Kommission sehe im freiwilligen Engagement einen wesentlichen Ausdruck der Beteiligung der Bürger und eine Grundlage der europäischen Werte. Die Kommission habe nach anfänglicher Skepsis die Idee des Jahres aufgegriffen. Kritische Stimmen befürchteten, dass die
Erwartungen nicht erfüllt werden könnten. Angesichts der großen Unterstützung gehe man aber davon aus, dass das Jahr erfolgreich umgesetzt wird.
Erwartungen und Hoffnungen der Kommission an das Jahr:
- Bewusstseinsbildung zugunsten der Freiwilligenarbeit
- Förderung der Beschäftigungsfähigkeit
- Förderung der politischen Diskussion
- Austausch guter Praktiken
- Zusätzlicher Nutzen für die bestehenden Programme
Ziele des Jahres:
- Schaffung eines besseren Umfeldes für Freiwilligenarbeit
- Stärkung der Freiwilligenorganisationen
- Verbesserung der Qualität und bessere Anerkennung
- Einbeziehung weiterer Bevölkerungsschichten
Im ersten Sitzungsteil wurde dann über den aktuellen Sachstand informiert:
Risto Ravio, Head of Unit Citizenship Policy bei der Kommission gab einen Überblick über den Stand der Planungen bei der Kommission. Der Kommissionsvorschlag soll Ende Mai vorgelegt werden.
Die Kommission geht in dem Vorschlag von den Überlegungen aus, dass Motivation und Ziel bürgerschaftlicher Beteiligung als Grundelement von freiwilliger Tätigkeit Solidarität und Wissenserwerb sind. Freiwilligenarbeit hat dabei übergreifenden Charakter und ist unterschiedlich organisiert: verschiedene Generaldirektionen sind betroffen; differenzierte Formen, Zielgruppen und Traditionen (Ost - West, Nord - Süd, Jung - Alt, öffentliches Handeln - freiwilliges Handeln).
Kontext des EU-Jahres: Wirtschaftskrise – Lissabonvertrag – Jahre der Armutsbekämpfung 2010 – Jahr des aktiven Alterns 2012 – 10. Jahrestag des Internationalen Jahres
Hindernisse und Chancen: Mangel an Bewusstsein und Erfahrung, Mangel an Unterstützungssystemen, rechtliche Rahmenbedingungen, begrenzte internationale Austauschsysteme, Qualität und Image
Erwarteter europäischer Mehrwert: Austausch guter Praktiken, größerer Bewusstseinsbildung, Eu Kontext für lokale Aktionen (breit angelegte Kampagnen ermöglichen
Erwartete Ziele: Schaffung eines entsprechenden Umfeldes, Empowerment und
Qualität, Anerkennung, Sensibilisierung des Bewusstseins,
Umsetzungsprinzipien: Informations- und Kommunikationskampagnen, Mobilisierung entsprechender EU-Programme, Mobilisierung der Zivilgesellschaft und anderer Stakeholder, Mobilisierung der Mitgliedstaaten (Schaffung von Koordinationsstrukturen), Institutionelle Zusammenarbeit
Haushalt: Es stehen derzeit 8 Mio. € zur Verfügung, wobei Mittel für vorbereitende Maßnahmen in 2010 und für gesetzgeberische Maßnahmen in 2012 gebunden sind. Weitere Vorbereitungen: Ende des Jahres soll eine Konferenz mit allen Stakeholdern durchgeführt werden. Ebenfalls am Ende des Jahres wird eine vergleichende Studie über die Situation der freiwilligen Arbeit in den MS vorliegen, die die Kommission in Auftrag gegeben hat.
Rechtsgrundlage wird Art 308 EGV sein, der Einstimmigkeit im Rat und Konsultation des EP vorsieht, lediglich der Haushalt unterliegt dem Mitentscheidungsverfahren.
Anmerkung: Die Rechtsgrundlage wird am Rande der Veranstaltung von manchen kritisch gesehen. Es wird befürchtet, dass das EP kein Interesse gegenüber einer Forderung nach Mittelaufstockung entgegenbringen könnte, wenn es nicht auch inhaltlich-konzeptionell Einfluss nehmen kann.
In den weiteren Beiträgen zu diesem Sitzungsteil wiesen die MEPs Hasse-Ferreira und Janowski (Mitinitiatoren der schriftlichen Erklärung) darauf hin, dass es mit dem Europäischen Jahr darauf ankomme, die Verbindung zwischen Bürgern, EU und NRO zu verbessern, die sozialen Werte zu stärken, ggf. ein Forum zum Austausch zu bilden, angemessene Rechtsvorschriften zu diskutieren, Anreize zur Mobilität zu schaffen, Beschäftigungsfähigkeiten zu testen und den wirtschaftlichen Wert nutzen.
Es müsse ein Jahr des Lernens sein. Die Gesellschaft solle weiter entwickelt werden.
Im zweiten Sitzungsteil wurden Praxisbeispiele aus verschiedenen Mitgliedstaaten und unterschiedlichen Sektoren vorgestellt: Unterstützung ethnischer Gruppen, Schottland; Senior Expert Service, Deutschland; Freiwilligenzentren, Italien; St Vincent de Paul, Irland; Volkswagen, Deutschland.
Der dritte Sitzungsteil befasste sich mit Empfehlungen verschiedener europäischer
Netzwerke.
Markus Held, CEV, forderte dazu auf, sich auf nationaler und europäischer Ebene zusammenzuschließen, realistisch zu sein (Europa könne nur den Rahmen schaffen, die Umsetzung muss auf den jeweiligen Ebenen selbst geklärt werden), nationale politische Agendas auszuarbeiten und auch auf nationaler Ebene für ausreichende Mittelbereitstellung zu sorgen.
Jan Roeben, Europäischer Verband der Senioren Expert Services, betonte die notwendige Berücksichtigung und Einbeziehung von KMUs.
Der Vertreter der Pfadfinder forderte die Beteiligung aller Organisationen bei der Umsetzung ein. Ein Lenkungsausschuss sollte eingerichtet werden, der die verschiedenen Interessenslagen in den MS in Blick nehmen könnte.
F. de Graaf vom Rot-Kreuz Büro stellte die Notwendigkeit heraus, dass
Freiwilligenarbeit offen für alle sein muss.
Agnes Uhereczky, Association of Voluntary Service Organisations (AVSO), wies auf die erforderliche Verbesserung der Forschung und der Datenbasis hin. Wichtig sei es, Mobilitätshindernisse für Freiwillige (etwa in Rechtsvorschriften) abzubauen und Zusammenarbeit sowie interkulturelle Kompetenz zu stärken. Freiwillige dürften keine Benachteiligungen erfahren.
In der Abschlussdiskussion wurden folgende Aspekte angesprochen:
- Nach den Erfahrungen mit dem Internationalen Jahr 1991 sollte man sich nicht auf das konzentrieren, was ist, sondern auf das, was geändert werden muss.
- Eine Diskussion über gesetzgeberische Maßnahmen sollte sich nicht auf ein Ja oder Nein von Gesetzgebung beziehen, sondern auf die Maßnahmen, die freiwilliges Engagement fördern oder behindern.
- Die Erfassung von Daten und Zeiten freiwilligen Engagements sollte darauf achten, dass keine Bewertung von freiwilligem Engagement erfolgt, jedes Engagement sollte unabhängig vom Aufwand anerkannt werden.
- Eine EU-Charta zum freiwilligen Engagement könnte das Ergebnis des
Diskussionsprozesses im Europäischen Jahr sein.